"Es ist ein Auf und Ab":Immer noch Lieferengpässe

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Christopher Hummel leitet die Michaeli-Apotheke in Gaißach. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Zu Beginn der Erkältungssaison sagt Apotheken-Sprecher Christopher Hummel, es gebe schon lang keine Medikamenten-Sicherheit mehr.

Von Sophia Coper, Bad Tölz-Wolfratshausen

Mit den kühleren Tage beginnt die Erkältungssaison. Husten und Schnupfen mögen keine Überraschung sein, ungewohnt ist jedoch die Unsicherheit, die den Gang zur Apotheke begleitet. Der seit Monaten anhaltende Medikamentenmangel macht sich nach wie vor deutschlandweit bemerkbar. "Bei den meisten Medikamenten gibt es immer noch Lieferengpässe", berichtet Christopher Hummel, regionaler Sprecher des Bayerischen Apothekerverbandes für Bad Tölz-Wolfratshausen. "Heute habe ich zwar Fiebermedikamente vorrätig, doch das ist nur eine Momentaufnahme. Im Antibiotika-Bereich ist es ebenfalls ein Auf und Ab", sagt der Inhaber der Gaißacher Michaeli-Apotheke, deren Inhaber er ist. Bis auf ein paar Lücken sei sein Lager zurzeit zwar gefüllt, doch die Sicherheit, alles jederzeit nachbestellen zu können, gebe es schon lange nicht mehr.

"Es soll sich niemand der Illusion hingeben, die Situation sei nur vorübergehend", erklärt Apotheker Markus Gans, Inhaber der Center-Apotheke in Bad Tölz. Auch er beklagt sich über eingeschränkte Lieferungen. Insbesondere Kinderarzneien, Antibiotika und Blutdruckmittel fehlten immer, dabei seien das "sehr simple und kostengünstige Arzneimittel", so Gans.

Über die Gründe wiederkehrender Engpässe sind sich die beiden Apotheker einig. "Das Problem ist eindeutig hausgemacht durch Gesetzgeber und Krankenkassen", sagt Gans. "Deren Rabattverträge haben die Hersteller zu einem ruinösen Wettkampf gezwungen, der die Preise immer mehr nach unten gedrückt hat." Die Sparpolitik habe dazu geführt, dass die Produktion nach China und Indien abgewandert sei, "und wenn die nicht liefern, dann ist hier Land unter", sagt Gans. Auch der Verkauf zahle sich in Deutschland für viele Medikamentenhersteller nicht mehr aus, führt Hummel aus. "In anderen Länder rentiert es sich wesentlich mehr, da dort mehr für die Produkte bezahlt wird."

Als längerfristige Lösung sieht Hummel nur eine Abschaffung der Rabattverträge, auch wenn damit eventuell eine Verteuerung einhergehe: "Wir müssen bereit sein, für Lebensqualität mehr zu zahlen."

Die Lieferengpässe treffen auf eine ohnehin schon angespannte Situation hinter den Verkaufstresen. "Wir stehen kurz vor dem Kollaps", sagt Hummel. Wenn es so weitergehe, werde die gesamte Apothekenlandschaft ausdünnen. Das tägliche Geschäft beruhe vor allem auf der Abgabe verschreibungspflichtiger Medikamente, deren Fixkostenpauschale seit zehn Jahren nicht mehr angehoben worden sei. Nach allen Abzügen blieben somit nur ein paar Euro Gewinn übrig, so Hummel. Um auf die ökonomische Lage aufmerksam zu machen, schlossen bereits diesen Juni deutschlandweit Apotheken für einen Tag ihre Pforten. Angesichts der unveränderten Lage sagt der regionale Sprecher des Bayerischen Apothekenverbandes: "Wir stehen kurz vor einer Streikwelle, ansonsten hört man uns anscheinend nicht."

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