München:Geringe Schuld

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Landgericht stellt Verfahren gegen zwei Pflege-Chefs ein

Das Landgericht München II hat die Verfahren gegen zwei Geschäftsführer einer sozialtherapeutischen Pflegeeinrichtung aus dem Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen gegen hohe Geldauflagen eingestellt. In erster Instanz hatte das Amtsgericht Wolfratshausen die Angeklagten wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt zu Geldstrafen von 6300 Euro beziehungsweise 5600 Euro verurteilt. Den Ermittlungen zufolge hatten in der Pflegeeinrichtung vor rund drei Jahren zwei selbständige Pflegehelferinnen als Freiberufler gearbeitet. In Wirklichkeit jedoch sollen die Frauen abhängig Beschäftigte gewesen sein. Eine von ihnen war fast zwei Jahre in der sozialtherapeutischen Einrichtung tätig, die andere sechs Monate. Da die Pflegehelferinnen unter anderem an Dienstpläne gebunden gewesen seien, hätten die Geschäftsführer laut Urteil des Amtsgerichts für beide auch Sozialbeiträge einzahlen müssen. Das aber hatten sie nicht getan. Der dadurch entstandene Schaden beläuft sich auf knapp 53 000 Euro.

Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts legten die Angeklagten, aber auch die Staatsanwaltschaft Berufung vor dem Landgericht München II ein. Für die Geschäftsführer stand in der Verhandlung an diesem Montag viel auf dem Spiel. Im Fall einer erneuten Verurteilung hätte das Landratsamt Bad Tölz eine "Untersagungsverfügung" erlassen und die Pflegeeinrichtung "dicht gemacht", wie Verteidiger, Rechtsanwalt Stephan Horster, sagte, der einen der Geschäftsführer vertrat. Vom Ausgang des Verfahrens hänge die Existenz seines Mandanten ab, so der Anwalt.

Bei seiner Vernehmung sagte einer der beiden Geschäftsführer, die Pflegehelferinnen hätten "auf eigenen Wunsch freiberuflich" arbeiten wollen. Somit hatten sie die Möglichkeit, erheblich mehr Geld als festangestellte Mitarbeiter zu verdienen. Als es im Juni 2013 zu einer sogenannten Regelprüfung durch die Rentenversicherung in der Pflegeeinrichtung kam, seien den Beamten alle Unterlangen vorgelegt worden, auch die der freiberuflichen Pflegehelferinnen, beteuerte einer der Angeklagten. Auch das Finanzamt sei über die Beschäftigungsverhältnisse der beiden Frauen informiert gewesen. Die Behörde habe gewusst, dass die Pflegehelferinnen unter anderem keine Lohnsteuer bezahlten. "Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wo wir vorsätzlich gehandelt haben sollen, um etwas zu hinterziehen", sagte einer der Geschäftsführer. Die Frauen hätten keine Dienstkleidung getragen, nicht an Fortbildungen teilgenommen und auch keine Bezugsperson unter den Bewohnern der Einrichtung zugewiesen bekommen, sagte der Angeklagte. Dies alles seien Kriterien, die nur für festangestellte Pflegekräfte gälten.

Da den Geschäftsführern nur eine "geringe Schuld" anzulasten sei, signalisierte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft schließlich ihre Bereitschaft, beide Verfahren jeweils gegen eine entsprechende Geldauflage einzustellen. Der Vorsitzende Richter Martin Hofmann setzte hierfür Beträge in Höhe von 30 000 sowie 15 000 Euro fest.

© SZ vom 02.02.2016 / sal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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