Geretsried:Streit um Asyl-Koordination

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Zur Arbeit der Koordinationsstelle Integration aktiv (IAG) des Trägervereins für Jugend- und Sozialarbeit (TVJA) gehörte auch ein Planspiel zu Flucht und Asyl am Geretsrieder Gymnasium. (Foto: Hartmut Pöstges/Hartmut Pöstges)

Nach dem Rückzug des Trägervereins wegen einer neu geschaffenen Stelle bei der Kommune kommt es zu einem Schlagabtausch im Stadtrats-Gremium. Ob es eine Übergangslösung gibt, bleibt offen.

Von Susanne Hauck, Geretsried

Es gibt weiter Ärger um die Asyl-Koordination der Stadt Geretsried, nachdem der aus verschiedenen Gründen frustrierte Trägerverein für Jugend- und Sozialarbeit (TVJA) die Zusammenarbeit hingeworfen hat. Im Haupt- und Finanzausschuss des Stadtrats kam es am Dienstag zu einem heftigen Schlagabtausch. Wie es künftig weitergeht, erfährt die Öffentlichkeit indes noch nicht. Als es darum ging, die Modalitäten einer möglichen Übergangslösung auszuloten, wurde die Sitzung unterbrochen und in den nicht öffentlichen Teil verlegt.

Zunächst begann alles ganz ruhig. Nadine Steiner von der Stadt referierte noch einmal die Vorgeschichte der Koordinationsstelle Integration Aktiv (IAG), ein von der Stadt Geretsried mit einem Budget von 85 000 Euro freiwillig gefördertes Projekt, nachdem Bundesmittel ausgelaufen waren. Was Steiner an dieser Stelle nicht erwähnte und was man aber wissen muss, um das Ganze besser zu verstehen: Vor zwei Jahren hatte die beim Trägerverein angesiedelte Vollzeitstelle zusätzlich die Koordination des Asyl-Helferkreises von der Stadt übernommen. Wegen der Mehrarbeit beantragte der Trägerverein im Sommer eine 1,7-Stelle. Statt dieser Aufstockung hatte der Ausschuss jedoch beschlossen, bei der Stadt eine neue Vollzeitstelle einzurichten. Ziemlich vor den Kopf gestoßen hatte der Trägerverein kurz vor Weihnachten dann per Pressemitteilung erklärt, die Asylkoordination zum Jahreswechsel wieder an die Stadt abgeben zu wollen. Er begründete dies mit der möglichen Überlastung seiner Mitarbeiter. Es wurde aber auch viel Frust deutlich: Seit Monaten sei trotz aller Vorstöße kein Gespräch mit Bürgermeister Michael Müller (CSU) möglich gewesen, hieß es seitens des TVJA.

"Ich bin wahnsinnig enttäuscht", erklärte die Integrationsreferentin im Stadtrat, Sabine Lorenz (CSU). (Foto: Harry Wolfsbauer)

"Wir sind nun in einem Dilemma", sagte Steiner, da die Stadt das Projekt Asylkoordination gern weiterführen wolle. Sie stellte deswegen einen Übergangsvorschlag in den Raum: Der Trägerverein solle für einen von den Ausschussmitgliedern zu bestimmenden Zeitraum die Stadt unterstützen, bis diese dann die Aufgabe übernehme.

Als erstes machte Sabine Lorenz (CSU) ihrem Ärger Luft, dass sie die Aufkündigung des Trägervereins erst aus der Zeitung erfahren habe. "Ich bin wahnsinnig enttäuscht", meinte die Integrationsreferentin. Man hätte doch in einem gemeinsamen Gespräch prüfen können, wie man die IAG-Stelle "abspecken" könne, um die Asylkoordination zu erhalten.

"So geht man mit einem Dienstleister nicht um", ärgert sich Halba

Es gebe so viele Missverständnisse, erklärte Kerstin Halba, die als Vorsitzende des Trägervereins offiziell das Wort erhielt. Der TVJA habe den Antrag auf Stellenerweiterung nur aus Sorge um die Überlastung seiner Mitarbeiter gestellt, ohne weiteres Gespräch sei dann die Neuaufteilung beschlossen worden. "Wir sind sehr irritiert", sagte Halba. Auch weil die Stadt bisher auf keine der Bitten um ein Gespräch eingegangen sei. "Wir hätten gern gewusst, was sich die Stadt dabei gedacht hat und wie sie sich die Stellenabgrenzung zwischen Trägerverein und Verwaltung vorstellt", so Halba weiter. Schließlich erfülle die IAG-Stelle noch viele weitere Aufgaben in puncto Integration. Nach einem halben Jahr erfolgloser Gesprächsangebote habe der Trägerverein beschlossen, die Asylkoordination zurückzugeben. "So geht man mit einem Dienstleister nicht um", ärgerte sich Halba über das Gebaren der Stadt.

Sonja Frank (Freie Wähler), die für Bürgermeister Müller stellvertretend den Ausschuss leitete, bemühte sich, die Sichtweise der Stadt zu erklären, die eine Spaltung zwischen Asylkoordination und Integrationsarbeit vermeiden wolle. Weil der Stadt der Asylhelferkreis besonders wichtig sei, könnten die anderen Aufgaben zurückgefahren werden. Zudem habe die Kommune mit der langjährigen freiwilligen Förderung das Maß schon mehr als erfüllt; es sei normal, wenn Mittel einmal auslaufen würden. Frank pochte darauf, die Frage der Übergangsfrist zu klären. Diese könne bis Ende März laufen, nachdem der Trägerverein eine dreimonatige Kündigungsfrist habe.

Kerstin Halba, Vorsitzende des Trägervereins, spricht von "vielen Missverständnissen". (Foto: Hartmut Pöstges)

Dann wurde es kleinteilig, als Kerstin Halba die offizielle Kündigung vehement bestritt. Sie hätten lediglich aus Sorge um die Überlastung der Mitarbeiter entschieden, keine 1,7-Stelle ausfüllen zu können, wenn nur eine Stelle bewilligt sei, so drückte sie es aus. Daraufhin las Frank aus dem Schreiben vor und zitierte die Formulierung, dass die Arbeit zum 31. Dezember "eingestellt" werde. An diesem Punkt war die Sache reichlich verfahren. Weil auch nicht richtig klar war, ob die Zusammenarbeit zwischen Stadt und Verein nun auf einem Förderbescheid oder auf einem zur Verschwiegenheit verpflichtenden Vertrag beruht, wurde auf Antrag von Detlev Ringer (Grüne) entschieden, die weitere Diskussion und Beschlussfassung in die nicht öffentliche Sitzung zu verlegen. Ob es nun zu einer Übergangslösung kommt oder nicht, wird formgerecht jedoch erst in der nächsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses im Februar bekannt gegeben.

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