Tag der Städtebauförderung:Kraftakt auf dem Wackelpudding

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Der Fürstensaal im Kloster Benediktbeuern erhält eine neue Funktion: Früher als Hauskapelle von den Salesianern Don Boscos genutzt, sollen künftig dort Veranstaltungen stattfinden. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Der Umbau des Fürstentrakts im Kloster Benediktbeuern geht zügig vonstatten - Ostern 2024 soll er abgeschlossen sein.

Von Arnold Zimprich, Benediktbeuern

Hilmar Gries ist in seinem Element. Behende klettert er auf eine Rampe, die aus einem Raum im Obergeschoss des Fürstentrakts im Kloster Benediktbeuern ins Freie führt, um Schutt und Baustellenabfall aus den Räumen zu schaffen. Gries schnappt sich ein Stück Holz. "Das stammt aus der Zeit, als der Fürstentrakt gebaut wurde", erläutert der Verwaltungs- und Wirtschaftsleiter des Klosters mit Blick auf das makellose Bohlenstück, "sieht das nach 300 Jahre alt aus?" Gries schwärmt vom Können der alten Meister, und doch gibt es nun, drei Jahrhunderte später, wieder viel zu tun.

Die Sanierung und der Umbau des lang gestreckten Gebäudeteils, das den Arkadenhof nach Süden abgrenzt, soll Ostern 2024 abgeschlossen sein. "Die Speisesäle und die Küche wollen wir aber schon im Herbst 2023 fertigstellen", sagt Gries. Sie werden im Klosterbetrieb dringend gebraucht. Die neue, im Erdgeschoss untergebrachte Küche wird für bis zu 900 Essen pro Tag ausgelegt, momentan sind es etwa 700. Der Mittelteil des Erdgeschosses, bisher ein Durchgang, wird künftig ebenfalls für die Gastronomie genutzt, zum Arkadenhof wird eine Glasfront eingezogen.

Verwaltungs- und Wirtschaftsleiter Hilmar Gries führte Interessenten durch den Fürstentrakt des Klosters Benediktbeuern. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Gries macht die 15-köpfige Gruppe, die er durch die altehrwürdigen Gemächer und Kellergewölbe führt, auf Risse in der Decke des Arkadengangs aufmerksam. "Hier sehen Sie, worum es eigentlich geht. Lassen wir einen weiteren Verfall zu? Wir haben lange überlegt, ob wir das angreifen sollen." Alternative wäre gewesen, abzuwarten und womöglich noch mehr Schäden in Kauf zu nehmen.

22 Millionen Euro sind für das Projekt veranschlagt, allein vier Millionen Euro steuern die Salesianer Don Boscos bei. Der wohl wichtigste Teil der Arbeiten wurde im Kellergewölbe ausgeführt. Die nur durch Ziegel fundamentierten Säulen, die das 1732 fertiggestellte Gebäude tragen, sanken mit der Zeit um bis zu zehn Zentimeter ab. "Der Untergrund hier ist wie ein Wackelpudding", sagt Gries. Mit enormem Aufwand wurden zahlreiche Mikropfahlgründungen eingebracht, die 15 Meter in die Tiefe reichen. Anschließend wurden die Säulen mit Hydraulikstempeln Schritt für Schritt nach oben gepresst. Auf diese Weise stabilisiert, konnten Risse in den oberen Stockwerken ausgebessert werden.

In den Fluren des Obergeschosses wurde die Tragfähigkeit verbessert. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Anlass der Führung ist der Tag der Städtebauförderung. Die Klosterverwaltung möchte zeigen, wofür die zum Teil öffentlichen Mittel verwendet werden. Es ist nicht nur ein Erhalt der historischen Bausubstanz, sondern auch eine Umwidmung des Gebäudes. Es entsteht ein "moderner Tagungs- und Veranstaltungsbereich, der zukünftig intern für die Jugendarbeit, aber auch extern von Privatpersonen, Gruppen und Unternehmen genutzt werden kann", so Gries.

Im Fürstensaal können Hochzeiten gefeiert werden

Er führt die Gruppe in den ersten Stock. Ein verstaubter Putto, unter dessen Arm sich ein Hündchen windet, blickt verträumt auf die Baustelle - und muss doch noch einiges ertragen, ehe der Umbau fertig ist. Der lange Flur im Obergeschoss sollte aus Brandschutzgründen durch zwei Türen unterbrochen werden. "Am Ende konnte aber zwischen den Interessen des Denkmalschutzes und brandschutztechnischen Vorschriften vermittelt werden." Auf die Türen, die die Atmosphäre des mehr als hundert Meter langen Flurs zerstört hätten, konnte letzten Endes verzichtet werden. Der beeindruckend große, prunkvoll verzierte Fürstensaal, bisher als Hauskapelle der Salesianer genutzt, wurde umgewidmet. "Der Saal ist für Hochzeiten, Konzerte und andere Veranstaltungen geeignet. Hier passen 300 bis 400 Personen rein", freut sich Gries. "Also wenn Sie jemanden kennen, der bald heiratet...?", scherzt er.

Auch die Haustechnik wurde erneuert. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Der Benediktbeurer Bürgermeister Anton Ortlieb, der mit einer kleinen Delegation des Benediktbeurer Gemeinderates an der Führung teilnimmt, staunt. "Beindruckend, was hier geschieht", sagt der 45-Jährige, "vieles bekommt man gar nicht mit." Dass mit dem Umbau des Fürstentrakts nur einer von vielen Schritten getan ist, das Kloster auf Vordermann zu bringen, zeigt indes die Frage eines Teilnehmers an der Führung. Der Mann möchte wissen, was mit den Räumlichkeiten der aufgelösten Bibliothek geschehe. "Das wissen wir noch nicht genau", gesteht Gries. "Wir schließen eines ab, bevor wir weitermachen." Gries wirbt zum Abschluss daher umso eindringlicher um Spenden - und äußert einen Wunsch: "Vielleicht siedelt sich ja erneut eine Bibliothek an."

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