Bühne:Posse in der Provinz

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Polizeiobermeister Fendt (Andreas Wastian) und seine Kollegin Schneider (Christine Brauner) ertragen Odlbaching nur mit einem Joint. (Foto: Hartmut Pöstges)

Polizeiarbeit in Odlbaching wird dann interessant, wenn der Gartenzwerg den Stinkefinger zeigt. Oder wenn sich der Chef ankündigt.

Von Julian Erbersdobler, Geretsried

Wer in Odlbaching, diesem traurigen Flecken Erde, einen Sehnsuchtsort sehen möchte, muss kiffen. Das haben am Donnerstagabend auch Polizeiobermeister Fendt (Andreas Wastian) und seine Kollegin Schneider (Christine Brauner) erkannt. Fendt nimmt einen tiefen Zug, dann noch einen, und irgendwann ist er so benebelt, dass er auf allen Vieren durchs Büro galoppiert. Beweismittelaufnahme in Odlbaching.

Schon bei der Generalprobe im Geretsrieder Ratsstubensaal wird klar: Das neue Stück der Loisachtaler Bauernbühne "Dümmer als die Polizei erlaubt" macht richtig Spaß. Regie führt erstmals Melanie Tobian, die neue Vorsitzende des Theatervereins. Es dauert nicht lange, bis man Sympathien für die chaotische Polizeicrew auf der Bühne entwickelt. Besonders für Polizeiobermeister Fendt. Der arbeitet gerne nur in Socken und noch lieber mit den Füßen auf dem Tisch. Also am liebsten gar nicht. Schneider, nur Polizeimeisterin, muss immer ans Telefon gehen, wenn es denn mal klingelt. Fendts Begründung: "Da Ober sticht an Unter!"

Hauptkommissar Posch (Jörg Schwenger) muss den Laden irgendwie zusammenhalten. Er leitet die Dienststelle in Odlbaching nur, weil er vom Münchner Hasenbergl strafversetzt wurde. Früher hat Posch Mörder und Verbrecher gejagt. In der Provinz freut er sich über Katzen, die vom Baum gerettet werden müssen, Stinkefinger zeigende Gartenzwerge, die eine harmlose Schlägerei im Schrebergarten auslösen und zwei Kollegen, die weder besoffen noch bekifft zur Arbeit erscheinen.

Immerhin gibt es einen Lichtblick, Gaby Strobl (Melissa Demmel). Die blonde Sekretärin, Brille, Bluse, Rock, hat es dem Hauptkommissar angetan. Das Problem: Gaby und der Schweinezüchter Oskar (Michael Hanak) flirten schon seit längerem. Am liebsten würde Posch sowieso wieder zurück nach München gehen. Aus Sicht des Publikums kann man seine Entscheidung nicht nachvollziehen. Das liegt auch an einer weiteren Figur, die immer wieder Lacher auslöst. Putzmann Ali (Tom Janoschi) hat es auch nicht so mit der Arbeitsmoral. Da passt er ganz gut zu seinen Kollegen in der Dienststelle. Ali trägt Goldketten, enge T-Shirts und Jogginghosen.

Wenn es die Dorfratschn Elfriede Moser (Margareta Schwarz) nicht geben würde, könnte die Polizeistation eigentlich dichtmachen. Moser sieht überall Verbrechen. Selbst wenn der Nachbarsbub einen Apfel vom Baum reißt, pocht sie auf eine Anzeige. Als Zuschauer muss man der Frau dankbar sein. Auch, weil sie Sätze sagt wie diesen: "Am ganzen Rad kein Rücklicht, weder hinten noch vorne."

Die neue Produktion der Loisachtaler überzeugt nicht nur mit überzeichneten Charakteren, auch das Bühnenbild ist schön anzusehen. Gelb gestrichene Wände, Aktenordner an Aktenorder, ein kleiner Kaktus, Beamtentum als Einrichtungsstil. Rechts vom kleinen Schreibtisch, der zentral im Büro steht, geht es zu den Zellen. Die sind aber die meiste Zeit leer. Odlbaching ist ja nicht Berlin Neukölln. Wie in jeder guten Geschichte gibt es auch in diesem Stück einen Wendepunkt. Er heißt Hrdliczka (Hermann Paetzmann) und ist Polizeipräsident. Das ist der Mann, der für die Versetzung von Hauptkommissar Posch verantwortlich ist.

Dieser Hrdliczka will sich ausgerechnet in Odlbaching die Polizeiinspektion mal näher anschauen. Der Anfang vom Ende, das ahnt man schon, wenn man von dieser Ankündigung hört. Um das zu verhindern, kommt der Hauptkommissar auf die Idee, seine Chaos-Crew um Fendt und Schneider auf den Besuch vorzubereiten. Liegestütze, Hampelmann, Kniebeugen, aber auch Wissensfragen. Das Fazit des kurzen Trainingscamps: "Lauter Depp'n und i bin da Chef." Wie es weitergeht, wird nicht verraten.

Dass Ludwig Wiggerl Gollwitzer in diesem Jahr nicht als Schauspieler, sondern in einer anderen Funktion mitwirkt, ist dagegen kein Geheimnis mehr. Ausgestattet mit Trachtenhut, Lederhosn und Kuhglocke übernimmt er den Prolog. Als "fast senior" könne er das Stück jetzt endlich auch mal als Zuschauer verfolgen, sagt er.

Zu sehen in den Geretsrieder Ratsstuben am 21., 27. und 28. Oktober sowie am 10., 11., 12., 17., 18., und 19. November, in der Wolfratshauser Loisachhalle am Samstag, 25. November. Beginn freitags und samstags 20 Uhr, sonntags 18 Uhr . Karten unter Telefon 08171/92 6031, per E-Mail an info@loisachtaler-bb.de und im Wolfratshauser Gummibärchenladen.

© SZ vom 21.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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