Ausstellung im Maierhof:Königin mit vielen Gesichtern

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Die Benediktenwand im Frühjahr 2023, gesehen von Matthias Gangkofner (Pastell auf Papier, 32 x 24 cm). (Foto: Privat/oh)

Matthias Gangkofner malt seit 20 Jahren die Benediktenwand. Er malt sie wieder und wieder. Und niemals sieht sie so wie gestern aus.

Von Stephanie Schwaderer, Benediktbeuern

Manchmal liegt die Benediktenwand fast in der Karibik. Dann möchte man eintauchen in das Blau und Grün zu ihren Füßen, möchte baden in all der stillen Frische. Sie kann aber auch anders sein - massiv, schroff, dunkel. Dann wieder hüllt sie sich in flirrendes Licht oder segelt im Abendrot davon in eine tiefschwarze Nacht. Worauf Matthias Gangkofner sich jedoch verlassen kann: Wenn er am Morgen aus seinem Atelier tritt, steht sie da. "Direkt vor meiner Nase." Und dann lässt sie ihn irgendwann doch wieder zum Skizzenbuch greifen, zum Stift, zum Pinsel oder zu den Kreiden. Nun widmet er ihr eine ganze Ausstellung im Kloster Benediktbeuern. Der Titel lautet schlicht wie Stein "Benediktenwand".

Matthias Gangkofner vor einem seiner neuesten Gemälde. (Foto: Manfred Neubauer)

Dabei ist Gangkofner alles andere als ein Landschaftsmaler. Von 1981 bis 1987 studierte er Bildhauerei an der Akademie der bildenden Künste in München. Seine Bronzen, Skulpturen und Porträts finden sich in vielen Sammlungen. Er hat die Büsten des Malers Franz von Lenbach und der Mathematikerin Emmy Noether in der Ruhmeshalle München geschaffen und ein Kreuz aus Glas für die Wallfahrtskirche Windbergen. "Dass es mich immer wieder zur Landschaftsmalerei zieht, das ist schon der Benediktenwand zu verdanken", sagt er.

Vor 20 Jahren hat er sein Atelier am Boschhof eingerichtet, einem vergessenen Fleckchen Land am Rand des Königsdorfer Moors. 2009 begann er dort ein intensives Projekt. Ein Jahr lang skizzierte er die Benediktenwand, seine stumme Nachbarin, die an keinem Tag wie am vorherigen aussieht. Er porträtierte sie bei Sonne und Schnee, von oben, unten und manch einer Seite. Aus Bergen von Papier entstand schließlich das Buch "Benediktenwand/09 - Ein Jahr, hundert Zeichnungen" mit einem Text von Lukas Hammerstein. Papst Benedikt hatte seine Freude daran (was Gangkofner mit einem Brief aus dem Vatikan bezeugen kann), aber auch die Gemeinde Benediktbeuern, die nun ein originelles Gastgeschenk auf Lager hat. Von ihr ging auch die Initiative zur aktuellen Ausstellung aus.

Hintergrund ist, dass das 1800 Meter hohe Bergmassiv in Kürze ein neues Gipfelkreuz bekommen soll. Seit Monaten hält dies viele Leute im Dorf in Atem. 1,4 Tonnen wiegt das zehn Meter lange Kreuz aus Lärchenholz, das bald durch steiles Gelände geschleppt werden will. 140 Männer werden mit anpacken. Eine Aktion, die offenbar ganz nach Gangkofners Geschmack ist. "Da würde ich auch mitmachen, wenn ich gefragt würde", sagt er begeistert. Kein zweiter Berg habe so sehr ein Gipfelkreuz verdient. "Von hier, von Benediktbeuern aus, wurde die Intellektualisierung ins Land getragen."

Als großes Glück empfindet er es, dass seine Bilder nun im Osttrakt des Klosters hängen, genauer in einem ehemaligen Gewölbestall des Maierhofs, in dem künftig das Zentrum für Trachtengewand des Bezirks Oberbayern seine Schätze präsentieren wird. "Mir wurde freundlicherweise die Interimsnutzung zugestanden." Die Bergbilder können in dem lichten Saal ihre ganze Wirkung entfalten. Vier Groß- und sieben Mittelformate hat der Künstler ausgewählt, vier kleine Pastelle und 20 Zeichnungen, die noch von seinem Buchprojekt stammen.

Die Ausstellung ist im Forum Heimat & Kultur des Bezirks Oberbayern zu sehen. (Foto: Manfred Neubauer)

Die Ausstellung zeigt einen Berg mit vielen Gesichtern - und einen Maler, für den das Gleiche gilt. Gerade die jüngsten Arbeiten könnten unterschiedlicher kaum sein. Da sind zum einen zwei expressive Ölgemälde in Rot, Blau und Gelb, die sofort den Blick auf sich ziehen. Die Benediktenwand ist auf ihnen ganz in den Hintergrund gerückt oder nur noch stellenweise als Silhouette zu erahnen. Stattdessen bestimmen zinnoberrote Bäume das Geschehen. Windschief ragen sie aus Wassermassen, während Lichtreflexionen wie ein wildes Tier durchs Geäst springen. "Hochwasser an der Loisach", sagt Gangkofner, "daran gewöhnt man sich ja allmählich."

Ganz anders die bezaubernden Pastellzeichnungen, in denen er die Benediktenwand wie eine Königin umschmeichelt. Mal trägt sie ein Mäntelchen aus Morgenrot, mal eine Haube aus Schnee. Ob er wohl derjenige Maler ist, der sie am häufigsten gemalt hat? "Das bezweifle ich", sagt Gangkofner. "Ich denke, das haben schon viele gemacht."

Er dürfte jedoch der einzige sein, der sie nicht nur im Oberland, sondern auch in London, an der Nordsee und in Apulien porträtiert, wieder und wieder und wieder. "Ich male viel aus dem Kopf", sagt er. Oft brauche es vier, fünf Entwürfe, bis ein Bild gelinge. "Und dann darf man nicht aufhören, dann muss man dranbleiben." Vielleicht hat sich auch ein Hauch von Heimweh in manch einem dieser Bilder niedergeschlagen - Sehnsucht nach dem blaugrünen Land.

Matthias Gangkofner: Benediktenwand, Forum Heimat & Kultur des Bezirks Oberbayern, Michael-Ötschmann-Weg 4, Kloster Benediktbeuern (Maierhof); Vernissage am Donnerstag, 29. Juni, 19 Uhr; die Ausstellung läuft bis 28. Juli und ist Freitag, Samstag und Sonntag von 15 bis 18 Uhr geöffnet.

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