Im Gespräch mit einem "Huberbuam":"Wir müssen aufwachen"

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Thomas Huber hat gerade die Tölzer mit seiner Multivisionsshow "Steinzeit" beeindruckt. Der Profi-Bergsteiger ist sich der Gefährdung der Natur nur zu bewusst.

Von Arnold Zimprich

Thomas Huber ist einer der bekanntesten deutschen Profi-Bergsteiger. Er und sein Bruder Alexander sind dem Publikum als "Huberbuam" bekannt. In Bad Tölz ist Thomas Huber gerade mit seiner Multivisionsshow "Steinzeit" aufgetreten. Die SZ sprach mit ihm nicht nur über Berge, Heimat und Familie, sondern auch über den Klimawandel.

SZ: Herr Huber, Sie befinden sich gerade auf der Autobahn auf dem Rückweg von einem Vortrag in Gießen. Ihr Vater fährt. Haben Sie immer diese Arbeitsteilung?

Thomas Huber: Mein Vater ist bei jedem meiner Vorträge dabei und hilft mir beim Aufbau. Wir sind ein eingespieltes Team, mehr Leute brauche ich nicht.

Sie sind seit Jahrzehnten in der Bergsteigerszene bekannt. Wofür steht der Name Thomas Huber heute?

Mein Name steht für eine unglaubliche Leidenschaft für das Klettern, die mich nach wie vor antreibt, sowie für das Expeditionsbergsteigen. Für die Fähigkeit, scheinbar Unmögliches möglich zu machen und wild zu sein.

Sie sind am Sonntag mit dem Vortrag "Steinzeit" auch in Tölz aufgetreten. Was verbindet Sie mit dem Landkreis?

Soll ich ehrlich sein? Ich habe ein paar Freunde hier, aber mein "Dahoam" ist definitiv Berchtesgaden und die Berge im Berchtesgadener Land.

Wie ist das eigentlich mit den "Huberbuam" - müssen Sie und Ihr Bruder Alexander sich jedes Jahr neu erfinden, um vom Bergsteigen leben zu können?

Nein, wir haben einen Bekanntheitsgrad erreicht, durch den wir uns in einer vergleichsweise komfortablen Position befinden. Wenn die Leute in einen unserer Vorträge kommen, wollen sie genau uns und nichts anderes sehen.

Sie setzen Ihre Prominenz in der Bergsteigerszene für mehrere Hilfsprojekte ein. Welches ist das wichtigste?

Die Himalaja-Karakorumhilfe der Bergsteigerin Barbara Hirschbichler ist mir am wichtigsten. Hier werden Menschen unterstützt, die unter den härtesten Bedingungen leben müssen. Spendengelder fließen beispielsweise nach Pakistan, wo Kindern der Schulbesuch ermöglicht wird. Doch auch das Eagle-Wings-Projekt der Fotografin Nomi Baumgartl, bei dem die sensible Bergwelt der Alpen aus Sicht eines Adlers dargestellt wird, nimmt an Wichtigkeit zu.

Welche Rolle spielt Ihre Familie für Sie?

Meine Familie ist mein Mount Everest, also die größte Stütze und Bereicherung für mich. Sie ist mein Dreh- und Angelpunkt. Im Zweifel heißt es für mich immer: Nein zum Berg und ja zum Leben!

Welchen Bezug haben Ihre drei Kinder zu den Bergen?

Mein Ältester ist erfolgreicher und begeisterter Snowboarder. Wenn er so weiter macht, startet er in ein paar Jahren bei Olympia. Mein Jüngster ist ebenfalls auf dem Board unterwegs und radelt viel. Unsere Tochter hat hingegen Talent beim Klettern. Beide Söhne spielen zudem noch in einer Band.

In einer Band?

Ja, so wie ihr Vater. Meine Band Plastic Surgery Disaster gibt es seit Jahrzehnten, sie ging aus einer Schulband hervor. Ich will meinen Kindern die Möglichkeit geben, sich zu Freigeistern zu entwickeln - wie ich selbst einer bin. Bei all dem will ich aber, dass sie keine Spiegelbilder ihrer Eltern werden, sondern sich frei entfalten.

Stichwort Freiheit: Sie reisen viel und waren auf allen Kontinenten unterwegs. Wie nehmen Sie den Klimawandel wahr?

Das Wetter wird extremer. Als Expeditionsbergsteiger muss man da flexibel reagieren. Im Herbst fanden bisher aufgrund der klimatischen Verhältnisse kaum Expeditionen statt. Das hat sich geändert. Besonders der Gletscherrückgang fällt ins Auge. Der Gletscher am Lago del Toro in Patagonien hat sich beispielsweise in zehn Jahren um einen Kilometer zurückgezogen. Das ist schlichtweg unglaublich!

Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?

Wir Menschen müssen anfangen aufzuwachen. Es geht um viel mehr als nur die Beobachtung von Gletscherständen. Es geht darum, nicht jeden Tag ein Stück Fleisch auf dem Teller liegen zu haben. Wir müssen die Stellschrauben ganz unten ansetzen.

Was steht 2019 auf Ihrer To-do-Liste?

Zunächst einmal freue ich mich narrisch auf das Klettern. Ich hab Projekte am Untersberg, zudem zieht es mich wieder an den Latok I, einen Siebentausender in Pakistan.

Den Besuchern Ihrer Website wünschen Sie "A guade Zeit". Was bedeutet das für Sie?

Vor wenigen Wochen erst ist mein Freund Julian Zanker am Eiger mit nur 28 Jahren tödlich verunglückt. Er stand voll im Leben. Das machte mir wieder deutlich, wie wichtig es ist, jeden Moment wirklich intensiv und kompromisslos für die Dinge zu nutzen, die dem Leben Sinn geben und eine gute Zeit zu haben.

© SZ vom 30.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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