Banater Straße in Geretsried:Neue Heimat XXL

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Angesichts gestiegener Preise und Zinssätze dürfte sich die Bauwirtschaft erst einmal schwertun, Projekte wie das an der Banater Straße in Geretsried mit knapp 800 Wohnungen zu stemmen. (Foto: Krämmel Wohn- und Gewerbebau GmbH by smpl/oh)

Der Geretsrieder Stadtrat begutachtet die Pläne für das rund 800 Wohnungen umfassende Bauprojekt der Krämmel-Gruppe. Knackpunkte sind Schallschutz und Verkehr

Von Felicitas Amler, Geretsried

Auf dem Papier ist alles geregelt, und das sollen nun auch die Geretsrieder noch einmal begutachten können. Die Stadt legt die Pläne für das riesige Wohnbauprojekt der Krämmel-Gruppe an der Banater Straße erneut aus: An die 800 Wohnungen für etwa 1500 Menschen - Eigentums-, Miet- und Sozialwohnungen - sollen in den kommenden fünf bis acht Jahren auf dem mehr als vier Hektar großen Gelände in Gartenberg errichtet werden. Probleme mit dem Schallschutz wegen der umliegenden Gewerbe- und Industriebetriebe sollen durch "intelligente Architektur" ausgeschlossen, die jetzt schon schwierige Verkehrssituation durch eine koordinierte Ampelanlage verbessert werden. Im Stadtrat haben am Dienstagabend zu all diesen Fragen der Architekt Klaus Kehrbaum und mehrere Gutachter gesprochen. Kehrbaum sagte, das Gebiet "muss eine neue Heimat für alle Bewohner werden". Der Bau könnte, wenn die Pläne im Januar/Februar gebilligt werden, 2019 begonnen werden. Das letzte Wort hatte Geschäftsführer Korbinian Krämmel, der seine Vision eines baulich, sozial und ökologisch vorbildlichen Quartiers vorstellte.

Die Pläne für das Großprojekt haben sich seit den ersten Entwürfen vor drei Jahren deutlich verändert: Anstelle mehrerer u-förmiger Baukörper hat Kehrbaum inzwischen eine nach außen abschottende achtgeschossige, nach innen um ein bis drei Geschosse abgestufte und lockerer angeordnete Bebauung vorgesehen. Im Innern ist viel Grün zu sehen, Treffpunkte und Spielbereiche sind dargestellt, ein halbgeschossig nach unten gelegtes Parkdeck durchzieht das Gelände, das oberirdisch auto- und barrierefrei sein soll. Fest geplant sind ein Haus für Kinder und ein darüberliegendes Boarding-House. "Ergänzende Nutzungen" sind gewünscht, Planer und Investor denken etwa an eine Bäckerei und ein Café, aber auch an Betreutes Wohnen, ein Quartiersmanagement und Kulturtreffs.

Heikle Lage

Dreh- und Angelpunkt der Planung ist die immissionsschutzrechtlich heikle Lage. Denn die Industriebrache an der Banater Straße - dort war einst die Spielzeugfabrik Lorenz angesiedelt - liegt inmitten eines Gewerbegebiets. Das Areal wurde von einem Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel in ein allgemeines Wohngebiet umgewidmet. Die Nachbarn - Aldi, Speck Kolbenpumpen, Bauer Kompressoren, Pizzabäcker Franco Francesco und die Feuerwehr - haben jeweils Anspruch auf bestimmte Schallemissionen. Von Anfang an gab es gegen das Wohnbauprojekt den Einwand, es könne das umliegende Gewerbe gefährden, wenn Bewohner über Lärm zu klagen hätten.

Gutachter Jens Hunecke aus dem Ingenieur-Büro Steger und Partner legte im Stadtrat dar, dass der Schallschutz für das Gebiet von mehreren Gutachtern im Vier-Augen-Prinzip beurteilt worden sei. Er nannte es "eine sportliche Aufgabe", die Architektur den Bedürfnissen anzupassen, so dass im Innern der Wohnsiedlung "die Insel der Seligen" sei. Nach außen dürfe es keine Fenster zu sogenannten schutzbedürftigen Räumen - Wohnen, Schlafen, Kinder - geben. Die Gutachter seien aber bei ihren Anforderungen bewusst von "drastisch überschätzten" Lärmszenarien ausgegangen; man sei damit "auf der sicheren Seite". Die Frage von CSU-Stadtrat Andreas Rottmüller, ob die umliegenden Betriebe nach jetziger Planung mit der Situation leben könnten, beantwortete der Gutachter mit: "Aus unserer Sicht ja."

Die zweite Herausforderung ist der Verkehr. Neuralgisch ist die Kreuzung Elbe-/Blumenstraße - und zwar laut Gutachter Martin Heinze vom Ingenieurbüro Schlothauer und Wauer schon heute. Die Situation sei in der Terminologie der Verkehrsplaner nur mit einem F zu bewerten, was einer Schulnote 5 entspreche. Allerdings lasse sich mit einer Ampelanlage, die gleichzeitig mit jener an der Bundesstraße 11/Blumenstraße koordiniert wird, alles zu einer Note B = 2 verbessern - auch bei angenommen 4000 zusätzlichen Fahrten täglich.

Die Frage von Hans Hopfner (SPD), ob es gute Regelungen für Fußgänger und Radfahrer im Kreuzungsbereich rund um die B 11 gebe, bleib letztlich offen; an eine Unterführung, wie Hopfner sie vorschlug, war offenbar noch nicht gedacht worden. Äußerst unzufrieden zeigte sich Karin Schmid (CSU) mit den gutachterlichen Entwürfen. Sie habe auf eine "vorausschauende und großzügige" Lösung gehofft, sehe aber nur eine "kleinkarierte", die gar nicht in die Zukunft gerichtet sei. Ihre Frage, ob die Ampel nur eine Notlösung, ein Provisorium sei, bis die B 11 wie geplant verlegt und ausgebaut wird, bejahte Bürgermeister Michael Müller (CSU).

© SZ vom 06.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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