Im Porträt:Spezialistin für Alte Musik

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Dem Fagott entlockt Sanne Voss herrlich tiefe Töne. (Foto: Hartmut Pöstges)

Sanne Voss ist neue Leiterin der Musikschule Geretsried.

Sanne Voss öffnet den Schrank in ihrem Unterrichtszimmer, holt ein Fagott heraus und baut es zusammen. Es fehlt nur noch das Mundstück, dann bläst sie hinein und erzeugt einen herrlich sonoren Ton. Seit Beginn des Schuljahrs leitet die gebürtige Niederländerin die Musikschule Geretsried. Eine Unbekannte ist sie in dem Institut an der Adalbert-Stifter-Straße nicht, denn seit fünf Jahren hat sie hier bereits Fagott und Blockflöte unterrichtet.

"Die Blockflöte wird unterschätzt. Wenn man dieses Instrument lernt, kann man zwölf Instrumente spielen", sagt sie und lacht. An den Wänden hängen riesige Plakate mit unterschiedlichsten Flöten in allen Größen. Und da hängt auch ein Foto der im letzten Jahr verstorbenen Adriana Breukink, mit einem über sie hinausragenden Instrument. Sie war eine niederländische Blockflötistin und Holzblasinstrumenten-Bauerin, mit der Sanne Vos zusammen im Bassano Quartet gespielt hat. "Diese Traumflötenserie hat Adriana Breukink entwickelt", sagt Vos und deutet auf das Plakat. Voriges Jahr ist sie gestorben.

Die Musikschule Geretsried hat einen geschliffenen Diamanten als Leiterin: Sanne Vos ist Spezialistin für Alte Musik. Zwei Jahre studierte sie in Barcelona. "Dort gibt es eine hervorragende Musikhochschule für Alte Musik." Altes Notenmaterial wurde dort aufwendig restauriert, um die Musik früherer Zeit nicht zu vergessen. "Wenn man Fagott spielen will, muss man wissen, wie früher getanzt wurde", sagt sie. Viele Jahre reiste Vos durch die ganze Welt, um mit verschiedenen Ensembles Werke in historischer Aufführungspraxis zu spielen. Sie geht zu ihrem Schrank und holt ein nachgebautes Fagott heraus, wie es im 16. Jahrhundert gespielt wurde. "Dieses Instrument klingt wie zu Zeiten von Johann Sebastian Bach", erklärt sie. Es ist zwar nachgebaut, doch kann man erkennen, wie sehr sich das Instrument über die Jahrhunderte weiterentwickelt hat. Der massive Holzkorpus hat lediglich Löcher. Klappen gab es damals noch nicht. "Ich unterrichte eine Schülerin auf diesem Instrument", sagt Vos.

Bevor sie nach Geretsried an die Musikschule kam, hatte sie bereits 17 Jahre in Utrecht unterrichtet. "Da habe ich die Schüler oft lange begleitet, und zwei davon sind auf die Musikhochschule gegangen", erzählt sie.

Was sie in Geretsried erreichen möchte, ist vor allem, viele Kinder für Musik zu begeistern: "Ich möchte, dass die Musikschule in zehn Jahren einen wichtigen Platz in der Gesellschaft hat." Erlangen wolle sie dies mit großen Projekten, etwa einem Musical und Projektwochen. Dabei steht der soziale Aspekt im Mittelpunkt. "Es wäre schön, wenn die Musikschule ein Ort wird, an dem sich Kinder und Erwachsene auch in der Freizeit treffen, um zusammen Musik zu spielen", sagt sie.

Das Angebot der Musikschule ist groß: 20 Instrumente kann man hier erlernen. Es gibt auch Leihinstrumente. "Wir haben drei große Ensembleräume, da passen bis zu 20 Kinder rein. Alle sind willkommen", so Vos. Besonders wichtig ist ihr die Früherziehung. Die Musikschule kooperiert mit Kindergärten und Schulen, das heißt, die Musiklehrer kommen auch in die Schulen, um dort zu unterrichten. Um die finanziellen Mittel muss sich die Musikschule jedes Jahr bemühen: "Glücklicherweise ist unser Bürgermeister ein Musikliebhaber", sagt Vos. Viele unbezahlte Stunden leisten sie und ihre Kolleginnen und Kollegen. Derzeit plant die Schule ein Musikcamp am Schliersee. "Wir erarbeiten in fünf Tagen ein Musical mit 80 Kindern."

www.musikschule-geretsried.de/

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