Stadtentwicklung:Ein Mini-Stadtviertel für Bad Tölz

Lesezeit: 2 min

Der Stadtrat gibt eine Machbarkeitsstudie für das Moralt-Areal in Auftrag, das seit 2016 brach liegt. Es soll ein Quartier mit Wohnungen, Gatronomie und Kultur entstehen.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Das Moralt-Areal an der Lenggrieser Straße in Bad Tölz liegt nun schon seit gut sechs Jahren brach. Die Gebäude und Hallen stehen leer, der Parkplatz ist verwaist, alles wirkt unaufgeräumt und trist. Die Stadt hat es sich zum Ziel gesetzt, dass sich das rund 6,5 Hektar große Grundstück nahe der Isar in eine Art Mini-Stadtviertel mit Wohnungen, Gastronomie, Freizeit, Kultur und sozialen Einrichtungen verwandelt. Ob all dies und was sonst noch auch dem Areal möglich ist, soll nun eine städtebauliche Machbarkeitsstudie zeigen, die der Stadtrat am Dienstagabend einstimmig befürwortet hat.

Im September 2015 zog die Firma Moralt weg, 2020 folgte der Stäbchenplatten-Hersteller SWL. Seither steht das Gelände leer, das der Certina Holding AG von Inhaber Hans Wehrmann gehört. Diese Fläche stehe "wie keine zweite südlich von München" zur Entwicklung an, sagte Stadtrat Willi Streicher (SPD). Wehrmann selbst hatte vor zwei Jahren in Bad Tölz erklärt, dass er an ein Quartier mit handwerklichem und künstlerischem Gewerbe denke, nicht etwa an eine reine Wohnsiedlung. Allerdings hatte er damals eingeschränkt, dass er den Zeithorizont für die Umsetzung "in Zehn-Jahres-Schritten" sehe.

Die Machbarkeitsstudie legt dem Eigentümer keine Steine in den Weg, wenn es um eine kurzfristige Nutzung der alten Fabrikhallen oder Bürogebäude geht. Diese wäre "sofort möglich", stellt Bürgermeister Ingo Mehner (CSU) klar. Für eine Gastronomie wie etwa ein Café oder auch ein Kultur-Event müsste lediglich ein Bauantrag gestellt werden. Dazu seien weder der städtebauliche Entwicklungsplan noch ein Bebauungsplan vonnöten, betont der Bürgermeister. Allerdings sind gesetzliche Vorgaben wie zur Statik oder zum Brandschutz zu beachten, die vom Landratsamt geprüft werden. Bei einem Plazet wäre etwa eine Lichtinstallation, wie sie Künstler Axel Berger und Gastronom Peter Frech voriges Jahr in den Moralt-Hallen zeigten, jederzeit wieder möglich. In seinen Gesprächen mit dem Eigentümer hat Mehner erfahren, dass dieser für solche Projekte offen sei: "Er sieht die Vorteile für die Stadt, für die Bevölkerung und für ihn selbst, wenn man eine Nutzung aufs Gelände bringt."

Die Reanimation der Industriebrache dürfte ansonsten noch etliche Jahre dauern. Bauliche Missstände, Ortsbild, Denkmalpflege, Verkehr, Grünanlagen, Einzelhandel, Wohnbedarf, Klimaschutz, Kunst und Kultur: All diese Aspekte sind laut Stadtbaumeister Florian Ernst in der Studie zu berücksichtigen. Bei dem 1924/1925 errichteten Uhrenturm-Haus und dem 1950/1951 gebauten Verwaltungsgebäude handelt es sich um Baudenkmäler, ebenso bei der 1926 fertiggestellten Schlosserei und Zimmerei sowie dem 1969 vollendeten, viergeschossigen Erweiterungsgebäude im späten Le Corbusier-Stil.

Das zweite Problem ist der Hochwasserschutz. Dem Moralt-Areal droht bei Starkregenfällen eine Überflutung von Osten der Großen Gaißach her, vom Westen von der nahen Isar. Das Wasserwirtschaftsamt Weilheim arbeitet schon seit Jahren an Plänen zum Schutz vor Überschwemmungen, wobei zunächst einmal die Große Gaißach im Fokus steht. Außerdem muss auch noch die Zufahrt zu einem künftigen Stadtquartier geklärt werden: Das Moralt-Areal liegt an der viel befahrenen Lenggrieser Straße, wo sie in die noch stärker frequentierte Bundesstraße 13 mündet. "Es geht jetzt wesentlich darum, sich nicht einzelnen Themen zu widmen, jetzt geht es darum, alles in ein Gesamtkonzept zu gießen und mit Daten zu hinterlegen", sagte Mehner in der Stadtratssitzung.

Eine Zwischennutzung des Moralt-Geländes mahnte Moritz Saumweber (Grüne) an. Veranstaltern wie Peter Frech sollte die Stadt mehr zur Seite stehen, sagte er. "Ich habe das Gefühl, dass da keine Unterstützung herrscht." Zuvörderst sei es ja mal die Sache des Eigentümers, ob er eine solche Nutzung zulässt, erwiderte Mehner. Für CSU-Fraktionssprecher René Mühlberger besteht auf dem 6,5- Hektar-Areal "die große Chance, ein neues Quartier für die Stadt Bad Tölz zu gestalten". Dafür brauche man in einem ersten Schritt aber Zahlen, Daten, Fakten. Eine Entwicklung dieses Grundstücks könne auch eine Sogwirkung auf andere Stadtteile entfalten, meinte Mühlberger. Streicher äußerte sich hingegen vorsichtig. Mit dem Moralt-Areal, meinte er, "werden wir uns warm anziehen müssen". Externe Hilfe sei erforderlich, denn "wenn es nicht hinhaut, dann ist natürlich wieder der Stadtrat schuld".

© SZ vom 27.01.2022 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: