Deutscher Bürgerpreis 2017:Hochverdienter Mitbürger

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Bruno Dierl aus Neufahrn bei Egling kümmert sich seit Jahrzehnten ums Trinkwasser. Er erhält dafür den Deutschen Bürgerpreis für das Lebenswerk. Ausgezeichnet werden auch Alltagshelden.

Von Klaus Schieder

Es gibt Menschen, die neben ihrem Beruf dermaßen viel ehrenamtlich arbeiten, dass ihr Tag mehr als 24 Stunden haben muss, mindestens 36, eher 48. So einer ist Bruno Dierl aus Neufahrn bei Egling. Seit 1982 führt er den Wasser- und Bodenverband Neufahrn, seit 1988 ist er auch als Wassermeister dieser Genossenschaft für die Qualität des Trinkwassers von 580 Einwohnern zuständig. Damit aber längst nicht genug: 18 Jahre war er zweiter Vorsitzender des Trachtenvereins Veiglberger und saß mehr als 28 Jahre im Ausschuss der Trachtler, 17 Jahre versah er den Posten des Standartenträgers im Loisachgau, 30 Jahre war er Leiter der Theatergruppe Neufahrn, 18 Jahre Kassier im Veteranenverein. "Wenn man zusammenzählt, kommt man fast auf 200 Jahre Ehrenamt", sagte Landtagsabgeordneter Martin Bachhuber (CSU) bei der Verleihung des Deutschen Bürgerpreises am Donnerstagabend in Bad Tölz an Bruno Dierl für dessen Lebenswerk.

Sie helfen Familien, Jugendlichen und Senioren, kümmern sich um die Versorgung mit Wasser, schnellem Internet oder Kultur oder machen selbst Radio: Acht Gruppen und Einzelpersonen sind im Landkreis mit dem Bürgerpreis ausgezeichnet worden. (Foto: Manfred Neubauer)

Ach ja, fügte Bachhuber in seiner Laudatio launig hinzu, als hätte er es nachgerade vergessen: In der Freiwilligen Feuerwehr Neufahrn sei Dierl seit 1962 dabei - aber das sei ja eh selbstverständlich. Der Neufahrner, der vom Landkreis bereits mit der Isar-Loisach-Medaille ausgezeichnet wurde, sei geradezu ein Paradebeispiel für "vorbildliches, außerordentliches bürgerschaftliches Engagement", sagte der Landtagsabgeordnete. "Ein wirklich hochverdienter Mitbürger."

"Vorausschauend engagiert: Real, digital, kommunal": Unter diesem Motto stand heuer der Bürgerpreis für ehrenamtliche Kräfte, der von der Initiative "Für mich, für uns, für alle" vergeben wird, einem bundesweiten Zusammenschluss von Bundestagsabgeordneten, Kommunen und Sparkassen. In der Rubrik "Alltagshelden" ging er an die Unternehmervereinigung Wirtschaftsraum Wolfratshausen, die Breitbandinitiative Icking, den Don-Bosco-Club Benediktbeuern, die Computer-Senioren und die Familienpaten des Landkreises. In der Kategorie "U21" wurde Batsch!FM - das Freie Stadtradio Geretsried - ausgezeichnet. Ebenfalls fürs "Lebenswerk" wurde Ronald Künemund aus Dietramszell geehrt.

Bruno Dierl freut sich über den Preis. (Foto: Manfred Neubauer)

Der Preis sei "ein Sichtbarmachen des Ehrenamtes", sagte Renate Waßmer, Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Bad Tölz-Wolfratshausen. Zusammen mit Landrat Josef Niedermaier (FW) und Wolfgang Krause, Geschäftsführer im Landratsamt, hatte sie die acht Preisträger ausgesucht. "Im Grund waren alle Bewerbungen preiswürdig", sagte sie. Das hob auch der scheidende Bundestagsabgeordnete Klaus Barthel (SPD) hervor. Allerdings opferten freiwillig Engagierte nicht ihre Freizeit, um einen Preis zu bekommen, "sondern weil es uns allen nützt". Sie zeigten Verantwortung im Staat für den Staat, sagte Bundestagsabgeordneter Alexander Radwan (CSU). Als Mitglied des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag sei er häufig außerhalb Europas unterwegs und erlebe in anderen Ländern, wie Menschen dort Aufgaben alleine dem Staat überließen.

Bruno Dierl aber kümmert sich, wie die anderen Preisträger auch. Um die Wasserversorgung von Neufahrn sicherzustellen, wurde 1935 der Wasser- und Bodenverband als Genossenschaft gegründet. Die Quelle befand sich allerdings in Egling, weshalb es mit dem damaligen Handwerkszeug mühselig und ziemlich kraftraubend war, die Leitung nach Neufahrn zu verlegen. In den ersten 47 Jahren hatte der Verband fünf Vorsitzende, in den 35 Jahren danach nur mehr einen. Unter Dierl wurden Leitungen erneuert, Satzungen geändert, der Hochbehälter saniert, das Pumpenhaus neu gebaut, 2002 eine UV-Anlage installiert. Eine große Herausforderung für eine so kleine Genossenschaft mit derzeit 138 Mitgliedern, wie Bachhuber betonte. Denn für das Trinkwasser als Lebensmittel Nummer eins gälten hierzulande strenge Vorschriften, um die Gesundheit zu schützen. In diesem Zusammenhang wies er alle Bestrebungen in der Europäischen Union zurück, die Trinkwasserversorgung den Kommunen aus der Hand zu nehmen und zu privatisieren. "Für mich wäre das der Super-Gau."

Bruno Dierl will dem Wasserverband noch bis 2020 vorstehen. Danach muss die Genossenschaft das Wasserrecht neu beantragen. Dies will er für seinen Nachfolger vorbereiten, ehe er sich zurückzieht. "Ich schaue, dass ich das noch über die Bühne bringe", sagte er. In einem kurzen Rückblick erzählte er scherzhaft, wie er 1982 das Amt des Vorsitzenden erhielt. Er habe nicht hinein gedrängt, sagte er. "Ich war damals einer von den Langsamsten, alle Anderen hatten sich hingehockt, ich bin noch gestanden - dann bin ich's geworden." Die Führung des Verbands habe er "einfach für unsere Neufahrner" übernommen. Was den Bürgerpreis fürs Lebenswerk betrifft, übte er sich nicht in falscher Abwiegelei. Er gab schlicht zu: "Das hat mich narrisch g'freit."

© SZ vom 29.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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