Badeteil:Bad Tölz rüstet sich für Prozess

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Im juristischen Tauziehen um die Zukunft des Hotels Jodquellenhof, des Alpamare-Geländes und der Wandelhalle überarbeitet die Stadt ihre Bebauungspläne. Damit reagiert sie auf Einwände der Jodquellen AG

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Die Wandelhalle im Tölzer Kurviertel steht seit Jahren so gut wie leer. Auf dem großen Parkplatz daneben sprießen Pflanzen aus den Betonplatten. Das Gelände des ehemaligen Spaßbades Alpamare ist nur noch eine unansehnliche Wiese. Und das ehemalige Hotel Jodquellenhof dient momentan noch reisenden Monteuren als Unterkunft. Seit die Jodquellen AG ihre Gebäude geschlossen hat, tobt ein Streit mit der Stadt über die Zukunft dieser Immobilien im Herzen des Bäderviertels. Für den Prozess, der beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof anhängig ist, hat die Stadt nun ihre Bebauungspläne juristisch geschärft. Damit reagiere man im Rahmen der von der Jod AG eingereichten Normenkontrollklage auf die Argumente, "die von der Klägerin aufgeworfen wurden", erklärt Bürgermeister Ingo Mehner (CSU). Der Stadtrat stimmte diesen Überarbeitungen am Dienstagabend mehrheitlich zu.

Kompliziert ist die Lage vor allem beim Bebauungsplan "Sondergebiet Bäderviertel", der den Jodquellenhof und das Alpamare-Areal umfasst. Der Ausgangspunkt: Die Stadt möchte dort wieder eine touristische Nutzung haben, sprich: ein Hotel; die Jod AG plant hingegen fünf Wohnhäuser, wobei sie sich im Erdgeschoss des Jodquellenhofs auch Gewerbe vorstellen kann, beispielsweise Arztpraxen. Dafür gibt es schon einen Vorbescheidsantrag der Eigentümerin. Der käme zum Zuge, sollte der Verwaltungsgerichtshof den Bebauungsplan kippen. "Wenn er fällt, kommt dort hoch verdichtete Wohnbebauung, wie wir sie von anderen Grundstücken der Jod AG kennen", befürchtet Mehner. Immer wieder hatte Anton Hoefter, Geschäftsführer der Jod AG, bezweifelt, dass Tourismus in Bad Tölz noch eine große Rolle spiele, ein Hotel lohne sich mithin nicht.

Vor Gericht kommt es Mehner zufolge darauf an, ob man einen Bebauungsplan "abwägungsfehlerfrei" aufgestellt hat. Für den anstehenden Prozess hat die Stadt deshalb die Treugast GmbH mit einem Gutachten beauftragt. Die Beratungsfirma widerspricht der Jod AG und sieht durchaus Potenzial für Hotels in Bad Tölz. Mit der Kurpromenade und dem Kurpark, der Stadtklinik und kleinen Shops in der Nähe befände sich ein Haus am Standort Jodquellenhof in einer repräsentativen Lage, heißt es darin. Zudem wären eine Wellnesszone und eine eigene Gastronomie auf dem Alpamare-Areal möglich. Verwaltungsjuristisch argumentiert die Stadt, dass Alpamare, Wandelhalle und Jodquellenhof ihre prägende Wirkung für das Kurviertel verloren haben. All diese Flächen seien "ein Außenbereich im Innenbereich", sagte Bauamtsleiter Christian Fürstberger im Stadtrat. Anders ausgedrückt: Sie liegen zwar in einem Stadtteil, bilden jedoch eine eigenständige städtebauliche Einheit. Die Wohngebäude in der Nachbarschaft hätten "nicht das ausreichende Gewicht, um prägende Wirkung gegenüber dem Plangebiet mit einer Ausdehnung von circa 20 000 Quadratmeter zu entfalten", sagte Fürstberger.

Falls der Verwaltungsgerichtshof dieser Auffassung folgt, muss die Stadt keine Entschädigung an die Jod AG zahlen. Denn im Außenbereich gibt es kein Baurecht, es sei denn, jemand möchte einen Bauernhof errichten. Und wenn nicht? Mehner setzt auf eine "kaskadenartige Abwägung". Wenn das ganze Gelände im Kurviertel vom Gericht doch als Innenbereich festgesetzt wird, würde die Stadt bestreiten, dass in den vergangenen sieben Jahren dort ein Baurecht entstanden sei. Wichtig sei in diesem Fall, dass der Stadtrat auf der "Bedingungslosigkeit des Bebauungsplanes" beharre, so Mehner.

Im Stadtrat votierten die Grünen und Gabriele Frei (CSU) gegen die Aufstellung des überarbeiteten Bebauungsplanes. Johanna Pfund wollte diesen Punkt von der Tagesordnung nehmen lassen. Da man die Unterlagen "zu spät bekommen" habe, plädierte die Grünen-Sprecherin für eine Sondersitzung. Dem hielt Bürgermeister Mehner entgegen, dass Eile geboten sei. Der Rechtsanwalt der Stadt brauche einen Stadtratsbeschluss, um seinen Schriftsatz rechtzeitig beim Verwaltungsgerichtshof einreichen zu können.

Einfacher ist die Situation beim Bebauungsplan "Sondergebiet Wandelhalle". Für die Stadt ist das bald 100 Jahre alte Baudenkmal prädestiniert für Veranstaltungen und eine Event-Gastronomie. Dagegen möchte die Jod AG dort vor allem Wohnungen unterbringen. Auf dem benachbartem Kies-Grundstück an der Seppstraße wäre laut Treugast-Gutachten ein Hotel mit etwa 100 Zimmern wirtschaftlich möglich - für Outdoor-Touristen, Tagungsgäste, Geschäftsreisende. Und der Herderpark neben der Wandelhalle hat nach der Expertise eines Landschaftsarchitekten eine Denkmalsubstanz "von außerordentlich hohem Niveau". Mit dem überarbeiteten Bebauungsplan für dieses Gebiet habe man sich "die Anregungen der Jod AG zu Herzen genommen", so Mehner. Einen Vorbescheidsantrag gebe es hier noch nicht.

Dagegen stimmte nur Gabriele Frei. Sie monierte, dass "mit dem Eigentümer nicht das Gespräch gesucht wurde". Dies wies Mehner verärgert zurück. Mit Hoefter habe er mehrmals geredet, das wisse Frei auch. Alle anderen Stadträte votierten für den Bebauungsplan. Man müsse Bürgermeister und Stadtverwaltung "mit einem eindeutigen Votum den Rücken stärken", sagte Peter von der Wippel (FWG). Wann das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beginnt, steht noch nicht fest.

© SZ vom 24.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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