Kommunalwahl in Bad Tölz-Wolfratshausen:Fernziel 2030

Lesezeit: 3 min

Von einem großen Wirtschaftsunternehmen ist Moritz Sappl 2014 ins Rathaus gewechselt. Langweilig sei ihm seitdem nicht geworden, sagt er. (Foto: Hartmut Pöstges)

Für Eurasburgs Bürgermeister Moritz Sappl brauchen die Großprojekte Zeit. Aufgaben wie die Schulzusammenlegung oder die Mehrzweckhalle sind komplex

Von Benjamin Engel , Eurasburg

Wie viel seit 2014 passiert ist, kann Sappl kaum glauben. Nur drei Tage nach dem Kommunalwahlsonntag hätten ihn die Salesianerinnen informiert, ihr Kloster in Beuerberg zu verlassen. Schließlich habe sich die Erzdiözese München und Freising entschieden, die Anlage zu übernehmen. 2015 habe die Gemeinde das Thema Flüchtlinge beschäftigt. Mit viel ehrenamtlicher Unterstützung sei das in Eurasburg im Großen und Ganzen gut gehandhabt worden. Das Rathaus sei energetisch und barrierefrei umgebaut worden. In der Meilensteindebatte habe die Gemeinde die Diskussionsphase hinter sich gelassen und sei in den Handlungsmodus übergegangen.

In der aktuellen Wahlauseinandersetzung mit der Grünen-Kandidatin Carola Belloni ist Bürgermeister Sappl überzeugt, etwas vorweisen zu können. Zum Vorwurf der 61-jährigen Journalistin, dass er Projekte in der Kommune zu langsam vorantreibe, zögert Sappl zunächst mit einer Antwort. "Eigentlich entbehrt das jeder Aussage", erklärt er dann. "Wer die kommunale Verwaltung beziehungsweise die kommunalen Zusammenhänge kennt, wird sicherlich keine solche Aussage machen." Das fange etwa mit Bebauungsplänen an, gegen die Einsprüche möglich seien und zu denen jeder seine Meinung sagen könne. Das arbeite die Verwaltung sauber ab. Wer wisse, wie kompliziert es sei, verschiedene Meinungen unter einen Hut zu bringen und wie viel Zeit dafür nötig sei, würde sich so nicht äußern.

"Die Gemeinde bis 2030" ist das Wahlprogramm der GWV überschrieben. Das klingt selbstbewusst. Denn der Zeitrahmen reicht weit über die kommende Amtsperiode hinaus. "Die großen Aufgaben, die letztlich zu tun sind, werden sich alle die nächsten sechs Jahre gar nicht lösen lassen", sagt Sappl. Darunter fallen die Meilensteine vom bereits beschlossenen mikroplastikfreien Kunstrasenplatz, dem Radweg nach Baierlach bis zur Mehrzweckhalle und der Schulhauszusammenlegung.

Die beiden bisherigen Schulstandorte für die Erst- und Zweitklässler in Eurasburg sowie die Dritt- und Viertklässler in Beuerberg an einem einzigen Platz zu konzentrieren, ist für Bürgermeister Sappl unumgänglich, wenn die Kommune ab 2025 die offene Ganztagsschule anbieten muss. Schon jetzt sei es für die Schulleitung organisatorisch herausfordernd, die beiden Häuser zu vernetzen, am dringlichsten in Krankheits- und Vertretungsfällen.

Während die Grünen-Kandidatin die Schule in Eurasburg konzentrieren möchte, sieht Bürgermeister Sappl Vorteile in Beuerberg. Dort ließen sich zwei Klassenzimmer unterbringen, ohne das dortige Gebäude erweitern zu müssen. Zudem könnten weitere Räume mit Umbauten auf der existierenden Grundfläche hergerichtet werden. Darüber hinaus sei die angeschlossene Schulturnhalle im Eigentum der Kommune. Beuerberg liege verkehrsgünstig, wenn man bedenke, dass die Gemeinde auch für Schüler auf der Königsdorfer Mittelschule beförderungspflichtig sei. "Man muss ganz klar sagen, der Vorteil liegt jetzt sichtbar in Beuerberg", betont Sappl.

Damit sei aber nichts endgültig entschieden. Bis Ende 2021 würden die Meilensteine mit der Mehrzweckhalle und der Schulhauszusammenlegung dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorgelegt. "Da sind alle Vor- und Nachteile aufgeführt, Kosten und so weiter und dann wird unter dem Strich zusammengezählt und dementsprechend entschieden", sagt Sappl.

Der Kunstrasen am Eurasburger Sportgelände soll bis Ende 2021 fertig sein. Für den Bau hat der Beuerberger Golfclub laut Sappl 200 000 Euro gespendet. Heuer und im kommenden Jahr werde die Erweiterung des kommunalen Friedhofs in Berg abgeschlossen. Die Gemeinde arbeite auch daran, die Querungsmöglichkeiten für Radfahrer und Fußgänger in Achmühle, Eurasburg und Beuerberg zu verbessern.

Zur Energiewende prüfe die Gemeinde die Möglichkeiten für ein Nahwärmenetz. Für jedes Gebäude in den drei Hauptortskernen würden der Wärmebedarf und weitere Kerndaten ermittelt. Die Kommune sei gerade dabei, die Auftragsvergabe für einen Planer auszuschreiben, der das ausarbeiten werde. "Dann werden sich daraus ganz individuelle Lösungen ergeben", sagt Sappl. Vorteilhaft in Beuerberg sei beispielsweise, dass dort viele kommunale Liegenschaften an einem Platz konzentriert seien. Daher könne eine größere Wärmemenge abgenommen werden. Privateigentümer könnten sich an Nahwärmenetze anschließen, wenn sie das wollten.

Zur wichtigen Infrastruktur zählt der öffentliche Personennahverkehr. Attraktiver macht für Sappl das Angebot, dass der Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV) bis 2023 den gesamten Tölzer Landkreis miteinschließen soll. Zwischen München und Quarzbichl gelte dann ein Ticket. Zudem werde der Takt der Buslinie 374 zwischen Wolfratshausen, Geretsried, Königsdorf, Beuerberg und Penzberg verdichtet. Sappl hält es aber für unrealistisch, jeden der 52 Eurasburger Ortsteile im 20 oder 30-Minuten-Takt anbinden zu können. Machbar seien wohl eher so etwas wie Mitfahrbörsen über Smartphone-Apps.

Weil die Kommune den Siedlungsdruck aus dem Großraum München spürt, arbeitet sie daran, bezahlbaren Wohnraum für Einheimische zu schaffen. Im Projekt am Berger Höhenweg müsse aber erst die Entwässerung geregelt werden. Mehrgenerationenhäuser oder Genossenschaftsmodelle seien denkbare Modelle, um der Bevölkerungsdynamik zu begegnen.

Zeit für sich bleibt Sappl wenig. "Der Bürgermeister ist sechseinhalb Tage die Woche unterwegs", sagt er. Umso wichtiger sei es, Freiräume zu schaffen. "Was ich unwahrscheinlich gerne tue, dass ich einfach zu Fuß in die Berge gehe, um den Kopf wieder frei zu kriegen beziehungsweise durchzuatmen." Zugute komme ihm, dass er mit der Arbeit am Tagesende abschließen und am nächsten Morgen wieder unbelastet beginnen könne, sagt Sappl.

© SZ vom 03.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: