Pashmin Art Gallery:Späte Entdeckung eines Impressionisten

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Die Ausstellung präsentiert Julius Voegtli als "Pionier des Impressionismus". (Foto: Veranstalter/oh)

Galeriedirektor Nour Nouri würdigt mit einer Ausstellung in Bad Tölz den Schweizer Julius Voegtli - einen "Künstler von Weltrang".

Von Petra Schneider, Bad Tölz

Die Pashmin Art Gallery, die im Juli in der Tölzer Säggasse eröffnet hat, widmet die aktuelle Ausstellung dem Schweizer Künstler Julius Voegtli. Ein weitgehend unbekannter Maler und Zeichner - sehr zu Unrecht, wie der Direktor von Pashmin Art, Nour Nouri, findet. Denn Voegtli, der 1879 geboren wurde, sei ein Schweizer Pionier des Impressionismus und ein Künstler von Weltrang.

Vor fünf Jahren habe er erstmals über Voegtli in einer Kunstzeitschrift gelesen, sagt Nouri. Die im Artikel abgedruckten Bilder hätten ihn an die Meister des französischen Impressionismus, an Cézanne, Monet oder Renoir erinnert. Er habe Kontakt mit dem Enkel des 1944 verstorbenen Künstlers aufgenommen und sei in die Schweiz gereist. Die Originale und Fresken, die er gesehen habe, hätten ihn bestärkt. "Ich wollte helfen, einen zu Unrecht vergessenen Künstler von internationalem Rang wiederzuentdecken und sein Werk nachträglich in die Chronologie der Kunstgeschichte einzutragen."

Die Tage der Pashmin Art Gallery in Bad Tölz sind gezählt. (Foto: Manfred Neubauer)

Die Pashmin Art Gallery, die nach Angaben ihres Direktors weltweit mit mehr als 4000 Künstlerinnen und Künstlern zusammenarbeitet, betreibt Galerien in Hamburg, Peking, Shanghai, Chongqing und neuerdings in Bad Tölz. 2017 habe man eine Voegtli-Ausstellung in der südchinesischen Stadt Kunmin organisiert, 2020 eine umfangreichere in Chongqing, erklärt Nouri.

In der Ausstellung in Bad Tölz sind, neben neuen Holzreliefs von Daniel Fuchs, 16 Arbeiten des Schweizer Malers zu sehen: impressionistische Blumenaquarelle, Stillleben, Landschaften und Dörfer in kräftigen Farben, ausdrucksstarke Porträts aus den 1920er Jahren, oft im Stil alter Meister. Sie zeigen bäuerliche Menschen, deren Wesenszüge mit wenigen Strichen herausgearbeitet sind: Der misstrauische Blick der Frau mit Schürze und Kopftuch, die rotgeränderten, müden Augen des alten Mannes mit der Pfeife. Oder die konzentrierte Selbstvergessenheit des "Trumpet Player" auf dem großformatigen Ölbild.

Hans Voegtli, Enkel von Julius Voegtli, vor den Werken seines Großvaters. (Foto: Manfred Neubauer)

Zu den Höhepunkten des Spätwerks zählen Porträts der sogenannten Spahis aus den 1940er Jahren. Soldaten aus den französischen Kolonien Afrikas, die nach der Besetzung Frankreichs durch die Hitlerarmee in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten waren. Einigen gelang die Flucht in die Westschweiz. In dem Bild "Black Man with Horse", das in Tölz zu sehen ist, wirkt die Figur stolz und würdevoll, das Gesicht schemenhaft, die Muskelpartien des Pferdes werden durch Licht- und Schattenwirkungen betont.

Voegtli, der in Malters als Sohn eines Landarztes geboren wurde, lernte Dekorationsmalerei und studierte ab 1902 an der Akademie der Bildenden Künste in München. Sein Lehrer war der renommierte Landschafts- und Genremaler Karl Raupp, dessen Einfluss in den realistischen Frühwerken unschwer zu erkennen ist. Voegtli wandte sich jedoch bald von diesem traditionellen Stil ab und experimentierte mit moderneren Strömungen wie Impressionismus und Expressionismus. Zu seinen Kommilitonen an der Kunstakademie gehörten Kandinsky, Chirico, Klee und Franz Marc. Deren Einflüsse zeigen sich in der Verwendung kräftiger Farben und der freien Pinselführung.

Voegtli schuf ein Werk von beachtlichem Umfang, musste seinen Lebensunterhalt aber als Dekorationsmaler bestreiten. Er erhielt Aufträge für Fresken an öffentlichen Gebäuden und wurde Mitinhaber eines Malerbetriebs. Ab den 1920er Jahren engagierte er sich in der Kommunalpolitik der Stadt Biel, veröffentlichte 15 Kurzgeschichten und ein komisches Theaterstück. Sein Sinn für Komik zeigt sich auch in seinen Karikaturen, die im hinteren Raum der Ausstellung zu sehen sind: Eine Serie großformatiger Zeichnungen mit Kohle, Kreide und Tinte, samt Titeln auf Schwyzerdütsch, die humoristisch Alltagsszenen und Geschlechterkämpfe aufs Korn nehmen.

Moderatorin Christine Adler und Kurator Davood Khazaie. (Foto: Manfred Neubauer)

Voegtli starb 1944 in Biel. Eine Rezeption und wissenschaftliche Aufarbeitung seines Werks fehlten bislang. Erst in diesem Jahr hat der Verlag Pashmin Art Publisher einen 540 Seiten umfassenden Katalog über das Lebenswerk Voegtlis in deutscher, englischer und chinesischer Sprache herausgegeben. Für 2023 seien Ausstellungen im Archive Art Museum in Peking und "anderen renommierten Museen in Europa" geplant, erklärt Nouri.

Ausstellung Pashmin Art Gallery, Säggasse 7, Bad Tölz, bis 17. Dezember. Geöffnet montags bis freitags 14 bis 20 Uhr, samstags 11 bis 18 Uhr. https://pashminart-gallery.com/de/

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