In Geretsried:Schönheitskur für Schandfleck

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Viel Asphalt, wenig Aufenthaltsqualität. Die Sudetenstraße wirkt nicht einladend, das soll sich ändern. (Foto: Manfred Neubauer)

Die Sudetenstraße soll mit Hilfe der Isek saniert werden - aber die Eigentümer müssen mitziehen.

Von Susanne Hauck, Geretsried

Die ewig lange Sudetenstraße mit ihrem wilden Durcheinander an Gewerbe, Wohnhäusern und Brachflächen ist nicht gerade ein Aushängeschild für die Stadt Geretsried. "Es gibt dort eine Abwärtsentwicklung ", stellte ihr Stadtplaner Rafael Stegen vom Münchner Büro Salm und Stegen ein schlechtes Zeugnis aus. Der Planer lieferte jüngst im Stadtrat eine erste Bestandsaufnahme. Denn die Stadt will das Stadtviertel sanieren.

Der Gesetzgeber gibt den Kommunen die Möglichkeit, mit Hilfe der Städtebauförderung im Rahmen des Isek-Programms (Integrierte städtebauliche Entwicklungskonzepte) Missstände zu beheben. Am Anfang steht eine Evaluierung als Planungsgrundlage. Die schlechten Noten gibt es für folgende Punkte: Am schlimmsten sind die vielen Autos. "Die Sudetenstraße ist ein Raum, der von dem und für den Verkehr geprägt ist", sagte Stegen. Außerdem gebe es zu viel Versiegelung, ein "unruhiges Erscheinungsbild", sprich Kraut und Rüben bei der Wegepflasterung und bei den Hausfassaden, viele Barrieren und Stolperfallen wie Stromkästen entlang der Straße ("da steht zu viel rum"). Besonders an ihrem südlichen Ende zeigt die Sudetenstraße weiteren Wildwuchs in Form eines "Ausfransens" im Bereich der Autohäuser, dort sei der Raum überhaupt nicht gefasst, so der Stadtplaner. Das finden auch die Bürger, die sich dringend eine Verkehrsberuhigung und attraktivere Aufenthaltsorte wünschen. Die aber auch Angst vor einer Gentrifizierung haben, wie sich bei der Befragung herausstellte.

Der Stadtplaner sieht durchaus Potenzial für die Sudetenstraße: Vor allem weil es dort genügend Platz gibt, aus dem Viertel etwas zu machen, womöglich gar etwas mit "Boulevardcharakter", wie es in der Präsentation hieß. Was noch zur Verbesserung führen könnte: Tempo 30, kleine Grünzonen, die neuerdings "Pocket Parks" heißen, ein barrierefreier Ausbau und eine Neugestaltung der Kreuzung Sudetenstraße/Richard-Wagner-Straße und Am Stern.

Die Stadt muss Anreize für die Anwohner schaffen

Crux beim Isek-Konzept ist, dass private Eigentümer ins Boot geholt werden müssen. Sie dazu zu bewegen, sich um die optische Aufwertung ihrer in die Jahre gekommenen Gebäude zu kümmern, ist in diesem Verfahren die größte Herausforderung. "Es geht aber darum, nicht mit Fingern auf einzelne bröckelnde Fassaden zu zeigen, sondern insgesamt die Augen aufzumachen", sagte Stegen. Grundsätzlich gilt, dass Eigentümer unter Umständen Fördermittel erhalten, wenn sie ihre Häuser verschönern wollen. Es gibt aber auch andere Anreize. Manch einer würde mitziehen, wenn der Nachbar links und rechts saniere, so Stegen. Die Erfahrung zeige jedoch, dass man keinen zwingen könne: "Das ist ein richtiger Häuserkampf." Die "eine oder andere Ruine" werde sicher übrigbleiben, schon weil die Eigentümerstruktur sehr heterogen und damit problematisch sei. Mancher Eigentümer lebe weit weg, etwa auf den Philippinen. "Dem ist egal, was in der Sudetenstraße passiert."

In der anschließenden Diskussion gab es Sorgen um den Ausverkauf der Sudetenstraße, etwa dass die "bekannte große Baufirma mit der Abrissbirne kommt", wie Elmar Immertreu (Geretsrieder Liste) warnte. Bürgermeister Michael Müller (CSU) hingegen erinnerte daran, dass rein optische Kosmetik wenig bringen werde. Die Erfahrung habe gezeigt, dass die Dinge etwa am Karl-Lederer-Platz erst mit neuem Baurecht in Gang gekommen seien. Mit optischer Kosmetik für bessere Aufenthaltsqualität sei es nicht getan. "Das hat man beim Bachlauf gesehen, der hat nicht gezündet."

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