Dietramszell:25 Einwohner, 20 Flüchtlinge

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Im Ortsteil Einöd hat der Wirt seinen Gasthof als Asyl-Unterkunft angeboten. Die Nachbarn protestieren.

Von Petra Schneider, Dietramszell

Händeringend wird in Dietramszell Wohnraum für Flüchtlinge gesucht. Derzeit stehen 37 Plätze zur Verfügung, laut Quote werden heuer 216 gebraucht. Private Initiativen von Bürgern, die Wohnungen vermieten oder Unterkünfte bauen, sind daher dringend erwünscht. Allerdings hat die Gemeinde dann keinen Einfluss mehr auf die Verteilung oder die Anzahl der untergebrachten Flüchtlinge, weil die Verhandlungen über das Landratsamt laufen. Dass dies zu Ärger führen kann, zeigt sich im Ortsteil Einöd.

Den dortigen Gasthof hat Eigentümer Valentin Beham dem Landratsamt als Flüchtlingsunterkunft angeboten, gut 20 Menschen könnten dort unterkommen. Zur Sorge von acht Einöder Bürgern, die sich in einem offenen Brief an die Gemeinde und das Landratsamt gewandt haben: In Einöd lebten nur 25 Bürger, und der Ortsteil wäre mit einer vergleichbar hohen Anzahl von Flüchtlingen überproportional belastet, heißt es in dem Schreiben, das Bürgermeisterin Leni Gröbmaier (BLD) auf Wunsch der Briefsteller im Gemeinderat verlas. Von "unzumutbarer Härte" ist die Rede, es gebe im Ort keinen Lebensmittelladen, keinen Arzt und keine Apotheke. Zudem lebten viele Frauen in Einöd, weshalb man bitte, "die Entscheidung noch einmal zu überdenken".

Valentin Beham zeigt sich überrascht über die Sorgen seiner Nachbarn. "Mich wundert das, ich habe bisher nichts gehört", sagt er auf Nachfrage. 450 Quadratmeter Fläche habe er dem Landratsamt in seinem Gasthof angeboten, in dem er selbst wohnt. Wie viele Menschen dort genau untergebracht würden, entscheide die Behörde. Wenn diese das Objekt geprüft habe und die Gemeinde einer Nutzungsänderung zustimme, sollen die Flüchtlinge "sobald wie möglich einziehen", sagt Beham. Das Wirtshaus werde er dann schließen. "Die Kinder wollen es nicht übernehmen, und ich muss aus gesundheitlichen Gründen kürzertreten." Dass sich seine Mitbürger offenbar Sorgen machen, werde an dieser Entscheidung nichts ändern. "Das ist eine Hilfe für die Flüchtlinge, für die Gemeinde, für das Landratsamt und für mich auch."

Bürgermeisterin Gröbmaier zeigte Verständnis für die Bedenken der Anwohner, betonte im Gemeinderat aber, dass private Initiativen wichtig seien, um genügend Unterkünfte stellen zu können. Nur dann könne man eine Turnhallenbelegung vermeiden. Eine Gastwirtschaft sei für die Bewohner allemal verträglicher als eine Turnhalle. In privaten Wohnungen habe es, anders als in Massenunterkünften, bislang keine Konflikte gegeben. Zudem gebe es in Einöd immerhin eine Busverbindung nach Geretsried und Bad Tölz. Hubert Prömmer (Grüne) wunderte sich, warum sich die Einöder mit ihrem offenen Brief an die Gemeinde gewandt hätten. "Private, die Plätze zur Verfügung stellen, verhandeln doch mit dem Landratsamt direkt." Die Gemeinde könne dem Wirt nicht verbieten, entsprechende Verträge zu schließen. Martin Pallauf (FW) sagte, er könne verstehen, dass die hohe Zahl der Flüchtlinge, die Bewohner verschrecke. "Wenn das nur sechs oder acht wären, gäbe es weniger Aufruhr."

Bereits im November hat der Gemeinderat zugestimmt, auf zwei gemeindlichen Grundstücken am Kolomanweg in Bairawies und auf dem Bauhofgelände in Obermühltal Unterkünfte zu bauen. Am Dienstag wurde im Gemeinderat ein Vorschlag von Michael Häsch (CSU) abgelehnt, drei weitere Grundstücke am Kolomanweg mit Wohnungen zu bebauen, die zunächst für Flüchtlinge und anschließend für einkommensschwächere Einheimische und anerkannte Asylbewerber zur Verfügung stehen könnten. Man wolle die für Bairawies festgelegte Zahl von 16 Flüchtlingen nicht überschreiten, hieß es. Zudem handle es sich um "Filetgrundstücke" der Gemeinde, die nicht unter Wert für sozialen Wohnungsbau genutzt werden sollten.

© SZ vom 21.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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