Konzert:Abgefahrene Combo

Lesezeit: 2 min

Junge Männer in seltsam bunten Anzügen. Die Bandmitglieder von Buffzack rissen das Publikum im Tölzer Kurhaus mit. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Buffzack heizt ein beim Bavarian Beats Festival

Von Sabine Näher, Bad Tölz

So kann das elegante Tölzer Kurhaus also auch aussehen: ohne Stühle, gar vornehm eingedeckte Tische, komplett leer geräumt. Bis auf die Absperrgitter, die vor der Bühne und rings um die Licht- und Tontechnik aufgebaut sind - und die ungut an die polizeilichen Vorbereitungen einer Straßen-Demo erinnern. Das Bavarian Beats Festival wirft seine Schatten voraus. Zum dritten Mal hat es sich als Location das Tölzer Kurhaus erkoren, eine irgendwie befremdliche Wahl, aber das mag an der Prägung liegen, wenn man es dort sonst vorwiegend mit der "E-Kultur" zu tun hat.

Zehn Minuten vor Beginn ist der Saal noch leer. Da man keinen Sitzplatz verteidigen muss, kann man sich also Zeit lassen. Vereinzelt promenieren Konzertbesucher vorüber, lässig und entspannt, die meisten mit Bierflasche in der Hand. Als Organisator Florian Rein zur dritten Auflage des Festivals begrüßt und mit drei Bands an diesem Freitagabend einen spannenden Einblick in die bayerische Musikszene verheißt, füllt sich der Raum auf geheimnisvolle Weise. Wo kommen die Menschen plötzlich alle her?

Und genau so schnell stürmen Buffzack die Bühne. Lukas Jochner, Posaune, Florian Mayrhofer, Tuba, Andreas Unterreiner, Trompete, und Sebastian Wolfgruber, Schlagzeug, sind eine schrille Truppe. Ihre Anzüge in schreiendem Pink, Türkis, Schwarzrot und Alpenlook machen sofort gute Laune, ihre Musik auch. Ein fetziger Sound, der seine Beats durch alle Pulse jagt. Dem Namen des Festivals muss schließlich Ehre gemacht werden. Trompeter Unterreiner erweist sich als angenehmer Moderator, der witzige und nicht allzu lange Wortbeiträge parat hat. Jazz, Volksmusik, Metal und Hip-Hop, alles ohne Text, hätten sie im Gepäck, verkündet er. Eine gewagte Mischung, die aufgeht. Die sympathischen Jungs bringen ihren sehr eigenen Style mit so viel Spaß über die Rampe, dass der Saal voll mitgeht. Und mitwippt, aber nicht mittanzt, obwohl die meisten Nummern wirklich in die Beine gehen.

Dreiviertel der Band kommt aus dem Allgäu (der Schlagzeuger aus Rosenheim), daher ist der "Allgäuer Heimatsound" gut vertreten. Die nächste Nummer kündigt Unterreiner als "Tatort Allgäu" an. Laut und hektisch dreht sie auf: Was hat das mit dem beschaulichen Allgäu zu tun? Doch jetzt wird's breit, zäh, gedehnt, läuft auseinander. Das kommt schon eher hin. Der Schlagzeuger Sebastian beherrsche ein äußerst seltenes Instrument, erzählt Unterreiner, das fälschlicherweise oft dem indischen Musikraum zugeordnet werde, dabei stamme es - klar! - aus dem Allgäu: die Shrutibox. Vom dörflichen Schreinermeister gefertigt, entsendet das hölzerne Instrument tatsächlich indisch angehauchte Klänge in den Tölzer Kursaal und setzt so dem Heimatdorf ("city of peace and love") ein musikalisches Denkmal. Meditativ oder bekokst? Man weiß es nicht. Und dann fetzt es voll los. Ähnlich entwickelt sich ein "Zwiefacher", der ungeahnte Energien freisetzt. Aber tanzen mag immer noch keiner. "Vollgas", wieder eine vom Allgäu inspirierte Nummer ("Wie kommt man am schnellsten nach Kaufbeuren? Mit Vollgas") lässt gar Broadway-Feeling aufkommen mit tollen Soli von der Trompete über die Posaune bis zur Tuba, die voll aufdreht.

Das Publikum jubelt nach jedem Stück, aber erst in der letzten Nummer fangen ein paar Mutige an, vor der Bühne mitzuhüpfen. Mensch, Leute: Warum nicht früher? Florian Rein verabschiedet die vier als "abgefahrene Combo". Dem kann man nur zustimmen. Die Bigband Jazzrausch und Jamaram, die an diesem Abend auf Buffzack folgen, können für dieses "Warming up" dankbar sein.

© SZ vom 19.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: