Ungewöhnliches Projekt in Gaißach:Ein Dorfsaal als Gemeinschaftswerk

Lesezeit: 2 min

Der Neubau mit dem Dorfsaal soll auf dem Parkplatz zwischen dem ehemaligen Jägerwirtsaal und dem Friedhof errichtet werden. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Seit der Schließung des Jägerwirts hat die Gemeinde keinen passenden Raum für große Veranstaltungen mehr. Über eine Genossenschaft soll nun ein 1,5 Millionen Euro teurer Neubau entstehen. Die Bevölkerung kann sich daran mit Anteilen oder Arbeit beteiligen.

Von Klaus Schieder, Gaißach

Gut fünf Jahre ist es her, dass der Gasthof Jägerwirt in Gaißach zugemacht hat. Seither gibt es ein Problem: Die knapp 3200 Einwohner haben keinen passenden Saal mehr, um Vereinsfeste, große Hochzeiten oder auch einmal Fasching zu feiern. Denn der Jägerwirt hatte seinerzeit einen der größten Säle im südlichen Landkreis, etwa 300 Gäste fanden darin Platz. Die Suche nach einer Alternative blieb lange ohne Erfolg. Bis Gemeinderat Thomas Gaisreiter zusammen mit Balthasar Bauer, Franz Rest senior, Franz Rest junior, Johann Krinner und Thomas Haslinger eine ungewöhnliche Idee hatte: Ein neuer Dorfsaal soll jetzt über die Gründung einer Genossenschaft errichtet werden - und zwar zwischen dem Jägerwirt und dem neuen Friedhof.

Das alte Traditionsgasthaus ist abgerissen und durch ein Wohngebäude von ähnlicher Dimension ersetzt. Mit dem Gasthaus Mühle und dem Zachschuster, der Mitte dieses Jahres wiedereröffnet wird, verfüge Gaißach zwar wieder über zwei Wirtshäuser, die Räume für 100 bis 120 Personen hätten, sagt Bürgermeister Stefan Fadinger (CSU/FWG). Aber dies sei nicht ausreichend. Wenn ein Verein ein großes Fest feiere, Hochzeiten mit 200 Personen stattfänden, Fronleichnam begangen werde, kulturelle und soziale Veranstaltungen auf dem Programm stünden, gebe es "keine zufriedenstellende Lösung", so Fadinger.

Das Gasthaus Mühle in Gaißach wurde 2022 wiedereröffnet. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Das ist auch die neue Schulturnhalle nicht. Dort waren unlängst etwa 300 Bürgerinnen und Bürger zusammengekommen, um sich über das Genossenschaftsmodell für den neuen Dorfsaal zu informieren. Ursprünglich war der Abend in der Aula geplant, die sich wegen des Andrangs dann aber als zu klein erwies. Für Thomas Gaisreiter ist dies ein untrügliches Zeichen dafür, dass ein großer Veranstaltungsraum in Gaißach dringend gewünscht wird. Die Dorfgemeinschaft benötige einen Saal, wo mal ein Konzert für bis zu 300 Zuhörer oder auch ein Faschingsball für 500 Leute stattfinden könne, sagt er.

Eine Genossenschaft "schafft mehr Akzeptanz", sagt Initiator Thomas Gaisreiter

Schon vor anderthalb Jahren habe er sich mit drei, vier Mitstreitern getroffen, die allesamt der Ansicht waren, dass es so wie bislang nicht weitergehen könne. Dabei sei man auf die Idee gekommen, eine Genossenschaft zu gründen, weil damit die ganze Bevölkerung eingebunden werde, sagt Gaisreiter: "Das schafft mehr Akzeptanz." Der Neubau, der auf dem gemeindeeigenen Parkplatz zwischen dem Friedhof und dem ehemaligen Jägerwirtsaal entstehen soll, ist denn auch als Gemeinschaftsprojekt des ganzen Dorfs geplant.

Wer Mitglied der "Reservewirt-Genossenschaft" werden möchte, kann zum einen Anteile für je 250 Euro erwerben; das gilt für Gaißacher, aber auch für Auswärtige. Oder aber: Man stellt Baumaterial zur Verfügung oder hilft selbst beim Bau des neuen Dorfsaals mit, wobei eine Arbeitsstunde mit 20 Euro vergütet wird. Die Anträge können noch bis 17. März abgegeben werden, entweder im Rathaus oder online unter www.reservewirt.de

Die Kosten für den Neubau taxiert Gaisreiter auf rund 1,5 Millionen Euro. Die Gemeinde Gaißach beteiligt sich an der Genossenschaft mit 49 Prozent und trägt dementsprechend fast die Hälfte dieser Summe. Den Rest von gut 750 000 Euro muss die Genossenschaft aufbringen. Bis jetzt wurden schon 400 000 Euro Anteile gezeichnet, "das scheint zu funktionieren", sagt der Initiator. Die Eigenleistungen lägen derzeit bei circa 3000 Stunden.

Wenn der neue Dorfsaal gebaut ist, soll die Bewirtung der Gäste in der Anfangszeit über Caterer laufen. Zwei Interessenten habe man bereits an der Hand, teilt Gaisreiter mit. Für den Betrieb soll ein Geschäftsführer eingesetzt werden, der sich ums Organisatorische kümmert, unter anderem um die Terminabsprachen. "Ein Veranstalter muss sich dann nur mit dem Geschäftsführer absprechen, und nicht noch mit dem Caterer", so Gaisreiter. Ziel sei es allerdings, "dass wir später einen festen Wirt bekommen."

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: