Strahlkraft für die Region:Tölzer Kurhaus als Kulturzentrum

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Neben dem denkmalgeschützten Jugendstil-Gebäude soll ein eingeschossiger Erweiterungsbau mit Bühne, Saal, Foyer und Seminarräumen entstehen. Die Stadträte stimmen grundsätzlich für einen solchen Plan.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Das Tölzer Kurhaus soll einen "Nebendarsteller" bekommen. Mit diesem Synonym beschrieb Stadtbaumeister Florian Ernst den eingeschossigen Erweiterungsbau, der hinter dem denkmalgeschützten Gebäude und vor der sogenannten "Türkwiese" im Westen entstehen soll. Darin soll es unter anderem einen Saal, eine Bühne, ein Foyer und zwei etwa 60 Quadratmeter große Seminarräume, im Untergeschoss einen Bereich für die gesamte Technik sowie 430 Quadratmeter Lagerfläche geben. Damit schaffe man neue Möglichkeiten für Kulturveranstaltungen und Konzerte, aber auch für Tagungen und Seminare, sagte Ernst am Dienstagabend in der Sitzung des Tölzer Stadtrats. Eine Machbarkeitsstudie zeigt, dass ein solches Projekt umsetzbar wäre.

Die Planskizze des Architekturbüros Dantele aus Freising sieht einen Neubau vor, der sich - vom Kurpark aus gesehen - halb hinter dem Kurhaus versteckt. Von dieser Perspektive aus schöben sich rechterhand lediglich die Glasfassaden des Seminar-Trakts ins Blickfeld. Die Parkplätze am Kurhaus fielen weg, dieses Areal könnte ohne Autos neu gestaltet werden - zum Beispiel mit botanischem Bezug zum Kurpark. Dafür ist eine Tiefgarage mit rund 100 Stellplätzen unter der "Türkweise" vorgesehen, die westlich ans Kurhaus angrenzt. Von dort aus könnten die Besucher gleich durch einen Gang in den neuen Erweiterungsbau gelangen. Gegen die Stimmen von Christof Botzenhart (CSU) und Johannes Gundermann (Grüne) votierte der Stadtrat grundsätzlich für eine solche Form der Erweiterung. Allerdings soll es vor einem Beschluss noch eine weitere Beratung geben, um nicht nur über die Türkwiese und das Kurhaus, sondern auch über die Zukunft des Kleinen Kursaals am nahe gelegenen Vichyplatz zu sprechen.

Die Studie sei lediglich "eine formulierte, visualisierte Idee", schränkte Bürgermeister Ingo Mehner (CSU) ein. Allerdings auch keine bloße Utopie, wie Stadtkämmerer Hermann Forster ergänzte: "Die Idee ist realistisch und realisierbar, sie wurde mit dem Denkmalschutz vorbesprochen." Botzenhart ist dennoch nicht recht wohl zumute. Der CSU-Stadtrat und stellvertretende Vorsitzende des Historischen Vereins in Bad Tölz warnte ausdrücklich davor, die Debatte über einen solchen Neubau ausschließlich unter Nützlichkeitsaspekten zu führen. Das 1914 errichtete Kurhaus, das der Münchner Baumeister Gabriel von Seidl konzipiert hat und nach seinem Tod von seinem Bruder Emanuel von Seidl vollendet wurde, müsse man "mit großem Fingerspitzengefühl behandeln", sagte er. "Wir können es uns nicht leisten, zu sagen: Na ja, schaut ganz gut aus, passt schon."

Das Kurhaus selbst ist sanierungsbedürftig. Das betrifft nicht seine Optik, sondern seine Funktionalität. Unzureichende Lüftung, zu kleine Bühne, muffige Backstage-Räume, alte Technik - all dies entspricht nicht mehr modernen Anforderungen. "Da können wir bei vielen Veranstaltungen nicht mehr mithalten", sagte die stellvertretende Kurdirektorin Susanne Frey-Allgaier. Für Stadtkämmerer Forster wäre es wichtig, "die Erweiterung im laufenden Betrieb" vorzunehmen. Denn: "Das Kurhaus muss am Netz bleiben." Also erst der Neubau, dann die Sanierung.

Das Projekt lag jahrelang in der Schublade. Seit 2016 gibt es diese Überlegungen dazu schon, nachdem die Stadt die Türkwiese gekauft hatte. 2018 beauftragte der Stadtrat dann die Verwaltung, die Erweiterung des Kurhauses zu planen, was voriges Jahr beendet werden sollte. Aber die Kapazitäten im Rathaus hätten nicht gereicht, da schließlich auch große Hotelprojekte auf der Agenda standen, erklärte Forster. Auch der Erweiterungsbau nähme einige Jahr in Anspruch. Auswahlverfahren, Planung mit Ausschreibung, Bauzeit - der "Nebendarsteller" wäre wohl frühestens Mitte 2025 einsatzbereit, sprich: fertiggestellt. Die Zeit drängt also.

Ehe nun ein Planungsbüro gesucht wird, wollen die Stadträte ihren Fokus allerdings auch auf den Kleinen Kursaal richten. Das Gebäude aus den Siebzigerjahren, in dem vor allem Vorträge, aber auch kleine Konzerte stattfinden, ist noch renovierungsbedürftiger als das Kurhaus. "Der Investitionsstau ist immens", sagte Frey-Allgaier. Soll der Erweiterungsbau am Kurhaus entstehen, hätte die Stadt dort ein Kulturzentrum mit zwei Veranstaltungssälen - was zu der Frage führt, was dann mit dem Kleinen Kursaal geschehen soll. Darauf lenkte CSU-Fraktionssprecher René Mühlberger den Blick. "Man sollte sich die Wechselwirkung weiterer Nutzungen nochmals anschauen", betonte er.

Das Kurhaus nun "als Location schlechtzureden", hält Willie Streicher (SPD) für gefährlich. Das denkmalgeschützte Gebäude breche nicht gleich zusammen und sei für Veranstaltungen nach wie vor wertvoll, sagte er. "Das steht auch noch die nächsten paar Jahre." Peter von der Wippel (FWG) fand, dass der vorgestellte Erweiterungsbau neben dem Kurhaus "gut reinpasst". Er verwies auf den Sanierungsstau im Kurhaus, "das schieben wir seit Jahren vor uns her". Johannes Gundermann wollte wissen, ob es einen groben Kostenansatz gebe. Dies verneinte Mehner. "Wenn ich jetzt eine Zahl nenne, wird sie falsch sein", sagte der Bürgermeister. Jedenfalls handle es sich um einen "erklecklichen Betrag", sekundierte Kämmerer Forster. "Das kostet nicht nur eine Million."

© SZ vom 30.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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