Kommunalwahl in Bad Tölz-Wolfratshausen:Jung, engagiert, konservativ

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Zehn Kandidaten der Jungen Union Benediktbeuern/Bichl wollen sich statt auf der CSU-Liste auf einer eigenen zur Wahl stellen. Zur Zulassung braucht es noch Unterstützerunterschriften

Von Petra Schneider, Benediktbeuern

Die Jungen wollen es wissen: Mit einem Durchschnittsalter von 25 Jahren treten in Benediktbeuern zehn Kandidaten auf der Liste der Jungen Union (JU) Bichl/Benediktbeuern an. Erst Mitte November hat sich der CSU-Nachwuchs mit 17 Mitgliedern gegründet, inzwischen sind es 21.

Seit einer Änderung des Kommunalwahlrechts vom Februar 2018 ist es möglich, dass Parteien "unter bestimmten Voraussetzungen" mit mehreren Listen antreten; die Opposition im Landtag hatte die Änderung als Zulassung von "Tarnlisten" kritisiert und dagegen gestimmt. Um zur Wahl zugelassen zu werden, muss die JU allerdings 80 Unterstützerunterschriften vorweisen, die noch bis 3. Februar im Rathaus eingetragen werden können.

Auf dem Spitzenplatz kandidiert der frisch gewählte JU-Ortsvorsitzende Korbinian Hoiß. Warum er und seine Mitstreiter nicht auf der CSU-Liste antreten? "Wir sind so viele engagierte junge Leute," sagt der 28-jährige Zimmerermeister. Da wäre man womöglich gar nicht zum Zuge gekommen. Mit der konservativen Ausrichtung der CSU könne sich die Gruppierung am ehesten identifizieren, vor allem aber wolle man ein "Sprachrohr für die Jugend sein", sagt Hoiß, der als einziger auch Mitglied bei der CSU ist. In Benediktbeuern habe es schon einmal eine JU-Gruppierung gegeben, die allerdings vor etwa zehn Jahren eingeschlafen sei. Darauf habe man aufbauen können und bei der Neugründung Unterstützung vom JU-Kreisvorsitzenden Josef Rohrmoser bekommen. Hoiß hofft, dass die nötigen Unterschriften zusammenkommen. Wie es läuft, könne er noch nicht sagen, die Unterschriftenlisten lägen erst seit Jahresende aus. Man wolle in den sozialen Netzwerken Werbung machen und Flyer entwerfen.

Auch beim politischen Stammtisch der Hochschulstudenten will sich die JU vorstellen. Denn bislang habe die Dorfjugend "nicht soviel Kontakt zu den Studenten", sagt Hoiß. Als Ziele der jungen Gruppierung, deren Mitglieder höchstens 35 Jahre alt sein dürfen, nennt er bezahlbaren Wohnraum, die Ortsgestaltung und die Zukunft des Gasthofs Post, für die nach wie vor ein Pächter gesucht werde. Am Wahlprogramm werde noch gefeilt. Finanzielle Unterstützung erhält die Gruppierung vom Landesverband der JU. Eine Zusammenarbeit mit der CSU gebe es nicht, "wir wollen unser eigenes Ding machen." Drei Sitze im 16-köpfigen Gemeinderat für die JU - "das wäre gut", sagt er.

Junge Leute sind in Stadt- und Gemeinderatsgremien Mangelware. Einen Altersdurchschnitt erhebt das Statistische Landesamt zwar nicht, Stichproben ergeben aber folgendes Bild: Die große Mehrheit ist 50 plus, unter 40 lichtet sich das Feld, den unter 30-Jährigen kommt quasi ein Exotenstatus zu. Dennoch ist das politische Interesse junger Erwachsener gewachsen, das zeigen nicht zuletzt die Klimaproteste. Auch die aktuelle Schell-Studie mit dem Titel "Eine Generation meldet sich zu Wort" kommt zu dem Ergebnis, dass das seit Beginn des Jahrtausends stark gestiegene politische Interesse der Jugend stabil bleibt. Bislang mündet es allerdings selten in konkrete parteipolitische Arbeit. In einer Befragung der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung gaben mehr als die Hälfte der 18 bis 40-Jährigen an, privat politisch zu debattieren. Jeder Vierte hat demzufolge bereits an einer Demo teilgenommen - aber nur drei Prozent gaben an, dass sie konkret politisch mitarbeiten.

Junge Leute sind in Gemeinderatsgremien Mangelware. Im Klosterdorf Benediktbeuern aber steigt unter ihnen das kommunalpolitische Interesse. (Foto: Hartmut Pöstges)

In Benediktbeuern könnte sich das nun ändern. Denn dass auch im Dorf das kommunalpolitische Interesse der jungen Leute gestiegen ist, kann Hoiß bestätigen. Er führt das auf die vorgezogene Bürgermeisterwahl zurück, die im vergangenen Jahr nach einer Stichwahl Toni Ortlieb (BBV) für sich entschieden hat. Der spannende Wahlkampf habe auch bei den jungen Leuten zu "regen Gesprächen" geführt. Hoiß ist sicher, dass die Wahlbeteiligung der Jungen bei der Kommunalwahl höher ausfallen wird, "weil man die Leute auf der Liste kennt."

Jung sind die Kandidaten, mit dem Frauenanteil sieht es auf der JU-Liste allerdings schlecht aus. Veronika Bichlmeier ist die einzige weibliche Kandidatin, die auf eigenen Wunsch auf dem hintersten Listenplatz gesetzt ist. Hoiß bedauert, dass sich nicht mehr Frauen aufstellen lassen wollten, obwohl man viele angesprochen habe. Aber die Zeit sei knapp gewesen, und drei hätten kurzfristig wieder abgesagt. Auf der Liste, die in Blockabstimmung gewählt wurde, sind die ersten sechs der insgesamt zehn Kandidaten doppelt gelistet, darunter auch Maximilian Seller, Sohn des stellvertretenden CSU-Bürgermeisters Hanns-Frank Seller. Was sagt die Mutterpartei zu den Konkurrenten aus dem eigenen Stall? CSU-Ortsvorsitzender Hans-Otto Pielmeier sieht die Gründung "positiv" und betont, dass es sich bei der JU um eine eigenständige Liste handle. "Das sind zwei Gruppierungen, die sich über eigene Mitgliedsbeiträge finanzieren und den Wahlkampf selbständig organisieren." Auch die Themen seien unterschiedlich, denn die Sicht auf die Kommunalpolitik sei bei 30-Jährigen womöglich anders, als bei 50-Jährigen. Dass die JU in Benediktbeuern mit einer eigenen Liste antritt, ist kein Einzelfall: In 13 Landkreisen werde dies bei der diesjährigen Kommunalwahl der Fall sein, heißt es aus der JU-Landesgeschäftsstelle. Dass der CSU dadurch junge Kandidaten wegbrechen, sieht Pielmeier nicht. Der CSU-Ortsverband habe ohne Schwierigkeit eine umfangreiche Liste zusammenstellen können. Und schließlich wachse in der JU politischer Nachwuchs für den Ortsverband heran.

Die Kandidatenliste der Jungen Union Benediktbeuern: Korbinian Hoiß, 28, Zimmerermeister. Michael Rest, 31, Kaminkehrer. Maximilian Seller, 22, Lehrling im Brauer- und Mälzerhandwerk. Josef Meindl, 23, Landschaftsgärtner. Michael Ludwig, 24, Student. Christian Kilpatrick, 28, Fachinformatiker. Christian Schmid, 23, Zerspanungsmechaniker. Matthias Bacher, 27, Mesner. Michael Schmid, 31, Berufsoffizier und Student. Veronika Bichlmeier, 20, pharmazeutisch-technische Assistentin

© SZ vom 10.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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