Ehemaliges Reithallen-Gelände:Gedankenspiele für ein Nadelöhr

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Auf dem Gelände, auf dem einst die Ickinger Reitschule stand, bevor sie 2018 abbrannte, sollen künftig Wohngebäude und ein Bürokomplex stehen. Ein neuralgischer Punkt ist aber die Erschließung für den Verkehr, denn bislang führt nur eine schmale, steile Straße hin. (Foto: Manfred Neubauer)

Icking feilt an einem Verkehrskonzept zur Erschließung. Der erste Vorschlag fällt durch, nun sollen die Bedenken und Anregungen des Gemeinderats berücksichtigt werden

Von Claudia Koestler, Icking

In der Stimme von Gemeinderat Philipp Geiger (Grüne) lag Enttäuschung: "Ich hatte auf kreative Ideen gehofft. Doch ich habe den Eindruck, es wird nur die Situation abgebildet, ohne dass das Problem gelöst wird, nämlich dass dort ein dramatisch höheres Verkehrsaufkommen auf uns zukommt." Obwohl am Montag in der Gemeinderatssitzung ein neuralgischer Punkt des größten Projekts, das Icking in Sachen Wohnen und Arbeiten anschiebt, auf der Agenda stand, ist die Kommune noch von einer Lösung entfernt: einem zufriedenstellenden Verkehrskonzept für das ehemalige Reithallengelände am Isarweg.

Im Sommer 2018 war die ehemalige Reithalle abgebrannt, in dem Inferno starben zwei Menschen. Nun sollen auf einem Teil des Areals fünf Wohnkomplexe entstehen samt einer Tiefgarage, insgesamt sollen die Gebäude etwa 38 Wohnungen Platz bieten. Die Gemeinde will die Hälfte dieser Wohnungen selbst vermieten, möglichst zu einem günstigen Preis. Findet sie keine Mieter, soll das Belegungsrecht an Grundstückseigner Johann Abfalter zurückgehen. Auf dem anderen, nördlicheren Teil, soll ein L-förmiger Bürokomplex errichtet werden, auch dieser mit Tiefgarage.

Die Planungen, wie viel Wohn- und Büroeinheiten dort letztlich entstehen können oder sollen und zu welchen Konditionen die Gemeinde Zugriffsrechte haben wird, ist die eine Frage. Die andere aber ist die Zufahrt zu dem Gelände, über die am Montag getrennt diskutiert wurde.

Diese führt bislang über den Isarweg - eine schmale, steile und nicht immer einsehbare Straße mit mehreren Kurven, die von der Bundesstraße 11 abzweigt. Ein Nadelöhr schon jetzt, zumal der Weg auch von Spaziergängern und Ausflüglern genutzt wird. Wie die künftigen Bewohner und Arbeitnehmer sicher zu und von dem Gelände gelangen können, sollte ein Verkehrsplaner eruieren. Nur: Das, was da in der Gemeinderatssitzung als Verkehrskonzept präsentiert wurde, überzeugte die Gremiumsmitglieder noch nicht. "Ich stelle mir vor, wochentags, morgens um 8, zwei Dutzend Kinder wollen zur Schule, die Eltern in die Arbeit, und von oben kommen die, die ins Büro wollen. Ich mache mir da Sorgen um die Sicherheit der Fußgänger", sagte etwa Laura von Beckerath-Leismüller (Grüne). Auch andere monierten das vorgelegte Konzept, das in ihren Augen lediglich Varianten der bestehenden Situation darlegte. Knappe zwei Stunden diskutierten die Ickinger Gemeinderäte deshalb, um Hans Althammer, dem mit dem Konzept betrauten Geschäftsführer der Ingenieurgesellschaft SAK, weitere Impulse für die Erschließung mit auf den Weg zu geben. Etwa, ob sich ein Fußweg komplett abtrennen ließe, wie Georg Linsinger (UBI) vorschlug, oder ob Ausweichbuchten und andere bauliche Maßnahmen Gefahrstellen abmildern könnten. Auch Vorfahrtsregelungen oder die Widmung als Spiel- oder verkehrsberuhigte Straße wurden eingeworfen, ebenso wie die Frage, ob eine intelligente Ampelschaltung helfen könnte - obwohl eine knappe Mehrheit der Gemeinderäte letztlich signalisierte, dort eine Lösung ohne Ampel zu favorisieren.

Althammer hatte in seinem Entwurf bisher nur versucht, den bestehenden Verlauf des Isarwegs auf die nötigen Maße auszuweiten. "Das Ziel sind 5,50 Meter Fahrbahnbreite", sagte er. Denn bei dieser Breite könnten sich ein Lastkraftwagen und ein Auto mit ausreichend Abstand begegnen. Doch dieses gewünschte Ausmaß sei auf dem Isarweg nicht überall erreichbar. An der Ickinger Kirche vorbei etwa seien maximal 4,50 Meter möglich, denn auf der einen Seite begrenze die Kirchenmauer die Trasse, auf der anderen private Garagenzufahrten. Auch dort, wo bisher Längsparkplätze angelegt seien, sei die gewünschte Breite nicht erreichbar. Zudem sei der Bewuchs möglicherweise nicht überall zu entfernen, etwa, wenn es sich um schützenswerte Bäume handle. Die anliegenden Grundstücke wiederum seien in privater Hand und nicht zu bekommen, erklärte Althammer die Zwangslagen. Weil es folglich an der Möglichkeit mangle, die Breite durchgehend zu bauen, müsste man über einen "Mischbetrieb" auf der Straße nachdenken - also dass sich Fußgänger und Mobilisten den Raum teilten. Ein eigener Schutzstreifen für Fußgänger oder Radfahrer bräuchte mindestens 1,25 Meter - "das geht auf keinen Fall, zumindest nicht richtlinienkonform", sagte Althammer. Zu den Erwartungen der Gemeinderäte erklärte er: "Wir müssen mit den Gegebenheiten leben. Die Einwände sind berechtigt, aber schwierig zu lösen". Dennoch: Er nimmt nun die Ideen der Ickinger Gremiumsmitglieder mit für einen neuen Entwurf.

© SZ vom 01.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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