Münsing/München:Freispruch nach Kahlschlag

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Landgericht revidiert Urteil gegen Münchner wegen Abholzaktion in Münsing.

Von Barbara Briessmann, Münsing/München

Im Wolfratshauser Amtsgericht war der Angeklagte vor knapp zwei Jahren verurteilt worden - wegen Sachbeschädigung. Er soll schuld sein, dass der Wald auf zwei Nachbargrundstücken zu seinem Anwesen in Münsing abgeholzt wude. Noch am Tag des Urteils legte der Bauunternehmer Berufung ein. Am Donnerstag wurde der Fall in zweiter Instanz vor dem Landgericht München II neu aufgerollt. Nach mehr als vier Stunden Verhandlung sprach Richterin Sabine Klemt den 63-Jährigen frei.

Im November 2011 hatte sich der Münchner ein Anwesen in Münsing gekauft. Was ihn störte: Der Wald an der Grundstücksgrenze nahm dem Haus die Sonne. "Ich wollte das so weit wie möglich beseitigen", betonte er vor Gericht. "Aber ich möchte Frieden haben und keinen Ärger mit Nachbarn, der Gemeinde oder dem Ostuferschutzverband."

Mit den Eigentümern der Nachbargrundstücke nahm er Anfang 2012 Kontakt auf und bat um die Genehmigung, "den Baumbestand entsprechend den gesetzlichen Vorgaben auszulichten". Eine Eigentümerin stimmte vorerst mündlich zu, ihr Vetter, dem das zweite Stück Land gehörte, lehnte kategorisch ab. Am 10. Februar unternahm der Angeklagte eine Ortsbegehung mit dem zuständigen Förster auf dem Grundstück der Frau, welche Bäume entfernt werden könnten. Eigentlich habe ihm der Forstbeamte gesagt, dass der komplette Wald "erntereif" sei. Der Fachmann widersprach dem in seiner Zeugenaussage. Er habe nie gesagt: "Hauen Sie alles weg." Wenigstens der Sturmschutzwald hätte bleiben müssen.

Das größte Problem für den Angeklagten war, dass ihm die Einwilligung zum Auslichten vom zweiten Grundstückseigentümer fehlte. Zwei Mal suchte er den alten Mann, der inzwischen verstorben ist, auf. Am 23. Februar 2012 unternahm der Bauunternehmer einen letzten Versuch, zusammen mit seiner Ehefrau.

Die 48-Jährige erinnerte sich im Zeugenstand noch gut an den "verwahrlosten, älteren Herrn". Er sei ihr "nicht so ganz klar und fahrig" vorgekommen. Maximal eine Stunde sei sie mit ihrem Mann dort zu Besuch gewesen, der eine schriftliche Vereinbarung dabei hatte. Der Grundstückseigentümer habe gewollt, dass darauf vermerkt werde, dass er den Erlös aus dem Holzverkauf bekomme und der Angeklagte unterschreibe. Der alte Mann zeichnete allerdings nicht gegen. Warum die Ehefrau überhaupt mitgegangen sei, wollte Richterin Klemt wissen. "Wir dachten, zu zweit können wir ihn besser überzeugen. Es gab keinen Plan." Die Richterin meint dazu: "Mir kommt es so vor, als hätte er mal kurz Ja gesagt - und dann sind Sie abgezischt."

Der Angeklagte ging zwei Tage später auf einen Segeltörn von Kapstadt nach Brasilien, ein Mitarbeiter seiner Baufirma sollte in dieser Zeit das "Auslichten" in Gang bringen. Dazu markierte der Forstbeamte für die Holzfäller alle Bäume, die entfernt werden können. Am Ende der Arbeiten stand allerdings kein einziger Baum mehr auf den beiden Grundstücken. Wegen des Kahlschlags hatten sich einige Münsinger beschwert. Deswegen schaltete das Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen die Staatsanwaltschaft ein. Von den Geschädigten stellte keiner Strafanzeige. Dem Angeklagten sei keine Sachbeschädigung nachzuweisen, urteilte die Richterin.

© SZ vom 14.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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