CD-Kritik:Keine wie die andere

Lesezeit: 3 min

Das Machado Quartett - Anna Prüflinger, Ingo Veit, Perry Schack und Bernhard Prüflinger (von links) - hat mit seinem neuen Album einen zweiten "Global Music Award" gewonnen. (Foto: Helmut Ecklkofer/oh)

Das Tölzer "Machado Quartett" huldigt mit seinem neuen Album "#Maria" Frauen, die nicht alle heilig, aber selbstbewusst und von fragiler Schönheit sind. Im Zentrum: vier intime musikalische Porträts von Bernhard Prüflinger.

Von Paul Schäufele, Bad Tölz

Es sind fünf Buchstaben oder, gesprochen, drei Silben, die eine unendliche Spirale von Assoziationen wachsen lassen: Maria. Die Ideen entzünden sich an der Größe in der Armut des Stalls, an der Spur von Einsamkeit, die um die Gottesmutter ist, oder an der Schönheit der Frau, die nicht aufhört, Künstler zu inspirieren. Für Anna Prüflinger steht Maria "für das Weibliche, für Mut und Anmut, für die Mutter, für Stärke und Sanftheit, für Geborgenheit, für Hoffnung und Liebe". Und so gehen Perry Schack, Ingo Veit, Anna und Bernhard Prüflinger - kurzum: das Bad Tölzer Machado Quartett - in ihrem jüngsten Album mir dem Titel "#Maria" den kreativen Möglichkeiten nach, die sich auftun, wenn einer die Muttergottes beim Namen nennt.

In einem musikalischen Rundgang vom spanischen Komponisten Manuel De Falla zu eigenen Kompositionen Bernhard Prüflingers zeigt das Gitarren-Quartett seine Kunst der raffinierten klanglichen Charaktergebung. Hier werden besondere Frauen als Klangporträts lebendig, keine wie die andere und nicht jede heilig, aber alle elegant und von fragiler Schönheit.

Mit "I say a little prayer" hat sich das Quartett denn auch eine von Aretha Franklins zärtlichsten Kreationen ausgesucht. Durch die Gitarren des Machado Quartetts findet sie eine neue Form, die es vermag, ohne Text die Melancholie, aber auch die Gelassenheit auszudrücken, die den Burt-Bacharach-Song über die Liebe in modernen Zeiten so zeitlos aktuell machen. Eine Verwandte hat diese Stimme in Astor Piazzollas María, der Protagonistin seiner 1968 uraufgeführten Tango-Oper. Diese Maria der Vorstadt verkörpert das Quartett mit düsterem Heiligenschein, mit der brennenden Kälte, die Piazzollas Musik ausmacht. Einen späten Verwandten dürfte der Argentinier darin in dem Klarinettisten und Komponisten David Orlowsky haben, mit dessen klezmerhaft gefärbter "Juli" das Machado Quartett seine Koordinierungs-Kunst zeigen kann. Jeder kesse Vorschlag sitzt, jeder Triller hat seinen Platz.

Nicht weniger stilecht finden die Machados zur Musik Manuel de Fallas, die wie kaum eine andere Assoziationen zum tiefen Spanien, der "España profunda", weckt. Die Musik aus de Fallas Ballett "Der Dreispitz", eine Geschichte über eine Müllerin, die durch Schlauheit und moralische Standhaftigkeit ihr Eheglück wahrt, wird deshalb in verschiedensten Instrumentierungen aufgeführt. Doch gerade die Gitarren-Versionen leiden häufig am zu aggressiven Zugriff, am Saiten-Schrubben, das gerne mit authentischem Musizieren südlichen Temperaments verwechselt wird. Davon ist das Tölzer Quartett weit entfernt. Sei es die brausende "Danza de la molinera", sei es die leicht bewegte "Danza de los vecinos", immer bewahrt sich das Ensemble die noble Ausgewogenheit und den Sinn für die feine Konturierung, die ihnen mit diesem Album einen zweiten "Global Music Award" einbrachten.

Herzstück der Sammlung exquisiter Gitarrenmusik dürften jedoch die vier Kompositionen Bernhard Prüflingers sein, denen er den Titel "Lebenslieder" gegeben hat. Die Stücke sind Porträts starker Frauen im Leben des Komponisten, vier Generationen, ein Klang gewordener Stammbaum, dessen Wurzeln in die Ukraine ragen: Zoe, die in Kiew geborene Urgroßmutter, die früh Mutter und Vater verloren hat, die Suche nach der Familie aber nicht aufgab. Mit vorsichtig tastenden, schwermütigen Tönen beginnt deshalb die Erzählung von "vier Schicksalen von Menschen, die zufällig Kinder ihrer Zeit waren", wie Prüflinger sagt.

Dynamischer, aktiver dagegen Zhanna, Zoes Tochter, eine Sportlerin, die das Gefühl des Quartetts für pochende Rhythmen herausfordert. Sani, die Frau des Musikers, stand am Anfang der Kompositionsgeschichte. Ihr hat er das vielleicht intimste Stück der Reihe gewidmet. Meeresrauschen geht hier über in eine sich warm ausbreitende melodische Seelenlandschaft, dargestellt auf vier Gitarren im Einklang. Die Reihe findet mit Emilie, der Tochter des Komponisten, den angemessen optimistischen Abschluss mit filigranen Wendungen, sensibel ausphrasiert. Denn, wie Prüflinger betont, die Stücke sind nicht nur eine Familiengeschichte, eine musikalische Reise von Ost nach West (was sich auch im Stil widerspiegelt), die musikalische Gestaltung einer allmählichen Aufhellung. Nein, die Lebenslieder sind auch eine Art, mit Tönen zu beweisen, wie nahe sich der Osten Europas und Deutschland in Wirklichkeit sind. Ganz konkret: Sie schlagen einen denkbar schönen Bogen von Kiew zum ehemaligen Scheunentrakt des Großhartpenninger Hahnhofs, in dem die Aufnahmen entstanden sind.

Jedes Marienbildnis hat eine besondere Prägung, als weinende, thronende, gütige Mutter. Nun mag man selbst entscheiden, ob die Stücke wirklich auf Maria verweisen. Viel mehr scheint es, als habe das Machado Quartett in diesem Namen versucht, eine Chiffre zu sehen für alles Mögliche, das so sensibel wie selbstbewusst, so individuell wie aufgeschlossen für sich selbst steht. Es ist ihnen bestens gelungen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Kinder- und Jugendliteratur
:Uhrsula und der kleine große Bagger

Sebastian Horn ist eigentlich als Musiker von "Bananafishbones" und "Dreiviertelblut" gut ausgelastet. Dennoch hat der Lenggrieser ein Kinderbuch geschrieben - und gleich den Soundtrack dazu.

Von Petra Schneider

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: