Flucht und Migration:Die Suche nach Sicherheit

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Der Ickinger Ortsteil Schlederloh ist verkehrstechnisch abgehängt und es gibt keinerlei Einkaufsmöglichkeiten. Weil dort aber eine Geflüchtetenunterkunft geplant ist, haben sich Bürgerinnen und Bürger ans Rathaus gewandt. (Foto: Hartmut Pöstges)

Ein privater Bauwerber will im Ickinger Ortsteil Schlederloh einen zweistöckigen Container aufstellen und mit Flüchtlingen belegen. Bürger zweifeln an der Standorteignung - und dem Gemeinderat fehlen Informationen.

Von Susanne Hauck, Icking

Der Bauantrag für ein "Flüchtlingslager" im kleinen Ickinger Ortsteil Schlederloh führt in der Gemeinde zu Unruhe und Bedenken. In der Folge waren in der Sitzung am Montag die Plätze für Zuhörer im Rathaus dicht besetzt, als sich die Gremiumsmitglieder mit dem Antrag auf Vorbescheid befassten. Die Bürgerinnen und Bürger mussten indes nicht lange zuhören. Nach wenigen Minuten schon erfolgte die einstimmige Ablehnung. Das ist allerdings nicht schon das endgültige Aus für das Projekt, die Entscheidung ist nicht in Stein gemeißelt. Die vorliegenden Informationen waren den Gemeinderäten schlicht zu dürftig und zu wenig präzise, weshalb dem Gremium nichts anderes übrig blieb, als das Ganze zurückzuweisen.

Die Gemeinde Icking habe mit dem Vorhaben bislang nichts zu tun gehabt, stellte Bürgermeisterin Verena Reithmann (Unabhängige Bürgerliste Icking) klar. "Wir wissen nur das wenige, was der Bauwerber uns mitgegeben hat." Der Privatmann will einen zweistöckigen Container an der Münchner Straße 6 hochziehen, um darin Flüchtlinge unterzubringen. Es handelt sich dabei um ein Grundstück bei der südlichen Zufahrt nach Schlederloh, das an das nahe der B 11 befindliche alleinstehende Gebäude angrenzt.

Im Rathaus ging sehr viel Post ein

In Schlederloh schlugen die Wellen bereits vor der Sitzung hoch. Es sei viel Post im Rathaus eingegangen, berichtete Reithmann, besorgte Anwohner hätten ihre Bedenken hinsichtlich des isolierten Standorts angemeldet. Der kleine Ortsteil, der nur aus ein paar Häusern besteht, ist verkehrstechnisch abgehängt und es gibt keinerlei Einkaufsmöglichkeiten. Eine Integration sei dort schwer vorstellbar, schrieben die Anwohner. Dass, wie behauptet, in der geplanten Unterkunft 40 Menschen untergebracht werden sollen, wies die Bürgermeisterin indes zurück. "Uns ist keine Zahl bekannt."

"Wir können den Bedarf an Unterkünften im nächsten halben Jahr nicht decken."

Reithmann machte aber auch klar, dass der Bauwerber grundsätzlich ein Anrecht dafür habe. Dem Gesetzbuch nach können auch Grundstücke im Außenbereich mit Wohngebäuden für Asylbewerber bebaut werden, da das Vorhaben privilegiert ist. Zudem seien die dezentralen Unterbringungsmöglichkeiten in der Gemeinde, die nach Verteilungsschlüssel 40 Menschen aufnehmen muss, erschöpft. "Wir können den Bedarf an Unterkünften im nächsten halben Jahr nicht decken", warnte Reithmann. In jedem Fall würden die Stellungnahmen der Schlederloher Anlieger zur Standortfrage berücksichtigt, versprach sie.

"Es gibt eine große Unsicherheit."

Für Vigdis Nipperdey (Ickinger Initiative) hatte das Ganze schon jetzt weder Hand noch Fuß. "Das Grundstück erscheint mir viel zu klein dafür", meldete sie ihre Bedenken an. "Die zweistöckige Containeranlage steht in keinem Verhältnis zum benachbarten Wohnhaus." Verständnis für die Bedenken zeigte Claudia Roederstein (UBI). "Es gibt eine große Unsicherheit", sagte sie. Da in der Gemeinde Icking im nächsten Jahr mehrere Liegenschaften vom Landratsamt belegt werden sollen, wie es heißt, machte sie den betroffenen Nachbarn ein Gesprächsangebot. Es sei jetzt wichtig, der Bevölkerung "ein Stück Sicherheit" zu geben, so Roederstein.

Die Pläne in Schlederloh erinnern an ein Vorhaben zur Zeit der ersten großen Flüchtlingswelle vor acht Jahren. Ein privater Investor wollte damals das sogenannte Maisfeld in Dorfen pachten, um eine Unterkunft für insgesamt 48 Menschen zu errichten. Die Gemeinde brauchte damals händeringend mehr Unterbringungsmöglichkeiten, schließlich war bereits die Turnhalle des Gymnasiums mit Flüchtlingen belegt. Dass das Vorhaben ad acta gelegt wurde, lag aber nicht daran, dass die Anwohner damals Sturm liefen, sondern dass andere Möglichkeiten gefunden wurden und der Flüchtlingsstrom damals abebbte. Das gemeindeeigene Grundstück steht mittlerweile nicht mehr zur Verfügung. Dort soll ein Handwerkerhof entstehen.

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