Abgeschnitten:Großbaustelle Nockhergasse

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Die Nockhergasse in Bad Tölz bekommt neue Gas-, Wasser- und Stromleitungen und ist daher für den Verkehr gesperrt. (Foto: Manfred Neubauer)

Die Sperrung der Tölzer Verkehrsader betrifft vor allem die anliegenden Geschäftsleute. Manche ärgern sich über die Stadtwerke, andere machen aus der Not eine Tugend.

Von Viktoria Spinrad, Bad Tölz

Unlängst hatte Snezana Schreibauer einen Lieferanten am Handy. Der Mann steckte in einem Dickicht aus Umgehungsschildern, Baggern und Staub fest. Schreibauer schloss ihr Café an der Nockhergasse ab, eilte zum Lieferanten und lotste den Überbringer von Kaffee und anderen Utensilien über den engen und steilen Kalvarienberg und den Maierbräugasteig näher an ihr Café. Sie sagt: "Ich bin ja auf die Lieferungen angewiesen."

Dieser Tage müssen die Händler rund um die Tölzer Nockhergasse Nerven bewahren, denn sie haben mit den Herausforderungen einer Großbaustelle vor ihren Türen zu kämpfen. Da die Leitungen der Gas-, Wasser- und Stromversorgung saniert werden, ist die Tölzer Lebensader und Einbahnstraße zudem seit zwei Wochen zur Hälfte für den Verkehr geschlossen. Der bestimmende Klang sind nun brummende Bagger, die bis zu 100 Jahre alte Leitungen aus dem Boden schaufeln. Das bedeutet Staub, Hitze - und die Suche nach Schleichrouten.

Die Baustelle hat auch Einfluss auf den Publikumsverkehr. Manche Ladenbesitzer berichten, dass die Kundenzahlen um bis zu ein Viertel eingebrochen seien. "Wir haben einfach weniger Laufkundschaft", sagt Jochen Weber vom Blumenladen Fritz. Ähnliches ist aus der Änderungsschneiderei Express am nördlichen Ende der Straße zu vernehmen. Viele Kunden könnten ihre Sachen nicht mehr mit dem Auto holen oder bringen und blieben deshalb aus. Zwar haben Anwohner spezielle Ausweise bekommen, mit denen sie bis zum Nadelöhr der Baustelle fahren dürfen. Doch Kunden oder Lieferanten sind nicht eingeschlossen. Was machen da Unternehmer, die ihre Produkte via Päckchen an den Käufer bringen? "Ich habe wirklich keinen Plan", sagt Shiv Arora, der einen Versandhandel für Lederwaren betreibt. In dieser Woche erwartet er eine Containerlieferung - und wird wohl wie die Cafébesitzerin improvisieren müssen.

Snezana Schreibauer vom Café im Süden bewirtet die Bauarbeiter mit Kaffee und Kuchen: "Die Jungs schuften von früh bis spät." (Foto: Manfred Neubauer)

Was bei den Gesprächen deutlich wird: Die Anwohner der Nockhergasse sehen durchaus ein, dass die Arbeiten notwendig sind. Nach dem Motto: Es muss ja gemacht werden. Auf der anderen Seite kritisieren sie jedoch die Informationspolitik der Stadtwerke. So klagen Anwohner und Geschäftstreibende, dass sie erst wenige Tage vor der Straßensperrung Anfang Juli über den Baubeginn informiert worden seien. "Hätte ich es früher gewusst, hätte ich die Urlaube anders gelegt", sagt Ulrike Diegmann aus der Stadtapotheke. Jochen Weber vom Blumenladen in der anliegenden Rathausgasse ärgert sich, dass er gar nicht erst zur Informationsveranstaltung eingeladen worden sei. "Da geht es auch ums Fingerspitzengefühl", sagt er.

Darum ist nun Julia Mohaupt bemüht. Die Sprecherin der Tölzer Stadtwerke betont, dass sie die Unannehmlichkeiten bedaure - auch wenn dies nichts an der Tatsache ändere, "dass es gemacht werden muss". Darüber seien die Anwohner bereits im Herbst persönlich informiert worden. Sie betont das Positive: Der Gehweg sei weiterhin benutzbar, was am Anfang so nicht ersichtlich gewesen sei. Zudem kämen die Arbeiten so zügig voran wie angekündigt. Und der Kolbergarten-Parkplatz am südlichen Ende der Straße soll über die gesamte Zeit weiterhin nutzbar sein.

Derweil versuchen viele Händler, aus der Not eine Tugend zu machen. Während einige die Großbaustelle vor ihrer Haustür zum Anlass für eine Sommerpause oder einen Sommerschlussverkauf nehmen, kommt man im Blumenladen den Kunden entgegen und liefert größere Bestellungen auch mal umsonst aus. Und während die Bagger noch im Norden schaufeln, freut sich Christa Pölt vom gleichnamigen Käseladen im Süden über die Stille einer verkehrsberuhigten Zone.

Doch die Großbaustelle rückt auch immer näher an ihren Laden. Der seitliche Schleichweg über den Maierbräugasteig wird bereits von diesem Montag an gesperrt sein. "Vielleicht muss ich mir dann einen fliegenden Teppich basteln", scherzt Snezana Schreibauer vom Café im Süden. Um die lauten und staubigen Wochen schneller rumzukriegen, setzt sie auf eine kooperative Leidensgenossenschaft. An die fleißigen Bauarbeiter verteile sie Kaffee und Kuchen - "vielleicht arbeiten die Jungs dann noch schneller", sagt sie und lacht.

© SZ vom 22.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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