Geretsried:Istanbul im Egerland

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Doraden, Wolfsbarsch, Sardinen: Jeden Dienstag und Donnerstag wird in dem Supermarkt frischer Fisch angeliefert. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Im neuen Stadtzentrum, neben Schmid-Bäck und Isar-Kaufhaus, hat ein Supermarkt eröffnet, in dem die syrischen Brüder Schaker und Mohamed Hafsergawi mediterrane Frische anbieten wollen.

Von Felicitas Amler, Geretsried

Oliven als Meterware? Natürlich nicht - aber meterweise Oliven, die finden sich im neuen Geretsrieder Supermarkt mit dem Namen "Istanbul". Ganze Regalfluchten sind dort mit schwarzen und grünen Oliven gefüllt, mit solchen aus Italien, Griechenland oder der Türkei, großen und kleinen, im Glas, in der Dose, getrocknet, in Öl ... Und einmal ums Eck, da steht noch eine Extra-Platzierung mit Oliven im 800-Gramm-Glas. Für Großversorger? Ja, sagt Supermarkt-Betreiber Schaker Hafsergawi, in einem Markt wie diesem kauften viele Familien ein, große Familien, fünf Personen seien das Mindeste, und da brauche es schon große Angebote.

Die beiden Syrer Schaker Hafsergawi, 40, und sein Bruder Mohamed, 45, haben genau dort, wo Geretsried gerade sein Stadtzentrum entwickelt, einen Supermarkt eröffnet. An der Egerlandstraße, neben Isar-Kaufhaus und Schmid-Bäck, gegenüber dem neuen Wohn- und Geschäftskomplex der Baugenossenschaft. "Istanbul" heiße er, weil das eine internationale Stadt sei, sagt Schaker Hafsergawi.

Die Brüder Schaker (links) und Mohamed Hafsergawi bauen ihren Supermarkt noch auf. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Das Sortiment aber sei keineswegs rein türkisch, sondern mediterran. In all den Regionen rund ums Mittelmeer, in Griechenland, der Türkei, auf dem Balkan und in Süditalien, würden dieselben Lebensmittel gegessen. Türkische Produkte hätten den Vorteil, dass sie europäischen Standards entsprächen, dazu schön verpackt seien und mit Haltbarkeitsdatum versehen. "Meine Geschäftsidee ist das Mediterrane, immer frisch, das kommt gut an, schmeckt gut und erinnert die Kunden an ihren Urlaub."

Manche dieser Kunden schwärmen schon jetzt, etwa zwei Monate nach der Eröffnung des Marktes, von der Frische, die sowohl in der Obst- und Gemüseabteilung als auch bei Fisch und Fleisch geboten werde. Auch hier präsentieren die Brüder eine erstaunliche Fülle. Auf Eis liegen Oktopus, Doraden, Makrelen, Wolfsbarsch und Sardinen aus - keine Filets, alles ganz und prall. Daneben die Fleischtheke mit Lammkeule, -haxe, -schulter, -hals, Kalb, Geflügel, Innereien. "Halal-Fleisch", das ist den Betreibern wichtig zu betonen, also nach islamischer Kultur "erlaubt". Schweinefleisch findet sich natürlich nicht in dem Geschäft, dafür ebenfalls beeindruckend lange Kühl- und Tiefkühltheken mit verpackten Geflügel- und Rinder-Wurstwaren, Bratwürsten, Kebap, Burgern, Cevapcici, mal mit lateinischen Buchstaben beschriftet, mal mit kyrillischen.

Dreimal die Woche führen sie auf den Großmarkt in München, erklärt Schaker Hafsergawi, dreimal werde Fleisch gekühlt - "nicht gefroren" - angeliefert, dazu immer dienstags und donnerstags frischer Fisch. Die "Hauptkundschaft", so sagt er, seien Menschen, die aus dem Kosovo, aus Bosnien und Albanien stammten; auch Türken - aber die gebe es in Bad Tölz in größerer Zahl als in Geretsried. Unter den deutschen Kunden seien nicht wenige Ältere, die nicht mehr weit gehen können und die alle sagten: "Wir möchten unbedingt, dass hier ein Supermarkt bleibt."

Der Vorgängermarkt ist nämlich nicht geblieben. Rewe hat den Standort im Frühjahr aufgegeben. Das Geschäft mit seinen knapp 50 0 Quadratmetern entspreche "leider nicht mehr den zeitgemäßen Ansprüchen und Anforderungen an einen modernen Supermarkt", hieß es. Ob die Schließung auch etwas mit der neuen Konkurrenz des Edeka-Verbrauchermarkts auf dem Karl-Lederer-Platz zu tun hatte, beantwortete Rewe nicht. Edeka hat sich mit einer Verkaufsfläche von 1750 Quadratmetern im sogenannten "Puls G" mit einem laut Unternehmen "klassischen Vollsortimenter" niedergelassen. Zusätzlich wird im näheren Umgriff, in der neuen Wohn- und Geschäftszeile der Baugenossenschaft an der Egerlandstraße, ein Aldi einziehen.

Für die Brüder Hafsergawi ist der Standort keineswegs zu klein. Vielmehr biete er etwa die dreifache Fläche des Ladens, den sie zuvor an der Egerlandstraße 69 betrieben hatten. "Das Geschäft war zu klein für unsere Ideen", sagt Schaker Hafsergawi. Denn seine Vorstellung sei kein arabischer Tante-Emma-Laden. "Ich will einen Supermarkt", sagt er. Und tatsächlich reicht das Sortiment im "Istanbul" von Frische- bis zu Non-Food-Produkten wie orientalischen Teegläsern, Besteck und - selbstverständlich auffallend großen - Pfannen.

Das Mediterrane zeige sich in ihrem Markt nicht zuletzt in der Obst- und Gemüseabteilung, sagen die Brüder aus Aleppo. Der Münchner Großmarkt arbeite mit dem Großmarkt in Verona zusammen, und dieser 550 000 Quadratmeter große Veronamercato sei die Drehscheibe für südländisches Obst und Gemüse. "Wir haben immer türkische Gurken, italienische und türkische Tomaten, sizilianische Trauben" - da klingt der Geschäftsmann selbst ein wenig schwärmerisch. Seine Familie in Syrien - eine große Familie -, das seien immer Geschäftsleute gewesen, sagt Schaker Hafsergawi. Er selbst sei ursprünglich zum Studieren nach Deutschland gekommen und habe als IT-Informatiker gearbeitet. Über die Entwicklung des Supermarkts, den er sich sogar als Beginn einer Kette "Istanbul" vorstellen kann, sagt er nicht viel. Etwa sechs Personen arbeiteten mit, alles sei aber auch noch im Aufbau: "Ich bin zufrieden."

www.istanbul-supermarkt-geretsried.de

© SZ vom 30.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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