Kommunalwahl in Bad Tölz-Wolfratshausen:Im Aufwind der Volksbegehren

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Die ÖDP stellt 60 Kandidaten zur Wahl des neuen Kreistags auf. Beflügelt von den jüngsten Erfolgen wollen die Mitglieder nun mit mindestens drei Vertretern in das Gremium einziehen und eine "Hausmacht" werden

Von Claudia Koestler, Bad Tölz-Wolfratshausen

Wolfratshausen - Er war "überwältigt von dem kleinen Wunder, das da in den vergangenen Wochen passiert ist", sagte Jan-Philipp van Olfen sichtlich gerührt. Der stellvertretende Kreisvorsitzende der ÖDP hatte zusammen mit einigen Mitstreitern kräftig die Werbetrommel gerührt, mit dem Ergebnis, dass die Partei nun tatsächlich 63 Kandidaten für die Kreistagswahl 2020 präsentieren kann. Dass man in der Partei beflügelt ist von den jüngsten Zuspruch und Zulauf zeigte sich in der Aufstellungsversammlung, deren beseelte Motivation in vielen Umarmungen und sogar einer Gedichtrezitation zum Ausdruck kam. Die Anwesenden formulierten auch ein so konkretes wie ehrgeiziges Ziel: "Wir wollen Fraktionsstärke erreichen, also mindestens drei Kandidaten in den Kreistag bringen", sagte Thomas Prudlo. Das sei durchaus kein verwegenes Ziel, fand der Vorsitzende der Münchner ÖDP, der an diesem Abend im Ickinger Gasthaus Klostermaier Versammlungsleiter für den Kreisverband Bad Tölz-Wolfratshausen war: "Dafür brauchen wir die Stimmen von ungefähr 2000 Wählern im Landkreis, und allein wenn jeder unserer Kandidaten 30 Freunde und Familienmitglieder überzeugt, sind wir dem Ziel schon nahe", rechnete er vor.

Monika Achermann-Weinert ist eine der beiden Spitzenkandidaten der ÖDP. (Foto: Manfred Neubauer)

Dafür wählten die 19 anwesenden Wahlberechtigten die 60 Listenkandidaten, davon 31 Frauen und 29 Männer, sowie drei Ersatzkandidaten ohne Gegenstimme. Im landkreisweiten Wahlkampf will die ÖDP vor allem drei Themen in den Vordergrund stellen: wie ein Ausbau der neuen Mobilfunkgeneration 5G verhindert werden kann, regionale Wirtschaftskreisläufe und Gemeinwohlökonomie inklusive den Aspekten einer ökologischen Landwirtschaft und den Erhalt der Artenvielfalt. Nachdem die ÖDP Volksbegehren wie "Rettet die Bienen" erfolgreich starten und durchbringen konnte, versteht sich die Partei auch als "Bewahrer der Volksbegehren", wie Prudlo sagte. Damit meinte er, dass die ÖDP-Kandidaten auf die korrekte und zielführende Umsetzung achten wollen, um Schlupflöcher oder Widersprüche zu vermeiden. Platz Nummer eins auf der Kandidatenliste nimmt Manuel Tessun ein. Der Eglinger Betriebswirt ist nach eigener Aussage ein recht junges Mitglied der ÖDP. Gerade beim Thema Gemeinwohlökonomie sieht er allerdings "sehr viele Ansatzpunkte, die man im Landkreis umsetzen könnte", wie er erklärte.

Ihm folgt auf der Liste Monika Achermann-Weinert nach, Referentin für frühkindliche Bildung und Stillen aus Wolfratshausen. Die gelernte Hebamme will sich dafür einsetzen, "dass es für alle genug gibt im Leben" und selbst "einen guten Webstoff kreieren für alle im Landkreis." Der ÖDP-Kreisvorsitzende Stephan Koch steht auf Listenplatz Nummer drei. Er hat sich vorgenommen, "Punkt für Punkt Dinge aufzudecken, die nicht richtig laufen", insbesondere zu den Themen Gesundheit und Mobilfunk. Es erschüttere ihn, dass beispielsweise Glyphosat noch immer nicht verboten sei. Das Ziel, betonte auch er, sei klar: Fraktionsstärke im Kreistag zu erlangen, und eine Fraktion zu haben, die "nachdenklicher ist und nicht alles durchwinkt." Auch für Prudlo stand fest, dass die ÖDP "in Bad Tölz-Wolfratshausen eine Hausmacht werden kann." Schließlich, das habe auch die Vorstellung der einzelnen Kandidaten gezeigt, "haben die Menschen hier noch ein Gespür für die Natur."

Hier schaut alles noch ein bisschen unsortiert aus. Aber ein paar von diesen Stühlen im Großen Sitzungssaal des Landratsamts würde die ÖDP gerne erobern. Mindestens drei Vertreter im Kreistag sollen es nach Willen der Öko-Partei schon werden. (Foto: Manfred Neubauer)

Unstimmigkeiten gab es allerdings im Anschluss an die Wahl, als Prudlo und Tessun das Kommunalwahlprogramm vorstellten und dazu auch ein Stimmungsbild für die angedachten Plakate der Partei einholten. Denn eines der insgesamt fünf Image-Poster der Partei könnte - neben den Kandidatenporträts - auch im Landkreis aufgestellt werden. Während Prudlo eigentlich eher das geeignetste Thema abfragen wollte, störten sich manche im Saal an den Motiven. "Haben wir das nötig?", fragte etwa Alexander Wandinger angesichts des Fotos einer 16-Jährigen, die mit Hotpants im Kornfeld steht und ein Windrad hält. Eine andere störte sich an der Ästhetik der Pose mit ausgestrecktem Arm, das sie an totalitäre Regime erinnerte. Das Kernteam der Kreis-ÖDP wird sich nun noch einmal mit dem Thema befassen.

Die Top-ÖDP-Kandidaten: 1. Manuel Tessun, Dipl. Betriebswirt (FH); 2. Monika Achermann-Weinert, Referentin für frühkindliche Bildung und Stillen; 3. Stephan Koch, Ingenieur; 4. Christian Schneeweiß, Alpinjournalist; 5. Heike Kirsch, Erzieherin; 6. Gerd Huschka, Industriekaufmann; 7. Margarete Moulin, Journalistin; 8. Jan-Philipp van Olfen, Student; 9. Susanne Lauber, Heilpraktikerin; 10. Achim Schäfer, Rentner; 11. Rosalind Allgeyer, Studentin; 12. Alexander Wandinger, Kulturwissenschaftler

© SZ vom 06.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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