Geretsried:Die versteckte Stadt

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Die Stadt Geretsried hat den Bürgern entlang der B 11 einen Lärmschutz versprochen - und erschrickt ob der drastischen Folgen.

Bernhard Lohr

Die Stadt Geretsried hat sich mit der Verlegung des Schwaigwaller Bachs etwas aufgehalst. Was viele zunächst als kleinen Bachumbau ansahen, bereitet immer wieder neuen Ärger und Verdruss. Am Dienstagabend erschraken die Mitglieder des Stadtrats-Bauausschusses darüber, was die Zusage für Folgen hat, den Anwohnern des Bachs eine Art Lärmschutzwand an der B11 zu bieten. Geretsried würde an der stark befahrenen Bundesstraße auf einer Strecke von 500 Metern hinter einer Bretterwand verschwinden.

Der 2,30 Meter hohe Zaun am Schwaigwaller Bach würde zwischen den Häusern und der Bundesstraße 11 errichtet - vom Geretsrieder Rathaus bis 80 Meter vor der Abzweigung Blumenstraße. (Foto: Hartmut Pöstges)

Der halbe Landkreis hat über Wochen verfolgt, wie mit Hilfe von schwerem Gerät ein kleiner Bach an der B11 in ein ausladendes Bachbett verlegt wurde. Der Verkehr auf der wichtigsten Nord-Süd-Trasse im Landkreis fließt wegen eines Brückenbaus bis heute über eine Behelfsstraße.

Gemessen an dem kleinen Rinnsal in dem Graben wirkt der Umbau übertrieben. Immer wieder sieht sich die Stadt deshalb genötigt, das Vorhaben zu erklären. Es wird auch das Überschwemmungsland auf der Böhmwiese trockengelegt, damit dort dereinst der erwünschte S-Bahnhof und das erweiterte Stadtzentrum entstehen können.

Doch bei allem Verständnis dafür wird das Vorhaben von Beginn an von Protest begleitet. Erst beschwerten sich Anwohner, als die Bäume an der B11 abgeholzt wurden. Viele rieben sich dann die Augen ob der Ausmaße der Baustelle, und die Mutmaßungen schossen ins Kraut, der Bachumbau könnte dazu führen, dass noch häufiger als bisher feuchte Keller zu beklagen sind. Spätestens seit Dienstag grassiert die Sorge, Geretsried könnte verschandelt werden.

Denn die Pläne im Rathaus sehen vor, direkt an der B11 auf Hunderte Meter eine Bretterwand als Sicht- und Lärmschutz aufzustellen. Geretsried würde dahinter für Autofahrer auf der B11 komplett verschwinden. Gerhard Vogel (Freie Wähler) stellte in Frage, "ob das eine gute Visitenkarte" wäre. Die Wand werde auch noch Sprayer einladen, dort ihre Graffiti aufzubringen. Norbert Junius (CSU) warnte davor, dass die geplante rund 2,30 Meter hohe Wand kaum Lärmschutz bringen werde.

Mehr als solch ein improvisierter Schutz ist freilich nicht drin. Denn einerseits hat der Stadtrat, als Anwohner im Zuge der Bauarbeiten protestierten, zugesagt, eine Wand zu errichten. Andererseits geschieht dies, wie Bürgermeisterin Cornelia Irmer (parteilos) im Ausschuss betonte, rein freiwillig. Es handle sich um eine Bundesstraße, und der Lärmschutz dort sei eigentlich Sache des Staatlichen Bauamts.

Rund 60 000 Euro würde nach Berechnungen des Bauamts eine Wand in der einfachsten Ausführung aus Holz kosten, rund 110 000 Euro eine etwas robustere Wand mit Betonständern. Jan Klinger, Leiter der Abteilung Tiefbau, sagte, "das ist keine Baumarktwand". Doch eine richtige Lärmschutzwand, die dann sechs Meter hoch wäre, sei nicht bezahlbar. Bis zu 300 Euro pro Quadratmeter würde die kosten.

Trotz der Bedenken sprachen sich viele für die schlichte Wand aus. Franz Wirtensohn (CSU) meinte, der Lärm werde auf jeden Fall gemindert. Sabine Gus-Mayer (CSU) sagte, man dürfe nicht warten, was die frisch gesetzten Sträucher und Bäume einmal Schutz bringen würden.

Bis dahin werde noch "viel Wasser die Loisach" hinabfließen. Bürgermeisterin Irmer schlug vor, die Schutzwand näher an die Wohnhäuser, jenseits von Bach und Radweg, zu setzen, damit sie weniger dominant wirke. Damit könnte aber die Wirkung als Lärmschutz komplett verloren gehen, hieß es.

Die Stadträte beschlossen, wenn, dann die teurere Variante zu errichten. Ob die Stadt sich diese leistet, entscheidet demnächst der Hauptausschuss des Stadtrats. Eine weitere Krux: Die Wand könnte in wenigen Jahren überflüssig werden. Schließlich strebt die Stadt ja die Verlegung der B11 an.

© SZ vom 26.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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