Klassische Musik:Rundum überzeugend

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Das Trio Karénine, das sind (v.l.) Fanny Robilliard (Violine), Paloma Kouider (Klavier) und Louis Rodde (Cello). (Foto: Hartmut Pöstges)

Das Trio Karénine beweist Sinn für Klangfarben und Dramaturgie

Von Ulrich Möller-Arnsberg, Icking

Der Übergang ist fließend. An den Spätsommertagen kann man noch bei halbwegs verträglicher Temperatur unten an der Isar im Stausee baden. Und oben im Rainer-Maria-Rilke-Gymnasium geht danach abends die Herbstsaison mit den Meistersolisten los. Den Auftakt machte am Samstag das französische Trio Karénine. Die Träger des zweiten Preises beim Internationalen Musikwettbewerb der ARD 2013 im Fach Klaviertrio bewiesen - wie schon damals - ihren großartigen Sinn für Klangfarben und musikalische Dramaturgie. Am Beginn des Kammermusikabends standen die drei Nocturnes von Ernest Bloch.

1924 schrieb der in Genf geborene und nach Amerika ausgewanderte Komponist diese filigranen Nachtmusiken ganz in der Tradition der französischen Impressionisten Claude Debussy, Ernest Chausson und Vincent d'Indy. Eine Musik wie geschaffen für das Trio Karénine. Da konnten Fanny Robilliard (Violine), Louis Rodde (Violoncello) und Paloma Kouider (Klavier) auf ihren Instrumenten zaubern.

Anders als so oft in der Gattung Klaviertrio zu erleben, sind es hier nicht drei namhafte Musiker Solisten, die sich für einige Kammerkonzerte zusammentun, um dann wieder ihre eigenen Wege zu gehen. Vielmehr ist beim Trio Karénine eine gewachsene Klaviertrio-Kultur zu erleben. Die beiden Streicher werden nicht vom Klavier zugedeckt, sondern stehen in klug abgestimmter Balance dazu. Außerdem passiert zwischen allen drei Musikern ein wache, feinfühlige Abstimmung beim Übergang von der Solisten- in die Begleitrolle. Einzig von Geigerin Fanny Robilliard möchte man manchmal, wenn sie stimmführend ist, einen stärkeren Ton gegenüber den anderen hören. So wie Cellist Louis Rodde und Pianistin Paloma Kouider das ganz selbstverständlich zelebrieren, wenn sie dran sind.

Überzeugend ist auch die Programm-Idee: Aufzumachen mit dem Modernisten Bloch und ihm dann den Romantiker Schumann hintanzustellen; nach der Pause dann wieder zeitgenössische Musik zu wählen, um dann mit dem Romantiker Brahms zu enden. So eröffnen sich beim Zuhören interessante Bezüge. Nach den zarten Nocturnes am Anfang geht es sinnfällig weiter mit der introvertierten Gefühlswelt von Robert Schumann in dessen Klaviertrio op. 63. Später folgt der extrovertierten Programmmusik des jungen Franzosen Benoit Menut (1977 geboren) die expressive Romantik von Johannes Brahms' C-Dur-Trio op. 87.

Ein Pluspunkt bei den Konzerten in der Reihe "Meistersolisten im Isartal" ist zweifelsohne auch die vorangehende Einführung ins Programm. Diesmal übernahm sie Reinhard Szyska. Der Konzertkritiker machte sich die Mühe, zu der 2012 entstandenen Komposition von Benoit Menut, zu der er keine Aufnahmen zur Verfügung hatte, computeranimierte Klangbeispiele zu generieren. Sie erhellten die Geschichte um das Trio mit dem Titel "Les Allées Sombres". Eine Programmmusik, die auf einer Novelle des Russen Ivan Bunin basiert. Diese erzählt von einem russischen Offizier des zaristischen Russlands, der auf einer Reise mit der Kutsche Pause in einer Gastronomie macht, in der zufällig seine frühere, von ihm verlassene Geliebte sitzt. Die kann er aber nach unglücklicher Ehe nicht neu für sich gewinnen. Eine Dramaturgie, auch wieder wie geschaffen für das Trio Karénine, das sich nach der Titelfigur von Tolstois Roman Anna Karenina nennt, die ähnlich verstrickt ist wie der Offizier in der Novelle von Bunin.

Fantastisch, wie die Musiker Benoit Menuts Klaviertrio in seinen klanglichen Ab-gründen ausloteten. Ruhige, lange Linien wechselten mit verstockten Pizzicati, bevor aufbrausende emotionale Motive folgten, die in verblassenden Pianissimi verklangen. Ein starke Musik, der mit dem Klaviertrio von Brahms noch ein gewaltiger Schmachtbrocken folgte. Die Zuhörer im gut besuchten Saal reagierten mit großer Begeisterung. Zugabe: Der "Säbeltanz" von Aram Chatschaturjan. Am 15. Oktober ist das Amaryllis-Quartett in Icking zu Gast mit Werken von Ligeti, Schostakowitsch und Brahms.

© SZ vom 26.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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