Urteil vor dem Landgericht München II:Familienvater wegen versuchten Totschlags verurteilt

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Vor den Augen seiner Kinder sticht ein 40-Jähriger neunmal mit einem Küchenmesser auf seine Ehefrau ein.

Von Andreas Salch

Streitigkeiten gab es angeblich immer wieder zwischen dem Angeklagten und seiner Frau. Doch am Spätnachmittag des 6. Juni vergangenen Jahres eskalierte eine erneute Auseinandersetzung unter den Eheleuten, die mit ihren Kindern in einem Anwesen in Penzberg lebten. Der 40-Jährige schlug seiner Frau mit der Faust zweimal so heftig gegen den Kopf, dass sie das Bewusstsein verlor. Anschließend holte er ein Küchenmesser mit einer 17 Zentimeter langen Klinge aus der Küche und stach vor den Augen seiner Kinder neunmal auf deren Mutter ein. Die beiden ältesten Kinder gingen dazwischen. Es kam zu einem Gerangel, bei dem das Messer zu Boden fiel. Am Freitag verurteilten die Richter des Schwurgerichts am Landgericht München II den Familienvater wegen versuchten Totschlags zu sieben Jahren und sechs Monaten Haft. Außerdem ordnete die Kammer die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt an. Bevor er die Therapie antreten kann, muss er ein Jahr und neun Monate seiner Strafe in einer Justizvollzugsanstalt verbüßen.

Richter Thomas Bott sprach bei der Urteilsbegründung von einem "Ehedrama vor den Augen der gemeinsamen Kinder". Die aus Afghanistan stammende Familie sei geprägt gewesen von einem "klassischen patriarchalischen Rollenbild", wonach "im Zweifelsfall" der Familienvater das Sagen gehabt habe. Doch bei der Messerattacke auf seine Frau sei als "zentrales handlungsleitendes Motiv" des Angeklagten eine "gewisse Verzweiflung und Unzufriedenheit" mit seiner Ehe ausschlaggebend gewesen. Deshalb sah das Gericht auch nicht das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe erfüllt und verurteilte den 40-Jährigen nicht wie von der Staatsanwaltschaft gefordert wegen versuchten Mordes. Nach Überzeugung der Richter handelte es sich um eine "Spontantat unter alkoholischer Enthemmung". Der Familienvater hatte bei seiner Festnahme eine Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille. Gleichwohl sei seine Schuldfähigkeit nicht vermindert gewesen. Denn der 40-Jährige ist Alkohol gewohnt und zeigte bei der Tat laut Zeugen keinerlei motorische Ausfallerscheinungen.

Nach den ersten Messerstichen ihres Mannes war es der Ehefrau gelungen, aus dem Haus zu fliehen und sich auf dem Grundstück eines Nachbarn in Sicherheit zu bringen. Dort brach sie aufgrund der schweren Verletzungen zusammen. Inzwischen hat sie ihrem Mann verziehen.

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