Mädchenrealschule Schlehdorf:Aufgeschoben, nicht aufgehoben

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Die katholische Kirche setzt Schließung der Realschule Sankt Immaculata für ein Jahr aus. Die Schülerinnen und Eltern jubeln. Ordinariatssprecher Kellner zeigt sich beeindruckt vom Protest.

Tina Baier und Klaus Schieder

Ob die Schlehdorfer Schule über das Jahr 2018 hinaus bestehen bleibt, will die Katholische Kirche nicht garantieren. Aber zunächst ist klar: Im kommenden Jahr können sich noch Mädchen anmelden. Die Freude ist derzeit groß an der Schule. (Foto: Manfred Neubauer)

Am Freitagmorgen um neun Uhr überbrachte Generalvikar Peter Beer persönlich die gute Nachricht: Die katholische Kirche setzt ihren Beschluss, die Mädchenrealschule Sankt Immaculata in Schlehdorf zu schließen, für ein Jahr aus. "Ich habe nicht gedacht, dass es so positiv ausgeht", sagte Schülersprecherin Julia Parnitzki, die bei dem Gespräch an der Schule dabei war. "Am Anfang war die Stimmung komisch", sagte sie. "Aber dann kam die große Überraschung."

Die Entscheidung bedeutet, dass die Schule für kommendes Jahr neue Fünftklässlerinnen aufnehmen darf. "Es herrscht schon fast Partystimmung", sagte Heidi Hofmann, Vorsitzende des Elternbeirats. "Hier draußen hüpfen Kinder herum und freuen sich, weil sie zu Hause ihrer Schwester erzählen können, dass sie nächstes Jahr doch hier zur Schule gehen dürfen."

"Wir können aber nach wie vor nicht garantieren, dass die Schule über das Jahr 2018 hinaus bestehen bleiben kann", sagte Bernhard Kellner, Sprecher des Erzbischöflichen Ordinariats in München. "Wir waren aber sehr beeindruckt, wie sehr sich die Menschen mit dieser Schule identifizieren. Das lässt uns nicht kalt."

In diesem einen Jahr Atempause will die Kirche unter anderem das Angebot von Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) prüfen, die kirchlichen Lehrer nach und nach durch staatliche zu ersetzen. Sollte die Schule 2018 dann doch schließen müssen, stünde die Kirche nicht vor dem Problem, alle Schlehdorfer Lehrer auf einen Schlag anderswo unterbringen zu müssen. Allerdings gebe es zu diesem auf fünf Jahre befristeten Angebot aus dem Kultusministerium bisher lediglich eine Protokollnotiz, aber keine vertragliche Vereinbarung, sagte Kellner. "Wir sind gesprächsbereit", sagte Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) am Freitag auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung. Ihm gehe es vor allem darum, für Eltern und Kinder Planungssicherheit zu schaffen.

Die Kirche befürchtet, dass sich in den kommenden Jahren zu wenige Schülerinnen in der Schlehdorfer Mädchenrealschule einschreiben werden, um den Betrieb aufrechterhalten zu können. Dafür gibt es zwei Gründe: Erstens gehen die Schülerzahlen in der Region in den kommenden Jahren aus demografischen Gründen zurück. Zweitens nimmt die ehemalige Knabenrealschule des Freistaats im nahegelegenen Murnau vom nächsten Schuljahr an auch Mädchen auf und macht der Schule in Schlehdorf dadurch Konkurrenz. Die Schlehdorfer Realschule sei mit etwa 400 Schülerinnen schon jetzt die kleinste kirchliche Schule in Bayern, sagte Kellner.

Anders als das Ordinariat erwartet der Landtagsabgeordnete Martin Bachhuber (CSU) künftig keinen Rückgang der Schülerinnenzahl an der Schlehdorfer Realschule "Ich bin überzeugt, dass sich genügend Schülerinnen anmelden werden", sagte er. Er sei "sehr froh, dass das Ordinariat umgedacht hat". Mit der Entscheidung, den Schließungsbeschluss für ein Jahr auszusetzen, könne er leben. "Lieber wäre mir natürlich gewesen, wenn die Schule für die Zukunft gerettet worden wäre." Bachhuber schlägt vor, die Zukunft der Schule an einem Runden Tisch mit Vertretern des Erzbistums, des Kultusministeriums, der Schulleitung, Eltern, Lehrern, Schülerinnen und Politikern zu diskutieren. Es gelte "eine Lösung zu finden, wie diese einzigartige Schule mit ihrem Alleinstellungsmerkmal dauerhaft erhalten bleiben kann".

Für den Schlehdorfer Bürgermeister Stefan Jocher ist das "Minimalziel" erreicht. Man werde nicht warten bis zum Ende des Schuljahres, um weitere Gespräche zu führen, "wir bleiben laufend dran, damit der Beschluss aufgehoben wird", sagte der Bürgermeister.

Auch für die Elternbeiratsvorsitzende Heidi Hofmann ist der Kampf um die Schule noch lange nicht zu Ende. "Für mich kommt es darauf an, dass es nicht bei diesem Beschluss bleibt", sagte sie. Fürs Erste ist sie genau wie Schulleiter Manfred Ilitz "voll zufrieden". Jetzt sei Zeit, in aller Ruhe über die Zukunft von Sankt Immaculata zu verhandeln. Nichtsdestoweniger findet am Mittwoch, 14. November, von 18 Uhr an wieder eine Mahnwache in Schlehdorf statt - diesmal jedoch verbunden mit einem Dankgottesdienst.

© SZ vom 10.11.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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