CSU: Guttenberg bei Stoiber:Ein Strudel macht noch keinen Kanzler

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Angela Merkel kam zum Frühstück, Gerhard Schröder zur Brotzeit. Jetzt besuchte Karl-Theodor zu Guttenberg Stoiber in Wolfratshausen - und befeuert die Spekulationen.

M. Köpf

Am Ende erheben sich die gut 800 Zuhörer in der Loisachhalle noch vor der Bayern- und der Deutschlandhymne von ihren Plätzen: Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat mit seiner 50-minütigen Rede das getan, was sich seine Parteifreunde vom CSU-Kreisverband BadTölz-Wolfratshausen erhofft und erwartet haben - nämlich ihren Neujahrsempfang 2011 am frühen Donnerstagabend zu einem christsozialen Ereignis gemacht.

Karl-Theodor zu Guttenberg zu Gast bei Karin und Edmund Stoiber. "Wir haben bis jetzt gefrühstückt", scherzt Guttenberg in Anspielung auf den Besuch von Angela Merkel bei den Stoibers im Jahr 2002. (Foto: N/A)

Mehrere Male von Applaus unterbrochen mahnt der aktuelle Liebling der Partei in so freier wie druckreifer Rede zu einem "Bekenntnis zu den Wurzeln des christlich-jüdischen Abendlands" und betont wiederholt "den Wert der eigenen Kultur und der gewachsenen Traditionen". Spekulationen über eine noch bedeutendere Rolle, die er künftig in der CSU spielen könnte, versucht Guttenberg mit Scherzen vom Tisch zu wischen.

Den Verdacht, dass der Bundesminister hinter den Kulissen weiter an seiner Karriere arbeite, hatte in der Öffentlichkeit sein erster Termin in Wolfratshausen befeuert: Um 17 Uhr fuhr seine Limousine in der Gartenstraße vor der Doppelhaushäfte der Familie Stoiber vor. Die war einst Schauplatz der "Wolfratshauser Brotzeit" der beiden ehemaligen Politrivalen Edmund Stoiber und Gerhard Schröder, vor allem aber des berühmten "Wolfratshauser Frühstücks", in dessen Verlauf sich Stoiber und Angela Merkel im Jahr 2002 auf die letztlich erfolglose Kanzlerkandidatur des damaligen CSU-Chefs geeinigt hatten. "Wir haben bis jetzt gefrühstückt", scherzt Guttenberg, nachdem ihn CSU-Kreisvorsitzender Martin Bachhuber, Ortsverbandsvorsitzender Peter Plößl und Bürgermeister Helmut Forster eine gute halbe Stunde später in der Loisachhalle begrüßt haben.

Vor der Halle hatte die Wolfratshauser Gebirgsschützenkompanie samt ihrem Spielmannszug trotz strömenden Regens in einer Stärke Aufstellung genommen, an die sich auch erfahrene Beobachter nicht erinnern können. Ähnlich war es zuvor der CSU ergangen, die zu ihrem Neujahrsempfang eine ungeahnte Zahl von Zusagen erhalten hatte. Das befürchtete Chaos rund um die Loisachhalle blieb jedoch dank eines vorverlegten Einlasses weitgehend aus.

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Nach dem zweimaligen Abschreiten des Schützenspaliers, das der darin bestens geübte Verteidigungsminister im Vergleich zu seine Begleitern bei weitem am elegantesten meisterte, folgen drei Salutsalven, die obligatorische Runde Schnaps und der Einzug in die Halle zu den Klängen der Stadtkapelle, bei dem auch der ehemalige Ministerpräsident Stoiber einmal wieder den Bayerischen Defiliermarsch zu hören bekommt. Nach Grußworten von Plößl, Forster und Bachhuber, der den Minister mit einem vertrauten "Du" anspricht, zieht dieser schon mit den ersten Worten das Publikum auf seine Seite und schmeichelt "Wolfratshausen, der Flößerstadt" angesichts eines just in diesem Augenblick servierten Weißbiers wegen ihrer Gastlichkeit.

Ferner lobt Guttenberg im gut gelaunten Beginn seiner Rede unter anderem Bachhuber, die abwesende CSU-Wahlkreisabgeordnete und Kabinettskollegin Ilse Aigner, den CSU-Kreisverband, Edmund Stoiber sowie den Apfelstrudel von dessen Ehefrau Karin. "Mir wird das Bild der beiden Bürgermeister an dieser Treppe unvergessen bleiben", spielt Guttenberg auf Rangierprobleme von Helmut Forster und dessen Stellvertreter Plößl am Bühnenaufgang an und bringt auch damit den Saal zum Lachen.

Mit großem Ernst und Nachdruck spricht der Verteidigungsminister dagegen über den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan. Dessen Ziel könne nicht eine Musterdemokratie nach deutschem Vorbild sein, sagt Guttenberg und mahnt in dieser wie in allen anderen Debatten zum Realismus und zu unbedingter Ehrlichkeit, unabhängig von allen Wahlterminen. "Eine der größten Sorgen, die ich derzeit habe", nennt Guttenberg die demografische Entwicklung, die Deutschland zwingen werde, sich mit dem Thema Zuwanderung zu beschäftigen. Und eben dies gelinge am besten, wenn man den Wert der eigenen Kultur zu würdigen wisse, schließt er den rhetorischen Kreis.

An die spezielle Kultur der Flößerstadt Wolfratshausen könnte ihn in Zukunft ein Floßmodell erinnern, das ihm Bachhuber zum Abschied überreicht. Die Stadt ihrerseits hat nun auch Guttenberg in ihrem Goldenen Buch stehen.

© SZ vom 14.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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