Projektseminar:Minderheitenschutz macht Schule

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Von ihrer Reise nach Südtirol berichten die Tölzer Gymnasiastinnen und Gymnasiasten, die am P-Seminar teilnahmen, am 18. Januar in der Aula der Schule. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Jugendliche vom Tölzer Gabriel-von-Seidl-Gymnasium haben sich mit dem Thema Autonomie auseinandergesetzt und Südtirol besucht. Ihre Erkenntnisse präsentieren sie am 18. Januar bei einem Vortragsabend in der Aula.

Von Veronika Ellecosta, Bad Tölz

Goethe roch am Brenner schon den Duft des Südens und staunte nicht schlecht über die hohen Berge, die weiter flussabwärts mit Weinbergen verwachsen. Das Flair des Südens und die Berge sind bis heute zuverlässige Südtiroler Urlaubszutaten, sie ziehen deutsche Gäste Jahr für Jahr in die norditalienische Provinz. Bei einem Projektseminar des Gabriel-von-Seidl-Gymnasiums hat eine Gruppe Jugendlicher vertieft, was es mit der politischen Situation Südtirols auf sich hat und was das 1992 vollständig umgesetzte Autonomiepaket für die mehrsprachige Region bedeutet. Passend zum Thema "Europäische Autonomieregionen" haben 14 Oberstufenschülerinnen und -schüler vom Tölzer Gymnasium Geschichte, Geografie und Geologie Südtirols näher kennengelernt - und sind dabei quer durch die Provinz gereist. Am Donnerstag, 18. Januar, wollen sie in der Aula der Schule von ihrer Reise berichten.

Die Idee, sich Südtirol und die politischen Verhältnisse dort genauer anzuschauen, kam Projektleiter und Geografielehrer Cornelius von der Heyden. Bei der Wahl der Reiseziele und Unterkünfte habe er den Jugendlichen aber freie Hand gelassen, erzählt er bei einem Besuch in der Klasse. Die Jugendlichen ließen sich bei der Vorbereitung von ihren eigenen Interessen leiten und haben die Reise eigenständig organisiert. Anfang September 2023 reisten sie schließlich nach Bozen, Meran und den Vinschgau. Dabei hielten sie vertiefende Referate an den Schauplätzen zum jeweiligen Schwerpunkt. In Meran sprachen sie etwa über Andreas Hofer und die Freiheitskämpfe 1809, sie standen am Gipfelkreuz des Schlerns und referierten über die Dolomiten sowie über Bergsteiger, die auf und mit ihnen bekannt wurden. Und bei einer Apfelsaftverkostung ging es um die Bedeutung von Tourismus und Obstanbau für die Region. Zentral blieb aber immer die Frage nach dem Autonomiestatut.

"Mit der Autonomie können alle zusammenleben."

Das umgangssprachlich sogenannte "Paket" erlaubt Südtirol einen großen Spielraum in der Selbstverwaltung, womit der Erhalt der deutsch- und ladinischsprachigen Sprachminderheiten gesichert werden soll. So gibt es etwa getrennte Schulen in deutscher, italienischer und ladinischer Sprache. Zum Thema Verwaltung und Selbstbestimmung sprachen sie mit dem Abgeordneten Franz Locher (Südtiroler Volkspartei), den sie im Landtag besuchten. Schülerin Carolina Melf zeigte sich beeindruckt, dass vor dem Landtag alle Sprachgruppen mit Schautafeln und Hörproben gewürdigt werden. Im privaten Forschungsinstitut Eurac in Bozen erklärte Historiker Josef Prackwieser, wie das Statut ausverhandelt wurde und wie es um den Status quo steht: zum Beispiel, warum deutschsprachige Eltern besorgt sind, wenn italienischsprachige Eltern ihren Nachwuchs in deutschsprachige Schulen schicken; oder warum die Volkspartei beim Vertrauensvotum der postfaschistischen Premierministerin Giorgia Meloni in Rom nicht dagegen stimmte, sondern sich enthielt.

Mit der Autonomie für Südtirol befassten sich die Schülerinnen und Schüler des P-Seminars unter Anleitung von Projektleiter und Geografielehrer Cornelius von der Heyden (re.). (Foto: Harry Wolfsbauer)

Sie habe den Eindruck gewonnen, dass die Minderheiten in Südtirol, die unter verschiedenen Herrschaften hin und her gereicht wurden, durch das Autonomiestatut frei leben könnten, sagt Schülerin Kirsten Sekinger. "Immer wurde ein Teil der Bevölkerung nicht gewollt. Als sich das Dritte Reich und das faschistische Italien ausgetauscht haben, mussten sich die Südtiroler zwischen Auswanderung und Assimilation entscheiden. Heute ist die Bevölkerung dreigeteilt, aber mit der Autonomie können alle zusammenleben." Und Justin Maier ergänzt: "Mit der Sprachproblematik haben wir vor Ort spannende Erfahrungen gemacht: Mal wird man auf Deutsch angesprochen, anderswo auf Italienisch. Und die Leute dort fühlen sich zuerst als Südtiroler und danach als Deutsch- oder Italienischsprachige." Es sei in einem vereinten Europa wichtig, dass gerade Minderheiten ihre Identität und ihre Kultur erhalten dürften, fasst Lehrer Cornelius von der Heyen zusammen.

Zu guter Letzt hat auch das Gebirge in Südtirol die Erfahrungen der Jugendlichen abgerundet, wie Schüler Jan Breuel resümiert: "Als wir auf dem Schlern standen, gab es ein krasses Wolkenbild über den Bergen. Die Landschaft hat sich bei mir eingeprägt." Das Südtirol-Bild der Tölzer Gymnasiasten wurde durch das Projektseminar wohl um eine Zutat ergänzt: Süden, Berge - und Autonomie.

Vortrag des Projektseminars zum Thema Autonomieregionen in Europa, Donnerstag, 18. Januar, 19 Uhr, Gabriel-von-Seidl- Gymnasium, Hindenburgstraße 26, Bad Tölz.

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