Digitalisierung in der Schule:Lernen mit Apps und Tablets

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Mit der Erweiterung der MINT-Initiative sollen Realschüler fit für die durch digitale Technik geprägte Arbeitswelt gemacht werden. In den Realschulen in Geretsried und Bad Tölz wird der Einsatz von Social Media schon länger praktiziert.

Von Susanne Hauck, Geretsried

Dass es bei der neuerdings digitalisierten MINT-Initiative nicht darum geht, Fünfklässler zu gelehrigen Computer-Äffchen zu dressieren, sondern dass sie beim Ausprobieren von Tablet & Co. gemeinsam fürs Leben lernen, bewies Scharaf Girges am eindrucksvollsten.

Der Tölzer Realschullehrer hätte Ministerialdirektor Herbert Püls vom bayerischen Kultusministerium auch ein bühnenreifes Endergebnis mitbringen können, nämlich ein von seinen Schülern perfekt produziertes Experimentiervideo. Stattdessen führte er einen "Making of"-Film vor, der zeigte, was für Schwierigkeiten die Buben und Mädchen beim Drehen des Clips hatten.

Da klappte vieles nicht auf Anhieb: die Bedienung der iPads war kompliziert, Wasser wurde versehentlich ausgeschüttet, die Teams konnten sich nicht einigen, wer welche Aufgabe übernimmt. 100 Minuten dauerte es, bis ein einigermaßen brauchbares Filmchen im Kasten war.

Ministerialdirektor Herbert Püls war angereist, um sich ein Bild darüber zu machen, wie die Schüler nicht nur den Umgang mit den iPads meistern, sondern auch ihre Persönlichkeit stärken.

In der staatlichen Realschule Geretsried wurden die Projektarbeiten für MINT vorgestellt und erläutert. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Für Lehrer Girges ist Scheitern ein Teil des Projekts. "Es ist nicht schlimm, wenn bei Experimenten etwas nicht funktioniert", erklärte er. "Man lernt auch durch 'trial und error' etwas." Nämlich Teamarbeit, Verantwortung und Kommunikationsfähigkeit - sogenannte soft skills, die später im Beruf sehr gefragt sind.

Die Realschule in Bad Tölz ist eine der wenigen Schulen, die schon Tabletklassen haben. Sie ist eine von 71 bayerischen MINT-Realschulen, genauso wie Geretsried. Dort war Ministerialdirektor Püls, um bei einem Festakt offiziell bekanntzugeben, dass der neue Schwerpunkt auf dem digitalen Bereich liegt. Er zeigte sich begeistert vom Erfolg der 2010 gestarteten Initiative, die die Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) fördert: "Seitdem ist die Zahl der Schüler, die den naturwissenschaftlichen Zweig nehmen, sehr gestiegen."

Der Wirtschaftszweig dürfe "ruhig dünner werden", denn "Banken und Verwaltung bauen Stellen ab". Um den Nachwuchs müsse man sich früh kümmern. "Wir beginnen schon in der fünften Klasse damit, für Technik zu werben, um die Angst vor Mathe und Physik zu nehmen", sagte er. Püls ist sich sicher: "Die Zukunft liegt im Technikbereich." Das sahen Christof Prechtl und Michael Möttel als Vertreter zweier bayerischer Wirtschaftsverbände genauso. Mädchen sollten verstärkt in IT-Berufe gehen, nicht immer "Kaufmännisches oder Krankenschwester" lernen, forderte Prechtl.

Herbert Püls. (Foto: Stephan Rumpf)

Die "digitale Souveränität", die er für so wichtig hält, hat auch an der Geretsrieder Realschule schon erste Wurzeln geschlagen. In den "Lerninseln", in denen der Frontalunterricht und die Klassenzimmer zugunsten von Lerngemeinschaften aufgehoben sind, werde mit Tablets und Lern-Apps erfolgreich experimentiert, berichtete Konrektorin Christine Venus-Michel. In der Biologie zum Beispiel könnten die Schüler auf dem Tablet auf das Bild einer Blüte tippen, worauf sich ein Videoclip mit Informationen öffne.

Für Venus-Michel sparen solche Lern-Apps nicht nur wertvolle Unterrichtszeit, die besser aufs Üben verwendet werden soll, sondern ermöglichen den Kindern ein individuelleres Lernen. Die Konrektorin sah darin eine "Riesenchance". Wie wichtig digitale Kompetenzen in der Schule sind, erfährt sie auch von anderer Seite: "Die Eltern machen Druck, dass etwas passiert."

Die Geretsrieder Schule habe mit der Verzahnung der Fächer Mathematik und Kunst schon seit zehn Jahren gute Erfahrungen gemacht, erzählten Marcella Ide-Schweikart und Corinna Magellanes. Auch diese Lehrerinnen fördern den spielerischen Umgang mit dem iPad durch das Drehen von Filmsequenzen. Welche technischen Tricks sie schon draufhaben, führten die Fünftklässler an diesem Nachmittag begeistert vor.

In der Eingangsklasse der Realschule ist die Neigung zu den MINT-Fächern aber noch nicht entschieden. Von Moderatorin Andrea Haidu befragt, ob ihnen denn Mathe oder Kunst besser gefalle, antworteten die Mädchen und Buben "ich mag Kunst etwas lieber" oder "beides gleich". Da braucht es noch etwas mehr Werbung.

© SZ vom 09.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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