Chormusik:"Jeder bringt seine Färbung mit"

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Wie wird aus vielen Stimmen die eines Chores? Der Isura Madrigal Chor hat sich immer wieder gewandelt und entwickelt. Hier eine Aufnahme aus dem Jahr 2017. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Und dennoch soll ein homogener Klang entstehen. Johannes Buxbaum leitet seit 13 Jahren den Isura Madrigal Chor. Dieser hat unlängst kräftig Zuwachs bekommen. Was macht das mit einem Chor?

Interview von Stephanie Schwaderer, Geretsried

Es ist schon viel Wasser die Isar hinunter gerauscht, seit der Isura Madrigal Chor (IMC) aus der Taufe gehoben wurde. 1986 als kleines Ensemble gegründet, hat sich der Laienchor über die Jahre mit gehobenem A-cappella-Gesang einen Namen gemacht. Seit 2010 leitet der studierte Kirchenmusiker Johannes Buxbaum den IMC. Zwischen 35 und 45 Sängerinnen und Sänger aus dem Oberland und München treffen sich jede Woche in Geretsried zur Chorprobe. Seit einigen Wochen hat sich die Runde deutlich erweitert. Was macht das mit einem Chor?

SZ: Herr Buxbaum, angenommen, Sie reisten zu einem Chorwettbewerb mit zehn Laienchören. Würden Sie den IMC mit verbundenen Augen erkennen?

Johannes Buxbaum: Ja.

Woran?

Der Klang verändert sich natürlich mit den Jahren, aber jeder Chor hat seine ganz spezielle Färbung. Das beginnt bei Feinheiten, wie die Vokale zu singen sind, und geht hin bis zu einem grundlegenden Klangverständnis. Manche Chorleiter streben nach einem schlanken Klang, andere haben es gerne voller. Und natürlich hört man auch einzelne Stimmen oder gewisse Stimmgruppen heraus.

Klingt der IMC schlank?

Mein Ziel ist eher ein fülliger, runder, weicher Klang. Daran arbeiten wir.

Der Chor hat regen Zulauf, im September haben Sie gleich acht Neuzugänge bekommen. Freut man sich da als Chorleiter? Oder wirft es einen in der Arbeit zurück?

Das freut einen! In der Laien-Vereinsszene ist man immer dankbar für Zuwachs. Deshalb haben wir im September bei der "Woche der offenen Chöre" mitgemacht und auch selbst noch ein bisschen geworben. Wir konnten Verstärkung gebrauchen, gerade beim Sopran. So ein Chor altert ja auch, fluktuiert. Manche scheiden aus, weil sie wegziehen, andere fallen krankheitsbedingt länger aus.

Johannes Buxbaum hat den IMC 2010 übernommen. (Foto: privat/oh)

Vermutlich gehen nur Leute in einen Chor, die ihre Stimme mögen und von Herzen gerne singen. Könnte man sagen: Je ausgeprägter eine Stimme ist, desto schwerer lässt sie sich integrieren?

Nein, es ist eher so: Wer schon Vorerfahrung in Stimmbildung und der entsprechenden Körperarbeit hat, tut sich leichter damit, sich in einen Chorklang einzufügen. Schwieriger ist es mit Sängerinnen und Sängern, die noch eine sehr natürliche Stimme haben. Da dauert dieser Prozess etwas länger.

Wie funktioniert das grundsätzlich: Werden die neuen Stimmen in den IMC-Klang eingeschmirgelt - oder verändert sich der Gesamtklang?

Beides. Der Klang ändert sich durch die Anzahl der Sängerinnen und Sänger und durch ihren Ausbildungsstand. Als ich vor 13 Jahren angefangen habe, war der Klang noch leiser und etwas verhaltener. Jeder bringt seine Färbung mit, dann verändern sich Stimmgruppen, manche werden stärker, andere etwas inhomogener. Das sind Nuancen, an denen man immer wieder arbeitet.

Wo sind derzeit die größten Herausforderungen?

In der Stimmkultur, im sauberen Singen, in der Körperarbeit, beim Selber-Entdecken der Stimme. Da war Corona eine große Zäsur. Und auch die h-Moll-Messe, unser Großprojekt im vergangenen Jahr, hat seine Spuren hinterlassen. Jetzt konzentrieren wir uns wieder darauf, genau aufeinander zu hören, mit viel Technik zu singen und den Chorklang wieder auf Vordermann zu bringen.

Was genau hat Bachs h-Moll-Messe angerichtet?

Das Projekt hatte natürlich auch seine positiven Seiten. Aber dieses Oratorium ist ein sehr anstrengendes Werk mit großen langen Chor-Passagen. Mehr geht eigentlich nicht an Schwierigkeit für einen Laienchor. Das hat man danach schon gemerkt. Die Stimmen waren erschöpft und sind auch etwas inhomogener geworden. Wenn vorn ein Orchester sitzt, ist der Gesang nie so fein ausgehört, wie wenn man unter sich ist.

Mit Ihrem Weihnachtsprogramm "Mach dich auf, werde Licht" steuern Sie da bewusst dagegen?

Genau, wir singen wieder a cappella, und es geht um dieses Miteinander: möglichst als ein Chor, als eine Stimme auftreten.

Sie werden von Roswitha Schmelzl als Stimmbildnerin unterstützt. Sind Sie sich immer einig, wie es klingen soll?

Ja, wir sprechen uns natürlich ab, in welche Richtung es gehen soll. Und dann wird gemeinsam an diesen Zielen gefeilt.

Nach 13 Jahren IMC, was mögen Sie an dieser Arbeit?

Dass immer wieder tolle Momente entstehen. Das zeichnet diesen Chor aus. Natürlich ist es ein Laienchor und es gibt Phasen, die auch mal nervig sein können, wenn man wieder und wieder dieselben drei Takte durchgeht. Aber dann entstehen auch wieder diese wunderschönen musikalischen Momente, und der Chor schafft es, auf den Punkt voll zu musizieren. Das macht mir immer wieder Spaß.

Isura Madrigal Chor: "Mache dich auf, werde Licht", Chormusik zur Advents- und Weihnachtszeit, Sonntag, 3. Dezember, 17 Uhr, Klosterkirche Dietramszell; Sonntag, 7. Januar 2024, 17 Uhr, Kirche Maria Hilf, Geretsried; Eintritt frei, Spenden willkommen

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