Erfindung aus Bichl:Präzise bis zur Hundertstelsekunde

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"Alpenhunde Timing" heißt das Messgerätesystem, das Christian Hund fürs Sporttraining entwickelt hat. (Foto: Alpenhunde Timing)

Christian Hund hat Zeitmesssysteme für Skifahrer entwickelt. Zunächst ging es dem Ingenieur um das Training seiner Tochter. Mittlerweile hat er mit seiner Funktechnologie "Alpenhunde Timing" eine Marktlücke geschlossen.

Von Benjamin Engel, Bichl

Im Skirennsport entscheidet manchmal nur eine Hundertstelsekunde über Sieg und Niederlage, eine Medaille für einen Stockerlplatz unter den ersten Drei oder Blech für Viertplatzierte. Das verdeutlicht, wie entscheidend die Zeitmessung für den Leistungsvergleich ist. Gerade auch für das Training, mit dem die Läuferinnen und Läufer die Basis für den Erfolg legen, sollte sie so einfach zu handhaben sein, wie möglich. Denn auf dieser Grundlage können Betreuer die besten Tipps zur Technikverbesserung geben und Athleten sich untereinander vergleichen.

Davon hat sich Christian Hund aus Bichl leiten lassen und mit dem "Alpenhunde Timing" ein innovatives Zeitmesssystem entwickelt. Dafür macht sich der 51-jährige Maschinenbauingenieur die LoRa-Funktechnologie zunutze. Die Abkürzung steht für long range und damit eine hohe Reichweite. Das Fernnetzwerk ermöglicht es, dass die Module zur Zeitmessung auch auf unübersichtlichen Pisten - etwa durch Bodenwellen oder Bäume - problemlos miteinander verbunden bleiben. Statt die Uhren für die Zwischenzeitmesser vor Trainingsbeginn manuell synchronisieren zu müssen, geschieht dies im Alpenhunde-System automatisch. Die Bedienung läuft über eine App.

"Die Trainer können sich mit dem Master-Modul am Hang frei bewegen und jederzeit alle wichtigen Informationen, etwa wer gerade fährt, abrufen", erklärt Hund. Zudem funktioniert die Zeitmessanlage vollkommen kabellos. Über das Master-Gerät baut sich ein Sternnetzwerk auf und aktiviert so alle anderen Module. Mittels eines integrierten Wlan-Hotspots können Athleten und Trainer sich an jeder Messstation in das System einloggen.

Damit hat der Bichler offensichtlich eine Marktlücke geschlossen. Zum Training nutzen laut Hund etwa der deutsche und der österreichische Skiverband, Skiklubs und Trainingszentren im italienischen Südtirol bis hin zum Trainer der US-amerikanischen Spitzensportlerin Mikaela Shiffrin sein System. Für den bisherigen Geschäftserfolg haben Hunds langjährige Beziehungen zum deutschen Skiverband (DSV) beigetragen. "Ich komme aus dem Skirennsport", sagt er. "In der Jugend bin ich viele Skirennen gefahren." Bis auf die Ebene von FIS-Rennen des Internationalen Skiverbands - unterhalb von Welt- und Europacup - schaffte es Christian Hund zwar nicht. Dafür gelang dies heuer seiner inzwischen 16-jährigen Tochter Katharina.

Beim SC Partenkirchen sind beide heute Mitglied. Im Verein sei seine Tochter von dem damaligen Alpin-Cheftrainer und einstige Weltklasse-Slalomläufer Armin Bittner in den Bann gezogen worden, erzählt Christian Hund. Darüber entwickelten sich auch Kontakte zum DSV, auf die der Maschinenbauingenieur zurückgreifen konnte.

In seiner Bichler Garage hat Christian Hund angefangen, aus einfachen Elektronikelementen Zeitmesssysteme zusammenzubauen. Damit er mit seiner Tochter auch selbst trainieren konnte, wie er sagt. Vor vier Jahren begann er mit einem früheren Arbeitskollegen die Hard- und Software weiterzuentwickeln. Der Kollege ist heute für das Münchner Softwareentwicklungsunternehmen Pripares tätig, das als Teilhaber von Alpenhunde Timing agiert.

An die 100 000 Euro hat Hund eigenen Angaben nach bislang in die Systementwicklung investiert. Zu Buche schlugen etwa die hohen Kosten für die Patentanmeldung in Luxemburg. Das europäische Patentanmeldeverfahren läuft derzeit. Und Hund hat auch schon das nächste Ziel angepeilt. Er will es schaffen, dass seine Messanlagen auch bei FIS-Rennen zum Einsatz kommen. Für diese Ebene sind Funk-Zeitnahmen im Gegensatz zum Welt- und Europa-Cup zugelassen. Er arbeite daran, dafür die Auflagen zu erfüllen, sagt Hund.

Mit der Entwicklung hat er seine Leidenschaft zum Beruf gemacht. Dabei kann Hund auch auf seiner Berufskarriere aufbauen, für die technisch exaktes Arbeiten Grundvoraussetzung war. Für das Münchner Filmausrüstungsunternehmen Arri war er knapp zwei Jahrzehnte im Service tätig. In leitender Funktion arbeitete er später für eine Tochtergesellschaft, die auf Operationsmikroskope spezialisiert war. Deren Auslieferungen, die Inbetriebnahme und die Schulungen von Ärzten zählten zu seinen Aufgaben. Doch die Sparte wurde umstrukturiert und fusionierte. Für Christian Hund war das der Auslöser, sich beruflich selbständig zu machen. Das hat er bislang nicht bereut. "Das ist meine Passion geworden", sagt er. "Ich habe Spaß an dem Produkt."

© SZ vom 29.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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