Wohnen in Bad Tölz:Erbbaumodell auf der Zwickerwiese

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Der Tölzer Stadtrat stimmt mehrheitlich für einen Antrag der Grünen, neun der 23 Bauparzellen in eigener Hand zu behalten.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

23 Parzellen umfasst das neue Wohnbaugebiet auf der Zwickerwiese, neun davon werden über das Erbbaurecht vergeben. Einem entsprechenden Antrag der Grünen und von Julia Dostthaler (CSU) stimmte der Tölzer Stadtrat am Dienstagabend mit 14 zu zehn Stimmen zu. Über dieses Modell bekämen auch Bauwerber, die nicht so zahlungskräftig seien, also gerade junge Familien, die Chance auf ein Eigenheim, argumentierte Grünen-Fraktionssprecherin Johanna Pfund. Zudem halte die Stadt bei den neun Parzellen, die für drei Dreispänner reserviert sind, "die Hand drauf" und vermeide private Bodenspekulationen. Der Stadtrat beschloss außerdem einen einheitlichen Kaufpreis von 850 Euro pro Quadratmeter und legte einen Wertekatalog für die Vergabe fest.

Pfund verwies auf den "sozialen Faktor", der mit dem Erbbaurecht ins Spiel komme. Damit hätten auch Familien, die mit ihrem Wunsch nach den eigenen vier Wänden finanziell eher "auf der Kippe stehen", noch die Möglichkeit zu investieren, sagte sie. So erreiche man eine "bessere soziale Durchmischung" des neuen Baugebietes Hintersberg II. Die neun Parzellen blieben im Besitz der Stadt, die von den Erbbauzinsen und von der Wertsteigerung profitiere, auch wenn sie nicht gleich Einnahmen habe wie bei einem Verkauf. Für die Familien entstünden weniger Kosten für die Grunderwerbsteuer und für den Notar, erklärte Pfund. "850 Euro - das ist sowieso kein Schnäppchen."

Die Stadtverwaltung trug eine ganze Reihe von Gegenargumenten vor. Sie verwies auf eine Umfrage von 2019 mit 148 ausgewerteten Fragebögen. Damals habe bloß ein einziger Interessent ein Erbbau-Modell für eine Zwei-Zimmer-Wohnung gesucht. Alle anderen wollten die Grundstücke fürs Haus kaufen. Deshalb hatte auch die Arbeitsgruppe Wohnen mit Stadträten und Verwaltungsmitarbeitern ein Erbaumodell nach langer Debatte nicht favorisiert. Überdies verwende die Stadt das Geld auf dem Verkauf der Parzellen für eine Sonderrücklage "Sozialer Wohnungsbau", sagte Stadtkämmerer Hermann Froster. Problematisch sei auch die Situation bei der Übernahme eines Bauobjekts, dem sogenannten "Heimfall". Mit dem Eigentümer müsste sich die Stadt dann auf eine Entschädigung einigen und das Wohnhaus danach noch energetisch sanieren.

Bärbel Weixner (Grüne) fand es "sehr ärgerlich", dass die Stadtverwaltung nur negative Punkte zum Erbbaurecht auflistete. Nach Ansicht von Richard Hoch (Grüne) hat Bad Tölz für den sozialen Wohnungsbau auch andere Rücklagen. Es sei mithin "nicht die Frage, ob wir uns sozialen Wohnungsbau leisten können oder nicht." Johannes Gundermann (Grüne) schlug vor, das Erbbaurecht zunächst einmal anzubieten. Wenn sich dafür niemand interessiere, könne man immer noch verkaufen, sagte er. Für Willi Streicher (SPD) hätte die Stadt mit den neun Parzellen im Erbbaumodell "ein größeres Portfolio" auf der Zwickerwiese. Vielleicht kämen so noch neue Bewerber hinzu, meinte er.

Anton Mayer (CSU) sprach sich gegen den Grünen-Antrag aus. Normalerweise sei er "ein Freund des Erbbaurechts", bekundete er. Aber nachdem er einen halben Tag lang gerechnet habe, komme er mit dem von den Grünen vorgeschlagenen Erbbauzins von 1,75 Prozent per annum sowie den üblichen Tilgungssätzen auf eine monatliche Belastung von 1740 Euro. Bei einem Kauf wären es indes 1892 Euro. Die seien zwar rund 150 Euro mehr, "aber dafür gehört mir das Grundstück, und ich kann damit dann machen, was ich will". Michael Lindmair (FWG) vermisste "eine städtebauliche Idee" hinter dem Antrag der Grünen. Was geschehe mit den Grundstück, wenn das Erbbaurecht ende, fragte er: "Schmeiße ich die Familie dann raus?" Eine Frage, die Stadtrat Hoch "sehr weit hergeholt" fand. "Noch ist da keiner rausgeschmissen worden." Am Ende stimmten neben den sieben Stadträten der Grünen auch Willi Streicher, Filiz Cetin (beide SPD), Ulrich Fottner, Ulrike Bomhard (beide FWG), Julia Dostthaler, Josef Steigenberger und Gabriele Frei (alle CSU) für den Antrag.

Knapp fiel auch die Abstimmung über den Kaufpreis aus, den die Stadt von einem Gutachter bestimmen ließ. Den Vorschlag, sechs der 23 Parzellen wegen ihrer Nähe zum Wald und drohendem Windwurf zu einem günstigeren Preis von 800 Euro pro Quadratmeter zu offerieren, lehnte der Stadtrat mit 13 zu elf Stimmen ab. Einmütig segnete das Gremium hingegen den Wertekatalog ab, nach dem die Vergabe der Bauparzellen erfolgen soll. Je nach Familienverhältnissen, Einkommen, Grad einer Schwerbehinderung, Wohnsitz und Arbeitsplatz in Bad Tölz gibt es eine Reihe von Punkten. Johanna Pfund und René Mühlberger (CSU) bezeichneten das System als durchaus ausgewogen. Auf Anregung von Pfund sollen Paare und Alleinerziehende mit Kindern dabei gleichgestellt werden.

© SZ vom 20.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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