Bürgerversammlung:Dietramszeller Bürgermeister wehrt sich gegen Kritik

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Unterkünfte für Flüchtlinge, der Geschichtspfad, die Personallage in den Kitas und die Finanzsituation der Gemeinde gehörten zu den Themen der Jahresberichts von Bürgermeister Josef Hauser in der Bürgerversammlung. (Foto: Manfred Neubauer)

Josef Hauser weist Vorwürfe des Landkreises wegen der unzureichenden Unterbringung von Flüchtlingen in seiner Gemeinde zurück. Weitere Themen sind die Dorferneuerung, der Geschichtspfad und die Situation in den Kitas.

Von Petra Schneider, Dietramszell

In Geretsried, Wolfratshausen und Bad Tölz ist zuletzt Kritik laut geworden, kleinere Gemeinden würden sich bei der Unterbringung von Geflüchteten "wegducken" und Solidarität vermissen lassen. In der Bürgerversammlung hat Bürgermeister Josef Hauser (FW) diesen Vorwurf zurückgewiesen und seinerseits das Landratsamt kritisiert: Bereits im August habe man das aufgelassene Hallenbad in Ascholding, ein gemeindeeigenes Haus in Untermühltal, den ehemaligen Kindergarten in Ascholding und die alte Schule in Linden als mögliche Unterkünfte gemeldet. Bis dato habe es aber noch keine Rückmeldung des Landratsamts gegeben. Außerdem sei eine neue Option hinzugekommen, "an der ich hinter den Kulissen mitgewirkt habe", wie Hauser erklärte: die leer stehende Öko-Akademie in Linden, in der nach Ansicht der Gemeinde zwischen 59 und 118 Menschen untergebracht werden könnten. "Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht", sagte Hauser.

Jetzt sei der Landkreis am Zug. Denn der Bauausschuss habe bereits eine entsprechende Nutzungsänderung für die Öko-Akademie gebilligt, das Landratsamt allerdings noch nicht. Wenn der Vertrag mit den Eigentümern zustande komme, wolle man die alte Schule in Linden aus der Liste streichen, erklärte Hauser. "Weil es unfair ist, wenn in einer Ortschaft gleich zwei Flüchtlingsunterkünfte sind." Stattdessen soll der dort eigentlich geplante Umbau zu Mitarbeiterwohnungen zeitnah beginnen.

Die leer stehende Öko-Akademie in Linden hat die Gemeinde für die Unterbringung von Geflüchteten vorgeschlagen. (Foto: Manfred Neubauer)

Dietramszell unterschreitet die Unterbringungsquote derzeit am deutlichsten von allen Kommunen im Kreis. 105 Plätze fehlen nach dem Königsteiner Schlüssel. Dies räumte Hauser ein. Gemessen an der Einwohnerzahl sei Dietramszell zwar die fünftgrößte Kommune im Landkreis, allerdings verteilt auf 60 Ortschaften, in denen es meist weder Einkaufsmöglichkeiten noch Ärzte oder eine Busanbindung gebe, sagte er. Dort Flüchtlinge unterzubringen, sei schwierig. "Ich weiß nicht, wie das langfristig gelöst werden soll", sagte Hauser. Es gebe kein Recht auf Wohlstand, "und wenn Kriege geführt werden, ist das nicht unser Verschulden".

Gut 100 Bürgerinnen und Bürger waren am Freitagabend in den Gasthof Peiß gekommen, Kritik gab es nicht und nur wenige Fragen. Dass weder Landrat Josef Niedermaier (FW) noch einer seiner Stellvertreter gekommen waren, sorgte bei manchen Teilnehmenden für Unverständnis. Zu den großen Projekten der Gemeinde, auf die Hauser in seinem gut zweistündigen Rechenschaftsbericht einging, gehört die Dorferneuerung mit dem neuen Dorfplatz vor der Klosterschänke, der am 15. August eingeweiht wurde.

2024 soll der Geschichtspfad auf der Angerwiese fertiggestellt werden

Im kommenden Jahr soll der Geschichtspfad auf der Angerwiese folgen, der ebenfalls zu 65 Prozent vom Amt für ländliche Entwicklung gefördert wird. Die Texte für die Info-Tafeln wurden unter Federführung des Historikers Michael Holzmann erarbeitet, das Eichenholz für die Stelen stiftet die Familie von Schilcher. Ebenfalls 2024 soll endlich der letzte große Bauabschnitt der Schulhaussanierung beendet werden: Dach und Fassade von Bauteil D und Turnhalle, energetische Sanierung, Erweiterung der Bücherei.

Problematisch bleibt die Personalsituation in den Kitas. Die Gemeinde habe sogar eine Kinowerbung geschaltet, um Erzieherinnen zu finden, erklärte Hauser. Zum neuen Kindergartenjahr mussten die Gebühren deutlich erhöht werden. Für eine Betreuung von bis zu fünf Stunden täglich zahlen Eltern statt 111 nun 149 Euro pro Monat. Allerdings gebe es vom Freistaat einen monatlichen Zuschuss von 100 Euro pro Kind.

In finanzieller Hinsicht habe Dietramszell "die Kuppe erreicht, wenn uns nicht die Kreisumlage einholt", sagte Hauser. Die Gewerbesteuereinnahmen lagen im Oktober bereits rund eine halbe Million Euro über dem Jahresansatz, die im Januar eingeführte Zweitwohnungssteuer brachte Einnahmen von rund 60 000 Euro und die Schulden sind seit 2018 von 2,1 Millionen auf rund 850 000 Euro gesunken. Auf die Frage eines Bürgers, wie die Gemeinde eine Fläche von rund 14 Hektar für Photovoltaik-Freiflächenanlagen errechnet habe, antwortete der Bürgermeister: Damit könnte der aktuelle Strombedarf voll gedeckt werden. Mit den vorhandenen PV-Anlagen auf Dächern, die bereits 60 Prozent erzeugen, hätte man einen Puffer für zukünftige Bedarfssteigerungen.

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Politik in Dietramszell
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Für die Gemeinde wäre dies "keine schlechte Lösung", denn sie kann bislang ihre Quote nicht erfüllen.

Von Petra Schneider

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