Hotel-Projekt:Streit um den Bichler Hof

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Bei einer Informationsveranstaltung in Bad Tölz zum Projekt werden Vorwürfe laut, die Stadt komme dem Investor zu sehr entgegen.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Seit die Stadt vor fünf Jahren die "Neue Tölzer Hotelkultur" auf den Weg gebracht hat, war es ihr stiller Traum, dass so etwas einmal passiert: Ein Investor, noch dazu ein Tölzer, baut ein neues Hotel. 80 Betten, ein Restaurant, Chalets, Sauna, Pferdestall, Schwimmteich. All dies will Hubert Hörmann auf dem 22 Hektar großen Areal des Bichler Hofs in Oberfischbach verwirklichen. Um das Projekt mitzufinanzieren, plant er 18 Doppelhaushälften. Aber das Vorhaben erregt Unmut in Bad Tölz. Der Verdacht steht im Raum, dass die Stadt ihr Konzept einer "Sozialorientierten Bodennutzung" (SoBoN) eigens wegen des Hotels am Bichler Hof in eine "Zukunftsorientierte Bodennutzung" (ZoBoN) umgewandelt und damit quasi eine "Lex Hörmann" geschaffen hat. Dies wies Bürgermeister Josef Janker bei einem Informationsabend am Montag im Gasthof Kolberbräu zurück. Das Projekt, sagte er, habe "keinen Einfluss auf die ZoBoN".

Janker argumentierte mit der Chronologie der Ereignisse. In der Stadtratsklausur im Mai 2015 regte Jürgen Renner (SPD) ein Rahmenkonzept mit dem vorläufigen Titel "Wohnen und Arbeiten in Bad Tölz" an. Damit befasste sich eine Arbeitsgruppe, der neben Renner auch die Stadträte Franz Mayer-Schwendner (Grüne), Ludwig Janker (CSU), Michael Lindmair (FWG) und Bauamtsleiter Christian Fürstberger angehörten. Die endgültige Fassung des Konzepts legte Fürstberger am 28. Dezember den Mitgliedern der Arbeitsgruppe zur Prüfung vor. Der Stadtrat beschloss die ZoBoN am 26. Januar. "Ohne Widerspruch der Arbeitsgruppe, ohne Ergänzung und Änderung", wie Janker hervorhob. Das geplante Hotel am Bichler Hof sei weder thematisiert noch diskutiert worden. Die Stadt erfuhr von dem Projekt am 11. Dezember bei einem Ortstermin. Dabei habe Hörmann erläutert, wie er das ehemalige Eon-Haus sanieren und in ein Hotel umbauen wolle, so Janker. "Wir waren begeistert, dass jemand investiert, noch dazu in den Tourismus, wo wir im Moment schwach sind."

Mayer-Schwendner stellte den Ablauf anders dar. Die ZoBoN habe bis zum 28. Dezember noch SoBoN geheißen, sagte er. Von den Plänen für den Bichler Hof wusste nach seinen Worten zu dieser Zeit nur die Stadt, nicht aber der Stadtrat. Er selbst habe davon erst bei der Stadtratsklausur im März erfahren, sagte er. "Ich hätte sonst so nicht zugestimmt." Dem widersprach Janker. Was Hörmann vorhabe, sei Mitte Dezember bekannt geworden - durch einen Artikel in der Lokalpresse. Das wiederum wollte Mayer-Schwendner so nicht stehen lassen. Darin sei vom Hotel, nicht aber vom Wohnbau die Rede gewesen, erwiderte er.

Für den Grünen-Stadtrat kommt die Kommune dem Investor arg weit entgegen. Alleine durch die Ausweisung des Areals am Bichler Hof als Bauland steige der Quadratmeterpreis von zehn Euro für die grüne Wiese auf 500 bis 550 Euro, sagte er. Der Bauwerber dürfe dieses Geld behalten. Überdies ist Mayer-Schwendner der vorgesehene Wohnbau zu voluminös. Für 100 Betten - 80 im Hotel, 20 in den Chalets - würden 1,35 Hektar zugestanden. Zum Vergleich: Die Firma Arcus, die zwei Sterne-Hotels am geplanten Spa "Natura Tölz" errichten möchte, erhalte für die "Serviced Appartements" zur Querfinanzierung bloß 0,45 Hektar. Überhaupt benötigt die Stadt nach seinem Dafürhalten die ZoBoN nicht für das Projekt in Oberfischbach. Von einem neuen Planungsgebiet könne die Stadt ein Drittel kaufen, um ein soziales Ziel zu verfolgen, oder diese Aufgabe samt Fläche dem Investor übertragen, sagte er. Dies sei an der Kohlstattstraße passiert: Die Stadt gab der Lenggrieser Baugenossenschaft günstigen Grund, im Gegenzug erhält sie ein Belegungsrecht und kann die Wohnungen zu preiswerten Mieten anbieten. "Etwas Anderes war nie angedacht." Von den 30 Zuhörern meldete sich Thomas Höder zu Wort. Er rechnete vor, dass der Bau einer Doppelhaushälfte 200 000 Euro koste, der Verkaufspreis bei 700 000 Euro liege. Damit verblieben neun Millionen Euro Gewinn. Janker mochte das nicht kommentieren: "Es gibt noch keine Zahlen." Mayer-Schwendner erklärte, dass der Investor zwei Drittel aus dem Erlös der Querfinanzierung ins Hotel stecken müsse, ein Drittel behalten dürfe. Das bezeichnete Bauamtsleiter Fürstberger als verkehrt. "Nach Steuern muss er den Gewinn komplett ins Hotel stecken." Auf Höders Verdacht hin, es gehe in erster Linie um den Wohnbau und nicht ums Hotel, erwiderte der Bauamtsleiter, dass der Bauwerber die Ernsthaftigkeit seiner Hotelpläne hinreichend nachweisen müsse. Vorher werde kein Bebauungsplan aufgestellt.

Zuvor muss jedoch der Flächennutzungsplan geändert werden, in dem das Areal als besonders wertvolles Gebiet deklariert ist. Ob das Projekt wirklich draußen auf der Wiese entstehen müsse, fragten Anselm von Huene und Diana Meßmer von der Kreisgruppe des Bundes Naturschutz. Janker betonte, dass das Gelände nun mal dem Investor gehört. Huene wollte auch wissen, wie sich die Stadt absichere, damit aus dem Hotel - falls es nach zwei Jahren unrentabel sei - nicht ein Wohnhaus entstehe. Das sei fast unmöglich, da die Grundrisse dafür nicht stimmten, so Janker. Melchior Sappl ist die Zahl der Doppelhäuser zu hoch, die für ihn auch falsch situiert sind. "Die Frage ist, machen wir uns für die Zukunft nicht zu viel kaputt?" Janker zufolge sind in Tölz, wo es um die 300 Wohnungen mit günstigen Mieten gebe, auch Domizile für Gutverdienende nötig. Davon profitiere die Stadt, die viel weniger aus der Einkommenssteuer erhalte als Wolfratshausen. Waltraud Haase bezweifelte dies. Sie vermutet, dass in die neuen Häuser vor allem Senioren einziehen.

© SZ vom 28.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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