Geretsried: Bebauung der Böhmwiese:Warnung vor steigendem Grundwasser

Lesezeit: 2 min

In der Gemeinde Geretsried stehen 60 Keller unter Wasser. Eine neue Interessengemeinschaft fordert nun von der Stadt Gegenmaßnahmen.

Suse Bucher-Pinell

Die Böhmwiese und das Grundwasser werden die Geretsrieder nach Überzeugung der örtlichen CSU in nächster Zukunft stark beschäftigen. Dass beide Themen zusammen hängen, machte Stadtrat Norbert Junius beim CSU-Stammtisch am Sonntag im Gasthof Geiger deutlich: "Was passiert, wenn die Böhmwiese zugepflastert und die B11 abgesenkt wird?", fragte er die rund 30 Teilnehmer und gab sich gleich selbst die Antwort: "Es wäre ein irrer Eingriff." Denn schon seit ein paar Jahren verändern sich die Grundwassersysteme in der Stadt, der Grundwasserspiegel steigt - seit 1998 um einen Meter, stellte Sabine Gus-Mayer fest.

Stadtrat Norbert Junius warnte beim CSU-Stammtisch vor einer Bebauung der Böhmwiese: "Es wäre ein irrer Eingriff." (Foto: WOR)

Am deutlichsten zeige sich das im Blumenviertel. Dort hatten nach einer Umfrage der vor kurzem gegründeten Interessengemeinschaft grundwassergeschädigter und -gefährdeter Geretsrieder, kurz IGGG genannt, 60 Haushalte Wasser im Keller. "Hier ist was faul", folgert Vorsitzender Emmerich Wurst und will mit der IGGG Druck machen, damit den Ursachen nachgegangen wird. Deshalb lädt die Interessengemeinschaft für Mittwoch, 17. November, zu einer ersten Informationsveranstaltung ein mit Anwohnern und Stadträten. "Wenn nichts passiert, dann saufen wir weiter ab", warnt Wurst. Sein Stellvertreter Harald Strobl befürchtet gar, dass sich die Gefährdung weiter ausbreitet und künftig noch mehr Haushalte betroffen sein werden.

Nach Recherchen von Junius haben die Stadtwerke erst Probleme mit dem Anstieg des Grundwassers nach 2003 festgestellt. Er sieht einen Zusammenhang mit dem Kanal- und Wasserleitungsbau im Frauenschuhweg zwischen Lilienstraße und Blumenstraße und später am Isardamm. Danach hätten die neuen Abwasserkanäle kein Grundwasser mehr aufnehmen können, vorher seien die defekten Rohre halb voll mit Grundwasser gewesen. Eine besondere Bedeutung wird auch dem Schwaigwaller Bach zugeschrieben, der keine befestigte Sohle habe, nun aber nicht wie erhofft von alleine dicht werde. Heinz Ocker schlug vor, ihn bis zur Isar dicht zu machen, damit kein Wasser mehr versickern könne.

Junius hält auch im Hinblick auf die Böhmwiese eine gesamtheitliche Betrachtung für notwendig. Der Schwaigwaller Hang sei wie ein überdimensionierter Schwamm, der Wasser abgebe, die Tattenkofer Straße eine unterirdische Grundwasserscheide.

Doch ob die Böhmwiese überhaupt bebaut werden soll, stellt die CSU zunächst in Frage. Aktuelle Berechnungen prognostizieren laut Sabine Gus-Mayer, dass die Bevölkerung des Landkreises sinken wird. Auch Geretsried werde trotz Zuzügen nicht wachsen, obwohl in der Vergangenheit das Gegenteil angenommen und mit einem Anstieg auf 28.000 Einwohnern gerechnet worden sei.

"Die Bebauung der Böhmwiese ist keine Erweiterung des Zentrums, sondern ein neuer Stadtteil, sonst nix", sagte sie. Der werde aber nicht gebraucht, weil sich in den nächsten Jahren innerstädtisch sehr viele Entwicklungsmöglichkeiten für neuen Wohnraum ergeben würden und eine Verdichtung stattfinde. Die Grundstücke mit Häusern aus der Gründerzeit würden bebaut mit Mehrfamilienhäusern oder Vierspännern.

"Schon in den vergangen acht Jahren ist Geretsried so gut wie nicht gewachsen", sagte Stadtrat Franz Wirtensohn, obwohl Flächen frei geworden seien. "Wir haben flächenmäßig mehr versiegelt, aber einwohnermäßig nichts dazu gewonnen." Er bezweifelt auch, dass der Grundeigentümer die Böhmwiese verkaufen werde, weil es einer unrentablen Betriebsmittelentnahme gleichkäme. Es könne nur einen Flächentausch geben.

Klaus Buchberger mahnte gegen Ende des gut zweistündigen Treffens, nicht immer neue Hurra-Themen wie jetzt die Böhmwiese zu starten, sondern erst einmal die großen unvollendeten Themen zu erledigen, beispielsweise Geothermie, Spaladin oder Hallenbad. "Immer neue Hurra-Themen, das macht müde." Volker Reeh unterstützte ihn: "Immer neue Luftschlösser - nein."

© SZ vom 02.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: