Münsing: Energiewende:Piloten ohne Steuerinstrumente

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Münsing ist eine Vorzeigekommune der Energiewende. Doch auf umweltgerechtes privates Bauen können die Verantwortlichen wenig Einfluss nehmen.

Benjamin Engel

Die "Pilotgemeinde" der Bürgerstiftung Energiewende Oberland (EWO) hat bisher offenbar wenig direkten Einfluss auf Bauherren ausgeübt, damit diese umweltgerecht planen. Mehr als beraten könne die Kommune Bauherren und Architekten nicht, sagt Münsings Bürgermeister Michael Grasl (Freie Wähler). Das bestätigt Constanze Hagen, Baujuristin im Tölzer Landratsamt. Es gebe in der Praxis kaum Einwirkungsmöglichkeiten.

Und nur wenn der Bauherr das wünsche, könnten die Mitarbeiter am Landratsamt auch beratend tätig werden, sagt Hagen. Antworten, mit denen sich der Münsinger Theo Peter nicht zufriedengeben will. Mit seinem Bauzeit-Netzwerk entwickelt er innovative Wohnformen und gründet Baugemeinschaften. Er fordert von der Politik mehr Engagement für umweltgerechtes Bauen.

Wenn wir die Energiewende bestehen wollen, müssen wir erst einmal Energie einsparen", sagt Peter. Ihm sei vollkommen klar, dass die Kommunen privaten Bauherren keine Vorschriften machen könnten. Das Beispiel Vorarlberg zeige, dass die Politik im Landkreis allerdings wesentlich mehr tun könne als bisher. In dem österreichischen Bundesland gebe es ein eigenes Kompetenzzentrum für umweltbewusstes Bauen, an dem sich auch die Kommunen und das Land beteiligten. Jeder Bauherr müsse sich dort zu allen damit verbundenen Aspekten beraten lassen. "So entstehen Pilotprojekte", davon ist Peter überzeugt und verweist auf viele gelungene Bauprojekte in Vorarlberg.

Es ist schwierig, von Seiten des Landratsamtes darauf Einfluss zu nehmen", sagt hingegen Baujuristin Hagen. Es werde aber erwogen, sich von Bauherren künftig einen Nachweis zur Energieeinsparverordnung (EnEV) vorlegen zu lassen. Diese regelt unter anderem die bautechnischen Anforderungen an ein Wohn- oder Bürogebäude hinsichtlich der nötigen Dämmung oder Heizung. Bisher prüfe das Landratsamt die Vorgaben nur anlassbezogen nach konkreten Hinweisen auf Auffälligkeiten, sagt die Baujuristin.

Als Pilotgemeinde der Energiewende Oberland hat Münsing eine Vorreiterrolle im Landkreis übernommen. Die Kommune soll zeigen, wie sie sich bis zum Jahr 2035 ausschließlich mit regenerativen Energiequellen versorgen kann. Schon jetzt gewinnt Münsing ein Drittel der benötigten Energie über erneuerbare Energieträger. Doch bei Bauanträgen habe die Gemeinde nur begrenzte Einflussmöglichkeiten, sagt Bürgermeister Grasl. "Wir können nur beraten, wenn die andere Seite überhaupt beratungswillig ist."

Meistens wollten jedoch Bauherr und Architekt dies gar nicht. In der Regel gäben die Bauherren ihren Antrag im Rathaus ab, erkundigten sich nach der nächsten Gemeinderatssitzung und dem Termin für eine Baugenehmigung durch das Landratsamt. Darüber hinaus gebe es im Münsinger Rathaus zwar einen Energieberater. Doch nicht bei jedem Bauantrag könne so beraten werden, wie die Gemeinde das gerne hätte, sagt Grasl.

Die Kommunen hätten sehr wohl die Möglichkeit, qualifizierte Beratungsstrukturen anzubieten, glaubt dagegen Theo Peter. So könnten sie sich am Vorarlberger Beispiel orientieren und Netzwerke knüpfen. Die Energiewende Oberland plane, ein "Kompetenzzentrum Energie" in Penzberg zu gründen. Dort könnten interessierte Kommunen genügend Unterstützung und Know-how erhalten, wenn sie wollten. Eine solche Beratung müsse verpflichtend sein, fordert Peter.

Denn in der Regel seien Bauherren überfordert und für eine Beratung dankbar. Wenn diese nur bei jedem 20. Projekt gelingen könnte, wäre schon viel passiert, sagt Peter. Letztlich gehe es darum, ob die Energiewende überhaupt gewollt sei. "Wer will, der findet einen Weg, wer nicht will, findet Gründe."

© SZ vom 22.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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