Das war das Jahr 2015:Kaum Bewegung an der Loisach

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In Wolfratshausen wurde dieses Jahr viel sinniert, aber wenig entschieden. Der Bürgerladen und die S-Bahn beherrschten die Diskussionen

Von Pia Ratzesberger, Wolfratshausen

Auf den ersten Blick scheint sich das Jahr über viel getan zu haben in Wolfratshausen: Wochen-, gar monatelang wurde diskutiert, wie die Trassen der verlängerten S 7 durch die Stadt verlaufen sollen, ob in der Altstadt ein Bürgerladen einzieht oder neue bezahlbare Wohnungen gebaut werden. Doch blickt man zurück, muss man sagen: Trotz all diesen langwierigen Überlegungen hat sich in der Stadt in den vergangenen Monaten nicht allzu viel verändert. Das Jahr 2015 war wohl eher die Zeit des Sinnierens. Entschieden aber wird 2016.

Zum Beispiel am Untermarkt 10, dort stehen die Räume nach wie vor leer, Plakate an den Fensterscheiben werben noch immer für einen Bürgerladen. Zwar hatte der Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) sein Amt mit dem Versprechen angetreten, wieder ein Lebensmittelgeschäft in die Marktstraße zu bringen und so das Zentrum zu beleben, in dem immer mehr leere Fenster gähnen. Doch nachdem im Mai dieses Jahres öffentlich wurde, dass er den Stadträten neue Berechnungen und damit gestiegene Sanierungskosten für das Gebäude verschwiegen hatte, kippte die Stimmung. Eine Initiative aus Wolfratshausern forcierte das Projekt weiterhin. Die Räte aber wollten das Haus am Untermarkt aus dem Besitz der Stadt an einen privaten Investor übergeben, beschlossen dies Anfang Juli, waren sich kurz darauf jedoch uneins, ob sie den Beschluss nicht wieder aufheben sollten. Letztendlich kam es am 6. Dezember zum Bürgerentscheid, das Projekt Bürgerladen scheiterte trotz einer Mehrheit an Ja-Stimmen, weil zu wenig Leute zur Urne gingen. Erst im neuen Jahr wird der Stadtrat also bestimmen, ob er die vorigen Beschlüsse zum Bürgerladen nun aufheben wird - oder nicht.

Ähnlich ist es mit dem bezahlbaren Wohnraum, auch hier hat man während des Jahres viel geredet, aber doch wenig vorangebracht. Schon im März forderte Obdachlosenbetreuerin Ines Lobenstein von der Caritas im Sozialausschuss des Stadtrates zum wiederholten Male mehr Wohnungen. Das Obdachlosenheim der Caritas ist mittlerweile voll belegt, selbst eine Auszubildende musste dort unterkommen, weil sie sich innerhalb der Stadt kein Zimmer leisten konnte. Die örtliche Baugenossenschaft würde zwar gerne Sozialwohnungen bauen, bekommt eigenen Aussagen zufolge aber keine Grundstücke - das einzige Projekt des Jahres sind 28 Appartements am Poingring, die 2016 fertig werden sollen. Richtfest war Anfang Dezember. Weitere Projekte? Das werde sich im kommenden Jahr entscheiden, heißt aus dem Vorstand der Baugenossenschaft.

Sicher ist immerhin, dass auf dem Gelände des Möbel Mahler in Zukunft der österreichische Konzern XXXLutz übernehmen wird. Mahler hatte seine Immobilie im November verkauft. Dabei war im Oktober noch allein von einer Beteiligung, nicht aber einer Übernahme die Rede gewesen. Ob Bürgermeister Klaus Heilinglechner es nun schafft, neben dem großen Möbelhaus auch das Elektrounternehmen Media Markt für das Areal gewinnen zu können, wie er und manche der Stadträte forcieren, wird sich 2016 zeigen.

Der Bürgerladen wird nicht in den Untermarkt 10 einziehen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Nicht nur Möbel Mahler hat in diesem Jahr Wolfratshausen verlassen, die Stadt verlor auch so manches an den Nachbar Geretsried: Im Juli siedelte etwa die Freie Walddorfschule dorthin um, im Dezember kündigte das Logistikunternehmen Loxxess an, seinen Wolfratshauser Standort mit 80 Arbeitsplätzen nach Geretsried zu verlegen.

Immerhin sind sich die beiden Städte, die zunehmend um Standorte und Unternehmen konkurrieren, in diesem Jahr in einer Sache einig geworden: der Verlängerung der S 7. Geretsried, Wolfratshausen und der Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen teilen sich die Kosten von 17 Millionen Euro für einen zusätzlichen S-Bahn-Trog, beschlossen sie im Oktober. Einen solchen Trog brauchte es, weil man in Wolfratshausen beharrlich darauf bestand, die Gleise im Bereich der Sauerlacher Straße tieferzulegen, um zu viel Verkehr zu vermeiden - Verkehr, den eine Warteschranke mit sich bringen würde. Jahre hat es gedauert, bis man sich 2015 nun auf diesen Kompromiss einigen konnte. Jahre wird es dauern, bis die neue Trasse fertiggestellt ist und die S 7 tatsächlich von Wolfratshausen weiter nach Geretsried fährt. Aber lange Wartezeiten ist man an der Loisach schließlich gewohnt. Und das nicht erst seit diesem Jahr.

© SZ vom 28.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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