Konzert:Die Klage des Bassisten

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Eingeladen von Peter Zoelch (ganz rechts) musizierten Gustavo Strauß an der Geige (v.l.), Gitarrist Elias Prinz, Karsten Gnettner am Kontrabass und Bernd Hess, ebenfalls Gitarre, im Kleinen Kurhaus in Bad Tölz. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Peter Zoelch und seine Freunde überzeugen mit fetziger Musik und guter Laune. Um "die Mädels" zu beeindrucken, darf Karsten Gnettner zwischendurch auch solo ran

Von Sabine Näher, Bad Tölz

Seit 15 Jahren gibt es die Jazz-Reihe von und mit Peter Zoelch nun schon, aber am Freitagabend waren ungewohnte Klänge zu hören im kleinen Tölzer Kursaal. Nämlich ohne Klavier und ohne Schlagzeug. Zu dieser Besetzung habe ihn der Kontrabassist Karsten Gnettner animiert, gesteht Zoelch, der ein Anwärter auf den diesjährigen Tassilo-Kulturpreis der SZ ist. Und gleich in der ersten Nummer wird spürbar, was das heißt: Die Musik ist viel mehr von den melodischen Abläufen als vom Rhythmus geprägt.

Zoelch eröffnet mit einem launigen Klarinettensolo; dann präsentiert sich die Gitarre (Bernd Hess). Als die Geige übernimmt, nehmen sich die anderen dezent zurück, damit Gustavo Strauß, der mit seinem schwarzen Krempenhut wohl nicht zufällig an Roger Cicero erinnert, mit ganz zarten Tönen aufwarten kann. Dann tritt der Kontrabass in den Vordergrund. Karsten Gnettner mit seiner schwarzen Wollmütze spielt ebenso lässig wie er aussieht. Damit haben alle ihre Visitenkarte abgegeben und das Publikum auf einen schwungvollen, musikantischen Abend eingestimmt. Im Saal sind Vierertische eingedeckt, mit Tischdecke und Teelicht, allesamt gut besetzt. Mit Getränken und Snacks kann man sich selbst versorgen - und sich fast wie zuhause im Wohnzimmer fühlen. Zoelch stellt die Musiker vor und begrüßt den zweiten Gitarristen Elias Prinz aus dem Allgäu, Preisträger des Jugendmusikförderpreises Schwaben, als das Küken in der Runde.

Auf Jazz-Klassiker und groovige, fetzige und swingende Musik im Gipsy-Style dürfe man sich freuen, kündet er an, dargeboten von der Geige, den zwei Gitarren, dem Kontrabass sowie Zoelch selbst im fliegenden Wechsel an Klarinette, Saxofon und Querflöte.

Mit Charlie Chaplins "Smile" geht's weiter. Eine betörend singende Geige über Kontrabass-Pizzicato und Gitarrengezirpe wirkt auf angenehme Weise altmodisch und weckt nostalgische Gefühle. Als sich die Klarinette einklinkt, belebt sich die Geschichte. Doch die Gitarre führt wieder zurück in den leicht melancholischen Charakter. Ein Lieblingsstück von Michael Jackson sei das gewesen, erläutert Zoelch und sagt eine französische Nummer an ("Meine Schwester ist Französischlehrerin, aber die ist zum Glück heute Abend nicht da..."), die wie "Douce Ambiance" klingt. Dann geht's aber gar nicht "douce", sondern recht forsch und draufgängerisch zur Sache. In Frankreich ticken die Uhren wohl ein wenig anders.

Jetzt kommt ein fetziges Geigensolo, dann juchzt und gluckst die Klarinette. Tiefe Einblicke in das geheimnisvolle Seelenleben eines Kontrabassisten gewährt Karsten Gnettner, als er erzählt, mit dem Instrument wolle man als junger Mann ja auch "die Mädels beeindrucken". Nur blöd, dass die immer bloß Augen und Ohren für den Gitarristen oder Schlagzeuger hätten und den Mann am Kontrabass schlicht nicht wahrnähmen.

Deshalb werde er nun einmal ganz alleine spielen, nämlich "Zuschau'n kann i net" aus dem "Weißen Rössl". Die bekannte Klage des unglücklich verliebten Kellners Leopold ist trotz redlichen Bemühens aber kaum als diese zu erkennen. Vielleicht hatte das mit den Mädels ja seinen Grund...? Erst als das Tutti anhebt, klingt's nach Wolfgangsee. Nach dem Solo des zu Recht oder Unrecht Verkannten darf Elias Prinz glänzen mit einer Nummer, die den Bolero im Titel trägt.

Sehr subtil und sprechend stattet er sein Gitarrenspiel aus; auf ein Zeichen mit den Augen setzt die zweite Gitarre ein; der Bass zupft dazu. Dann wandert der Blick nach rechts zur Geige, die Strauß nun wie eine Mandoline einsetzt. Ein weiterer Augenkontakt zu Zoelch, der zur Querflöte greift. Eine sehr aparte klangliche Erweiterung - und ein Tutti, das voll mitzieht.

Django Reinhardts "Nuages" schließlich eröffnet die Geige mit etwas lamentierendem Tonfall. Die Gitarre wirkt schon entschlossener; die Klarinette schließlich hat eine ganz dezidierte Meinung. Es wirkt, als lausche man dem Austausch dreier Gesprächspartner, die denselben Gegenstand aus verschiedenem Blickwinkel betrachten. Duke Ellingtons "Caravan" bringt schließlich ein grandioses Saxofon, das sich mit sattem Sound über die rhythmisch agierende Resttruppe legt. Packend, mitreißend - und den stürmischen Applaus geradezu herausfordernd.

© SZ vom 05.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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