Pater Gregor Zasche hätte nach seiner Promotion zum Doktor der Theologie 1967 eine Hochschul-Karriere in Rom anstreben können. Doch weil sein Orden ihn dringend brauchte, entschied sich der junge Priester für das schulische Alltagsgeschäft am Gymnasium seiner Benediktiner in Schäftlarn. Als ausgebildeter Gymnasiallehrer, zeitweise auch als Direktor des Internats, brachte er in 45 Jahren Schuldienst vielen Kindern Englisch und Französisch bei. Religion unterrichtete er im Sinne einer "Kirche zum Anfassen" noch als 80-Jähriger und gab seinen Oberstufenschülern so manche Lebensweisheit mit auf den Weg. Als Abt führte er unter dem Motto "Froh in gemeinsamer Hoffnung" die Geschicke des Klosters von 1977 bis 2008, war viele Jahre Präses der Bayerischen Benediktinerkongregation, setzte sich gegen kirchliche Widerstände von oben für die Schäftlarner Konzerte ein, firmte Jugendliche und lebte das benediktinische "Ora et labora" (bete und arbeite) rund 65 Jahre in der klösterlichen Gemeinschaft. Am 15. März ist er im Alter von 85 Jahren nach längerer Krankheit gestorben.
Geboren 1938 in Berlin, kam Zasche als Kriegsflüchtling nach Oberbayern und nach Schäftlarn ins Gymnasium der Benediktiner. Nach dem Abitur schloss er sich als 20-Jähriger dem Orden an, legte 1959 die Profess ab und wurde 1965 zum Priester geweiht. Dies alles in einer Zeit des radikalen Umbruchs in der damals erzkonservativen katholischen Kirche, die erkannt hatte, dass die drängendsten Fragen der Zeit nicht ohne eine Öffnung zur Welt gelöst werden konnten. Der Geist und die Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) und der frische Wind, der danach durch die Kirche wehte, waren ganz im Sinne "Abt Gregors", der aus einem liberal gläubigen Elternhaus stammte. Ebenso begeisterte ihn die praxis- und menschennahe Theologie seines Doktorvaters, des Jesuiten Karl Rahner, von dessen Gedankengut er sich zeitlebens inspirieren ließ.
Ohne Pathos, mit Wärme
Als Abt habe er einen Führungsstil gelebt, der nicht auf Gehorsam, sondern auf die Einsicht des Einzelnen in die Vernünftigkeit des Tuns setzte, beschreibt ihn sein Nachfolger im Amt Abt Petrus Höhensteiger. Ganz im Geiste des Ordensgründers Benedikt von Nursia sei er immer ein Gottsucher geblieben und immer offen für neue Erkenntnisse. Geredet und geschrieben habe er stets ohne Pathos, nüchtern und doch erwärmend. Zasche selbst lag an einem Glauben, den auch der mündige Mensch nicht als "Quatsch" abtun müsse, und hoffte, die Katholiken würden mithelfen, die Kirche von innen zu verwandeln, statt sie lautlos zu verlassen.
Bei den Schülerinnen und Schülern war er äußert beliebt. Viele Jahrgänge lobten in ihren Abi-Zeitungen seine kluge, unterhaltsame und humorvolle Art und den liebenswürdigen Charakter. Legendär seine selbstentworfenen Arbeitsblätter mit komplizierter Nummerierung, wilde Tafelbilder mit unleserlicher Schrift, der Kreidestaub auf der schwarzen Kutte am Unterrichtsende und die wohlwollende unauffällig-auffällige Ankündigung eigentlich unangekündigter Proben. Als er in den schulischen Ruhestand ging, verabschiedeten ihn die Jugendlichen mit den Worten: "Die nächsten Jahrgänge haben ohne Sie echt ein Problem." Ein höheres Lob von Schülerseite kann es kaum geben.
Requiem am Mittwoch, 20. März, 14 Uhr, in der Klosterkirche Schäftlarn, anschließend Bestattung in der Äbtegruft.