Kommunalwahl in Bad Tölz-Wolfratshausen:Drum prüfe, wer sich Jahre bindet

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Die Bewerber der Tölzer CSU für den Stadtrat und Bürgermeister-Kandidat Ingo Mehner standen den Bürgern zwei Minuten lang Rede und Antwort. (Foto: Manfred Neubauer)

Die CSU Bad Tölz stellt ihre Kandidaten bei einer Speed Dating-Veranstaltung vor

Von Sandra Freudenberg, Bad Tölz

Aufgereiht wie Tanzschüler sitzen die Tölzer CSU-Stadträte sowie Anwärter auf das Ehrenamt auf harten Holzbänken. Der geziegelte Keller des Lokals "Gasthaus" ist an diesem Montagabend in sanftes Kerzenlicht getaucht, die Politiker und Politiker in spe haben sich in Schale geworfen - eher business casual denn Loden - und warten auf interessierte Gesprächspartner aus der Bürgerschaft. Zum ersten Mal lud der Ortsverband zu einem "Speed Dating" mit den Christsozialen ein. Christof Botzenhart, 49, hat sich die Idee "bei der SPD in München abgeschaut". Bürgermeister-Kandidat Ingo Mehner, 41, erklärt vom Podest aus das System: "Unsere Gäste dürfen drei Minuten mit einem Stadtratskandidaten sprechen, dann läutet eine Kuhglocke, sie rücken dann bitte einen Kandidaten weiter."

Das Konzept birgt natürlich, wie bei der Damenwahl, ein gewisses Risiko. Einige der etwa 20 anwesenden Amtsanwärter bleiben zunächst ohne Gesprächspartner. Aus der Not wird jedoch schnell eine Tugend gemacht: Man nippt an Wasser und Schorle und plaudert mit dem Banknachbarn. "Ich bin neu in der CSU und habe hier viele super nette Leute kennen gelernt", sagt etwa CSU-Kandidatin Barbara Fuhrmann, die erstmals für den Stadtrat aufgestellt ist. "Wir stehen hier alle voll hinter Ingo, er hat eine tolle Persönlichkeit", findet die Mutter von vier Kindern. Dann aber muss Fuhrmann Rede und Antwort stehen. "Wie stehen Sie dazu, in der Marktstraße das Radfahren zu erlauben?", wird sie gefragt. Fuhrmann ist dafür und will überhaupt mehr Radwege etablieren.

Auch Diana Meßmer (59) von der Kreisgruppe des Bund Naturschutz diskutiert mit. Sie fragt Landwirt Anton Mayer (63), "ob die Nordspange die Lösung des Tölzer Verkehrsproblems" sei. "Nein", antwortet Mayer. "Das Problem liegt in der Verkehrsführung durch falsche Ampelsteuerung." Diana Meßmer hat zwei Stunden lang im Drei-Minuten-Takt mit fast allen Kandidaten gesprochen. "Mir war die Gesprächszeit aber zu kurz", so ihr Fazit.

Als Politiker in zwei, drei Minuten auf den Punkt zu kommen, "hat mir sehr gut gefallen", resümiert Bürgermeisterkandidat Mehner. Er will neue Wege einschlagen: "Ich habe bei über 3000 Bürgern an der Haustüre geklingelt, um ins Gespräch zu kommen. So entsteht ein breites Bild von dem, was los ist. Ich möchte nicht im eigenen Saft garen. Durch die Summe der Einzelgespräche ergibt sich ein detailliertes Bild."

Dem Speed-Dating-Besucher Benedikt Fuhrmann "hat's total Spaß gemacht, mit allen Kandidaten persönlich gesprochen zu haben". Er habe auch ganz persönliche Fragen gestellt: "Wie zum Beispiel schafft es eine vierfache Mutter, sich noch Zeit für Politik zu nehmen?" Die Antwort der Tölzer CSU-Kandidaten: "Na, sie managt das mit Au-pair und Kinderbetreuung außer Haus."

Diana Meßmer kann da nur mit den Schultern zucken: Sie ist zurzeit auf der Suche nach zwei Kindergartenplätzen für Schützlinge aus ihrem Bekanntenkreis: "Zwei Kinder, drei Jahre alt und älter, hellwach und wissensdurstig, die Mutter Analphabetin - für die finde ich in Bad Tölz keine Kindergartenplätze."

Dann klingelt die Kuhglocke ein letztes Mal. Ob aus den kurzen Treffen nach der Kommunalwahl etwas Längerfristiges entstehen wird, wird sich am 15. März entscheiden.

© SZ vom 15.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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