Ein besonderes Gefährt für Geretsried:Geschichte auf vier Rädern

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Alkohol am Steuer? Keine Sorge, nur symbolisch wurde auf eine besondere Neuerwerbung angestoßen: Geretsried hat einen Alpenland-Traktor erworben. Bei der Vorstellung des Programms des Geretsrieder Waldsommers 2022 kam er erstmals zum Einsatz. Auf dem Bild (v.li.): Stephanie Dickel, Melanie Grossmann, Michael Müller, Hans Ketelhut, Peter Finsterwalder, Christian und Claudia Fahrenschon. (Foto: Hartmut Pöstges)

Geretsried hat einen Alpenland-Traktor erworben, der ein Zeitzeugnis der Stadtgeschichte und Nachkriegswirtschaft darstellt. Er soll künftig als rollendes Museums-Exponat zum Einsatz kommen.

Von Claudia Koestler, Geretsried

Das typische Knattern hat es bereits angekündigt, bevor sich die anwesenden Gäste die Augen reiben konnten: Geretsrieds Bürgermeister Michael Müller (CSU) nutzte jüngst die Gelegenheit einer Pressekonferenz zum Geretsrieder Waldsommer, um einen überraschenden Auftritt hinzulegen - und damit die Aufmerksamkeit auf die neueste Akquise der Stadt zu richten: einen Alpenland-Traktor. Der grüne Bulldog ist Ende der 1940er-Jahre oder Anfang der 1950er-Jahre in Geretsried gebaut worden und ist daher ein Zeitzeugnis der Nachkriegswirtschaft. Das Gefährt, das die Stadt für 5000 Euro plus Reparaturen erworben hat, soll nun als Museumsexponat dienen - und soll zugleich überall zu sehen sein, "wenn sich die Gelegenheit ergibt", sagte Müller, also beispielsweise bei Festen, Umzügen oder Märkten der Stadt. Seinen ersten offiziellen Einsatz wird das Gefährt beim Festzug zum Waldsommer am 29. Juli haben.

Das Angebot, den Alpenland-Traktor zu erwerben, kam von Wolfgang Hildebrand, einem ortsgeschichtskundigen Bürger und Oldtimer-Liebhaber, der von einem Bekannten von der Gelegenheit erfahren hatte. Inzwischen ist der original Geretsrieder Bulldog TÜV-geprüft und allgemein zugelassen.

Die Firma Alpenland geht zurück auf ein Unternehmen, das laut Pressesprecher Thomas Loibl bereits in den 1930er-Jahren von vier Brüdern Schröter in Wechmar/Thüringen betrieben wurde. Sie stellte luftbereifte Anhänger und Ackerwagen her. Nach dem Krieg gründete Kurt Schröter zuerst in Weyarn, ab 1945 in München eine Firma zur Herstellung und Vertrieb von Spezialfahrzeugen. Diese verlegte er 1948 nach Geretsried, in das Gebäude DAG Nr. 511, 512, 637 und benannte sie in "Fahrzeugbau Alpenland" um.

Kurt Schröter, der technische Kopf der Firma, widmete sich sehr intensiv der Motorisierung der Landwirtschaft. Er entwickelte eine Vielzahl unterschiedlicher Schlepperkonzepte, die vor allem auf Geländegängigkeit für Anhänger und Traktor abzielten. In Spitzenzeiten beschäftigte die Firma bis zu 130 Mitarbeiter. Ein Schlepper kostete, je nach Auslastung 1200 D-Mark bis 1300 D-Mark. In der Zeit von Mitte 1948 bis Ende 1952 wurden 733 Traktoren verschiedenen Typs und Ausstattung hergestellt. Ende 1952 wurde auf Grund der Liquidation die Herstellung der Alpenland-Traktoren und Anhänger eingestellt.

Noch eine direkte Verbindung gibt es zwischen Stadt und Traktor: Im Juni 1950 fand in der Werkshalle 511 von Alpenland die Gemeindegründung von Geretsried im Beisein des bayerischen Wirtschaftsministers und späteren Ministerpräsidenten Hanns Seidel statt.

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