Dietramszell:Mehr als 500 Jahre alte Gräber entdeckt

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Der Vorplatz der Klosterkirche wird neu gestaltet - dabei wurden jetzt die Gräber entdeckt. (Foto: Manfred Neubauer)

Unerwarteter Fund bei der Umgestaltung des Platzes vor der Klosterkirche.

Von Petra Schneider, Dietramszell

Bei den Arbeiten zur Neugestaltung des Vorplatzes der Klosterkirche in Dietramszell wurde im August 2022 ein unerwarteter Fund gemacht: Unter den Wurzeln der 150 Jahre alten Linden, die gefällt werden mussten, haben Bauarbeiter fünf Gräber freigelegt. Wie die wissenschaftliche Analyse ergab, waren darin drei Frauen und zwei Männer im Alter zwischen 20 und 60 Jahren bestattet, die alle eines natürlichen Todes gestorben seien. "Gegenteilige Annahmen können eindeutig ausgeschlossen werden", erklärt der promovierte Historiker Michael Holzmann.

"Die Gräber dürften aus der Zeit vor 1500 stammen", vermuztet der Historiker Michael Holzmann. (Foto: Manfred Neubauer)

Eine genaue Datierung der Gräber sei derzeit noch nicht möglich; Holzmann hält eine Einordnung in das Spätmittelalter oder die frühe Neuzeit, also zwischen 1300 und 1600 nach Christus, für plausibel. Denn um das Jahr 1500 sei die kleine Kirche am Kreuzbichl fertiggestellt worden, wo auch ein Friedhof angelegt wurde. Zuvor seien die Toten des Ortes am Kloster beerdigt worden. "Also dürften die Gräber aus der Zeit vor 1500 stammen", vermutet Holzmann. Größere Gewissheit erwartet der Dietramszeller Historiker von den Ergebnissen einer wissenschaftlichen Altersbestimmung nach der C14-Methode.

Die bestatteten Personen seien in ausgestreckter Rückenlage mit angewinkelten Armen im Brustbereich bestattet worden, erklärt er. Bei drei der Toten seien die Schädel erhalten, bei den übrigen habe es "erhebliche Störungen im Kopfbereich" gegeben, die durch die Lage unterhalb der Wurzelstöcke oder durch frühere Straßenbaumaßnahmen erklärt werden könnten. Das übrige Skelettmaterial sei in weitgehend vollständigem und intakten Zustand.

An keinem der Gräber habe man Beigaben wie Schmuck oder Tracht gefunden, erklärt Holzmann. Auffallend seien aber Ösen aus Bronze oder Eisen, vorwiegend am Oberkörper der Bestatteten. Obwohl keine Textilreste erhalten seien, wiesen solche als "Hafteln" bezeichneten Häkchen auf eine Beisetzung in einem Totenhemd oder einem Tuch aus Leinen hin.

Nur in einem der Gräber sei das Fragment eines Eisennagels entdeckt worden, was auf eine Sargbestattung schließen lasse. Bis in das Spätmittelalter seien nur reiche oder hochgestellte Personen in Särgen aus Stein oder Holz beigesetzt worden, erklärt Holzmann. Alle anderen wurden, "wie es von der Bestattung des Heiligen Lazarus bekannt war", bis zum Ende des 16. Jahrhunderts in Leichentücher eingewickelt oder eingenäht. Diese Praxis hatte auch pragmatische Gründe: Bei Beerdigungen ohne Sarg wird der Verwesungsprozess beschleunigt. "Für Kirchhöfe inmitten des Dorfes war es wichtig, dass vorhandene Gräber bald wieder belegt werden konnten", so Holzmann.

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