Debatte um Hallenbäder:Gefährliche Lücke

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Knappe Hallenbad-Kapazität beeinträchtigt bereits den Schulsport - Lebensretter warnen vor Schließung in Ascholding

Silke Bigalke

Weniger Schwimmbäder bedeuten mehr Todesfälle - so drastisch ist die Rechnung von Bernhard Link, dem Vorsitzenden der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) Schäftlarn-Wolfratshausen. Denn weniger Bäder bedeuten, dass auch weniger Schulen Schwimmunterricht anbieten können.

Davor warnen DLRG-Vertreter vor dem Hintergrund, dass das Bad in Ascholding geschlossen werden soll. "Jedes Kind, das nicht schwimmen kann, ist potenziell ein Kind, das die DLRG irgendwann aus dem See fischt", sagt Maiko Alpers, Vorsitzender der Geretsrieder DLRG.

Laut DLRG-Umfrage können bereits jetzt 23,3 Prozent der Deutschen gar nicht oder nur schlecht schwimmen. Trotzdem ist der Schwimmunterricht an den Schulen in Bayern nicht garantiert. "Laut Lehrplan sollen die Schulen ihn nach Möglichkeit anbieten", sagt Norbert Weinhuber, Direktor des Schulamts Bad Tölz Wolfratshausen. Doch wenn es kein Bad am Ort gebe, müsse es auch keinen Schwimmunterricht geben. "Das sollte eine absolute Ausnahme sein", sagt eine Sprecherin des Bayerischen Kultusministeriums.

Die DLRG Schäftlarn-Wolfratshausen hat vergangenes Jahr 40 Grundschulen nach ihrem Schwimmunterricht gefragt - 17 haben geantwortet. Sie haben zwar fast alle Schwimmen angeboten, meist in der dritten Klasse. Mehr als ein Drittel gab aber an, dass die Schwimmfähigkeit der Grundschüler in den vergangenen Jahren schlechter geworden sei.

Es ist überlebenswichtig, Schwimmen zu können", sagt Link von der DLRG. Er selbst ist bei der Wasserrettung am Starnberger See und erlebt immer wieder, dass Selbstüberschätzung und mangelndes Training zu Unfällen führen. Bayern führt laut Link regelmäßig die traurige Statistik an, in der die DLRG die Ertrunkenen zählt. 2010 waren es 83 im Freistaat. Gerade in einem Landkreis, an dem attraktive Seen lockten, müsse es eine gute Schwimmausbildung geben, sagt Link.

Weinhuber, der früher als Lehrer Dritt- und Viertklässlern das Schwimmen beigebracht hat, wünscht sich zwar flächendeckendes Schulschwimmen. "Man muss aber auch die Gemeinden verstehen, für die jedes Bad ein Zuschussgeschäft ist", sagt er. CSU-Landtagsabgeordneter Martin Bachhuber, der sich zuletzt in einem Arbeitskreis für den Schulsport eingesetzt hat, sieht die Eltern in der Pflicht, ihren Kinder das Schwimmen beizubringen: "Man kann nicht immer alles dem Staat aufbürden. Es muss logistisch passen, dass die Schule zum Schwimmen in einen anderen Ort fährt, und es muss bezahlbar sein."

Die beiden Ortsverbände der DLRG bieten Schwimmkurse an. "Allein zu unserem Training am Montag kommen rund hundert Kinder", sagt Alpers von der DLRG Geretsried. Es sind vor allem die Sechs- bis Zehnjährigen, die vorher ihr Seepferdchen gemacht haben. "Die überrennen uns fast. Es müsste viel mehr getan werden von den Schulen."

Link berichtet Ähnliches; die Anfängerkurse der DLRG in Ascholding sind bis zum nächsten Jahr ausgebucht. Der Rettungsschwimmer sieht mit Sorge, dass es immer weniger Raum für konzentriertes Training gibt. "Die meisten Bäder sind inzwischen Freizeitbäder. Hier ist es für die Kinder interessanter zu rutschen, als Bahnen zu schwimmen", sagt Link. Auch er appelliert an die Eltern: Nur wenn diese das Schwimmtraining selbst förderten, könnten sie auch die Forderung nach Schwimmunterricht an den Schulen glaubhaft durchsetzen. (Seite 3)

© SZ vom 02.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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