Ortsgeschichte:Im Zeichen des Kreuzes

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Walter Holzer präsentiert sein neuestes Geretsrieder Heft über "Wegkreuze, Marterl und Gedenksteine in Geretsried und Gelting". (Foto: Hartmut Pöstges)

Walter Holzer befasst sich im neuesten Geretsrieder Heft mit Kruzifixen und Marterln in der Stadt und in Gelting.

Von Wolfgang Schäl, Geretsried

Es sind Zeugnisse tiefer Volksfrömmigkeit, die dem Wanderer auf dem Spaziergang durch Geretsried und seinen Ortsteil Gelting begegnen: Wegkreuze, Marterl und Gedenksteine, deren Erforschung und Katalogisierung sich Walter Holzer vom Arbeitskreis Historisches Geretsried zur Lebensaufgabe gemacht hat. Die Ergebnisse seiner Jahrzehnte währenden Erkundungen hat der heute 86-Jährige in einem umfassenden, mehr als 500 Seiten langen Werk unter der Rubrik "Zammgenagelt" schon vor vielen Jahren niedergelegt, eine immerhin noch 80 Seiten umfassende Kurzversion ist nun im Rahmen der Reihe "Geretsrieder Hefte" erschienen, der Autor hat sie den heimatkundlich interessierten Bürgern im großen Ratsstubensaal präsentiert.

Das "Sonderheft 5"soll einer Auflockerung der noch nicht abgeschlossenen Reihe über die beiden Munitionsfabriken im Wolfratshauser Forst dienen, aber auch kunstgeschichtlich von Interesse sein. Und schließlich gehe es bei den erforschten Mahnmalen doch auch um menschliche Schicksale, wie Holzer betont.

Marterl wurden oft nach Unglücksfällen aufgestellt

Dem jeweiligen Motiv entsprechend unterscheidet Holzer "Sühnekreuze" und Marterl, die jeweils nach einem unheilträchtigen Ereignis, etwa nach einer Gewalttat, aufgestellt wurden. Beispiele dafür sind Holzer zufolge das "Schirgnskreuz" neben der B 11 an der Einfahrt Stein und das "Rote Kreuz" am Isarhochufer in Richtung Buchberg. Daneben differenziert der Hobbyforscher zwischen reinen Gedenkkreuzen, und solchen, die als "stumme Mahner im Alltagsgetriebe" dienen oder auch Jubiläen in Erinnerung rufen - etwa das Gedenkkreuz an der alten Schmiede in Gelting anlässlich der 1400-Jahrfeier des Ortsteils.

Eine weitere Kategorie sind nach Holzers Erkundungen "Dankkreuze" nach überstandenen Kriegszeiten und nach schwerer Krankheit, so etwa das "Ortererkreuz" bei der B 11-Einfahrt am Forst. Marterl wiederum sollen dem armen Sünder helfen, der aufgrund widriger Umstände vor seinem Ableben die Sterbesakramente nicht mehr empfangen konnte. In dem bairischen Wort Marterl steckt auch das Martyrium Jesu, das damit angesprochen werden soll.

Die Geschichte des gusseisernen Kreuzes liegt im Dunkeln

Eine besondere Bewandtnis hat es mit dem schön ornamentierten "Gusseisernen Kreuz", das seit 20 Jahren an der Einfahrt der B 11 zum Anwesen der Familie Mayer, bekannt als Ortererhof, steht. Die Geschichte des Kreuzes liegt nach Holzers Forschungen im Dunklen, Ort und Zeitpunkt der Errichtung seien unbekannt, allerdings gebe es allerlei Mutmaßungen. Eine lautet, dass es aus der Zeit der Sendlinger Mordweihnacht stammt, als sich im Jahr 1705 die Bauern des Oberlandes erhoben, aber verraten und von Panduren niedergemetzelt wurden. Weitere Lesarten: Das Kreuz stamme aus dem 1812 aufgelassenen Friedhof der Sankt Nikolaus-Kapelle oder aber, dass ein Mann an dieser Stelle von einem Stier getötet wurde. Dies aber sei mindestens 200 Jahre her.

Zur unerfreulichen Geschichte des wertvollen gusseisernen Kreuzes zählt auch dessen Zerstörung durch unbekannte Täter, zum Glück konnte es allerdings wieder zusammengeschweißt werden. Im Januar 2000 wurde es abgebrochen und gestohlen, tauchte aber wieder auf. In etwas holpriger Diktion gibt das Kreuz dem Wanderer nun eine Einsicht mit auf den Wag: "Das Leben ist ein Wandern von einem Ort zum andern die Stunde ist ungewiss das Gewissen nicht vergiss".

Zwei Karten zeigen, wo die Kreuze sind

Holzer hat sein gesammeltes Wissen reichhaltig mit Bildern illustriert und damit unter der Rubrik "Mahnmal" ein Stück Kirchen- und Ortsgeschichte vermittelt, das bis in die jüngere Gegenwart reicht. Unter den insgesamt 30 Objekten in Gelting und Geretsried finden sich auch das moderne Kreuz am Johannisplatz und der Granitstein am Karl-Lederer-Platz, der an die Vertreibung der Sudetendeutschen nach Kriegsende und den Neuanfang in Geretsried erinnert. Auch die von dem Pullacher Bildhauer Hubertus von Pilgrim geschaffene Todesmarsch-Skulptur ist mit einer der Bronzekopien an der Bundesstraße 11 vertreten.

Wer sich für sonntägliche Spaziergänge eines der Wegekreuze als Ziel vornehmen möchte, findet zwei Karten mit jeweiligen kleinen Bildmarken am Anfang des Sonderhefts. Erhältlich ist der Band unter anderem bei der Buchhandlung Osiander am Karl Lederer-Platz und im Geretsrieder Stadtmuseum.

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