Geretsrieder Sportvereine:Exodus der Passiven

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In Geretsried steigen die städtischen Hallengebühren und schlagen auf die Mitgliedsbeiträge durch. Jetzt laufen den Sportvereinen die zahlenden Mitglieder davon.

Bernhard Lohr

In den Geretsrieder Sportvereinen rumort es. Mittlerweile wird immer deutlicher, wie sich die neuen Nutzungsgebühren für Sportanlagen, Turnhallen und auch für das Isarau-Gebäude auf sie auswirken. Fast in jedem Verein wird über Beitragserhöhungen diskutiert, der FC Geretsried, der Tauchsportclub, der Ortsverband der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) sowie einige Abteilungen des TuS Geretsried haben sie bereits beschlossen. In der Folge haben sich vor allem passive Mitglieder scharenweise von den Vereinen verabschiedet. Alleine der TuS verlor im zurückliegenden Jahr 200 Mitglieder. Das sind rund zehn Prozent.

Gerade Hallensportler wie die TuS-Handballerinnen sehen sich von der Stadt Geretsried mit den neuen Nutzungsgebühren blockiert. Sie wollen sich nun nachträglich gegen den Ratsbeschluss vom Dezember durchsetzen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Nach monatelanger Diskussion und dem Stadtratsbeschluss über die neue Gebührensatzung vom Dezember schien die Angelegenheit politisch erledigt. Doch die Verantwortlichen müssen das jetzt in ihren Vereinen umsetzen und kommen dabei um Grausamkeiten nicht herum. Der FC Geretsried hat die Beiträge für Erwachsene um 13 Euro erhöht, die DLRG um zehn Euro.

In fast jedem Verein wird eine Erhöhung um rund zehn Prozent erwartet, zudem werden die Trainingszeiten oft drastisch verringert. Die Interessengemeinschaft der Geretsrieder Sportvereine (IGS) hat für ihre elf Mitgliedsclubs aufgelistet, dass diese zusammen rund 60000 Euro an Mehrbelastung im Jahr erwarten, wobei die Vereine im Gegenzug durch die ebenfalls neu geregelte Jugendförderung mit rund 45000 Euro profitieren. Letzteres gilt freilich nicht für jeden Verein im gleichen Maß. IGS-Sprecher Dietmar Garreis sieht besondere Härten zum Beispiel bei den Rehasportfreunden Geretsried, die die Hallen intensiv nutzten, aber kaum Jugendliche in ihren Reihen hätten. 1500 Euro mehr hätten sie so zu tragen.

Die Nutzungsgebühren wurden schon einmal als "TuS-Steuer" bezeichnet, weil der TuS Geretsried als größter Geretsrieder Verein von der Neuerung am stärksten betroffen ist. 35000 Euro Gebühren fallen für ihn neu an, weshalb die Abteilungen, die die Hallen intensiv nutzen, ihre Beiträge erhöht haben. Vorsitzender Stephan Heinle sagt, viele passive Mitglieder seien ausgetreten und hätten in Schreiben und E-Mails auch deutlich erklärt, dass sie sich wegen der höheren finanziellen Belastung dazu entschlossen haben.

Verschärfend kam beim TuS hinzu, dass der finanziell ohnehin angeschlagene Verein im Vorjahr von seinen Mitgliedern eine einmalige Umlage in Höhe von 50 Prozent des Jahresbeitrags erhoben hat. Und jetzt fehlen wieder die Beiträge der 200 ausgetretenen Mitglieder. "Es ist eine Abwärtsspirale eingeleitet worden", sagt Heinle. Er frage sich schon, ob dies von den Stadträten richtig durchdacht und "ob es das wert war".

Auch der Vorsitzende der Fußballfreunde Geretsried, Alexander Mittel, rechnet damit, dass sich demnächst vor allem passive Mitglieder vom Verein abwenden. Noch sei keine Beitragserhöhung beschlossen. Doch die werde sicher kommen. "Kündigungen werden nicht ausbleiben." Dabei trübt die Stimmung bei den Fußballfreunden zusätzlich, dass von der Stadt Mängel an der Sportanlage am Robert-Schumann-Weg trotz wiederholter Bitten nicht behoben werden. So berichtet Mittel, dass seit fast einem Jahr eine von zwei Herrentoiletten defekt sei. Über Wochen hätten die Fußballer außerdem kalt duschen müssen. Mittel fragt sich, wie er vor diesem Hintergrund höhere Mitgliedsbeiträge vermitteln soll.

Aus Sicht der Interessengemeinschaft wurde viel Porzellan zerschlagen. Sie sucht jetzt noch einmal das Gespräch mit der Stadtpolitik und tritt am Donnerstag beim politischen Stammtisch der Freien Wähler in der Gaststätte Isarwinkel auf. Auch beim CSU-Stammtisch Ende des Monats hat sich Garreis angemeldet, um die Folgen der neuen Gebühren deutlich zu machen. Er rechne schon damit, dass die Stadt bei nüchterner Bilanz zu dem Ergebnis kommen werde, die Gebühren wieder abzuschaffen, sagt er.

Derweil wächst die Befürchtung, die Stadt könnte den Vereinen auch noch anderer Stelle in die Tasche greifen. Kürzlich hat der städtische Bauhof dem FCGeretsried angekündigt, er würde 240 Euro in Rechnung stellen, wenn städtische Mitarbeiter Fußballtore von der Böhmwiese in die Gymnasiums-Turnhalle bringen. Am Ende ließ der FC dies für 90 Euro von einer Firma machen.

Andreas Wilfling vom Isartaler Laufclub fragt sich jetzt, ob auch er künftig für die Unterstützung durch den Bauhof zur Kasse gebeten wird. Ende April richtet er zum 27. Mal den Geretsrieder Stadtlauf aus. In der Vergangenheit habe es immer abwenden können, dass Bauhofleistungen gezahlt werden mussten. 67 Mitglieder zählt der Laufclub, Sponsoren gibt es kaum für das Laufereignis, das zuletzt für den Club als finanzielles Nullsummenspiel ausging.

Sollten mehrere hundert Euro zusätzlicher Kosten auf den Verein zukommen, werde der Lauf nicht mehr auszurichten sein, sagt Wilfling. Wie das in Zukunft gehandhabt wird, ist aber offenbar noch nicht letztgültig geklärt. Sportreferent Hans Hopfner (SPD) sagt jedenfalls, es sei ganz "üblich", dass der Bauhof Leistungen erstattet bekomme. In der Vergangenheit wurde aber das Geld offenbar aus Kulanz nicht eingefordert. Die Interessengemeinschaft setzt jetzt auf den Einsatz von Sportreferent Hopfner, dass das auch in Zukunft so bleibt.

© SZ vom 19.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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